Am vergangenen Sonntag sorgte eine kräftige Südströmung für einen wolkenverhangenen Himmel mit verbreitet Niederschlägen und milden Temperaturen auch auf den Bergen. Anfangs regnete es teilweise bis auf etwa 2000 m hinauf, dann sank die Schneefallgrenze allmählich überall auf unter 1500 m. Die größten Niederschlagsmengen wurden im hinteren Ultental gemessen, mit 70 cm innerhalb von 48 Stunden.
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Die Karten zeigen die Niederschlagsverteilung am 7. und 8. Februar 2021.
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Vor dem Schneefall brachte die starke Südströmung eine große Menge Saharastaub bis in unsere Breiten. Der Wüstensand verlieh dem Himmel eine ungewöhnlich ockergelbe Farbe. Gebietsweise lagerte sich der Sand mit den Niederschlägen auf die Schneedecke ab und bildet nun eine charakteristische Schicht, die sich bei einzelnen Schneedeckenuntersuchungen als schwach erwiesen hat.
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Schnalstal mit Blick nach Süden – Hochnebel in Tallagen und ein sandfarbener Himmel mit diffuser Sonne (Foto: Lawinenwarndienst, 06.02.2021) |
Die milden Wetterbedingungen und der Regen führten unterhalb von ca. 2200 m zu einer vorübergehenden Anfeuchtung und Schwächung der gesamten Schneedecke. Aus vielen Gebieten wurden zahlreiche spontane Lawinenauslösungen gemeldet.
Mit zunehmender Höhe verfrachtete der starke Südwind den Neuschnee, wodurch auch große Triebschneeansammlungen entstanden.
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Die zahlreichen spontanen Lawinenauslösungen in mittleren Lagen wurden von den Schneefällen am Ende des Ereignisses erneut überdeckt (Foto: Forststation Stern, 8.02.2021)
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Während große Schneemengen zu Beginn der Saison vorwiegend in den klassischen Südstaulagen zu verzeichnen waren, findet man nun auch in den restlichen Gebieten Südtirols überdurchschnittliche Schneehöhen. Der Beobachter in Rein in Taufers verzeichnet beispielsweise eine Schneehöhe, die es in der historischen Zeitreihe noch nie zuvor gab.
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Die pinke Linie zeigt den diesjährigen Verlauf der Schneehöhe, der nun außergewöhnliche Werte erreicht hat. Die Schneehöhe ist momentan sogar mehr als doppelt so hoch, wie der durchschnittliche Wert (graue Linie). |
Danach sanken die Temperaturen vorübergehend deutlich ab. Mit einer Störung aus Süden kamen am Mittwoch erneut einige cm an Neuschnee zusammen. Verbreitet fielen 10 – 20 cm Schnee.
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Niederschlagssummen vom Mittwoch, 10.02.2021. |
In den nächsten Tagen erreichen arktische Luftmassen die Alpen und die Temperaturen in den Bergen sinken auf Werte um – 20°C auf 3000 m.
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Synoptische Karte der Temperatur auf 700 hPa für 00:00 Uhr am 14.02.2021. Der rote Kreis markiert unserer Region. Der blaue Pfeil zeigt die Strömung, welche die Kaltluft aus Nordosteuropa zu uns führt. |
Wie der Titel des Blogs bereits andeutet, haben Temperaturschwankungen im Februar, die sowohl einen Hauch des Frühlings erahnen lassen, aber auch schnell wieder tiefwinterlich sein können, einen großen Einfluss auf die Schneedecke und ihre Stabilität. Wie immer in der Nivologie (Schneekunde) gibt es aber auch hier keine fixen Regeln oder Formeln, die das Bild, das sich derzeit bietet, vereinfachen können.
Oft erhöhen diese Phasen die ohnehin schon zahlreichen Variablen, welche die Stabilität der Schneedecke und somit auch die Lawinengefahr beeinflussen zusätzlich.
In den nächsten Tagen sehen wir die Auswirkungen der zuvor genannten Einflüsse: das Wiedergefrieren der teils feuchten Schneedecke, die Bildung von Schwachschichten verursacht durch das Gefahrenmuster 4 – Kalt auf warm – und die Bildung fragiler Triebschneeansammlungen.
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Blick von der Plätzwiese in Prags Richtung Cristallo-Gruppe – kalter und leichter Schnee, der vom eisigen Wind verfrachtet wird. (Foto: Lawinenwarndienst, 11.02.2021) |
Für die Lawinenkommissionen werden die nächsten Tage, wenn man das Problem der Gleitschneelawinen ausklammert, weniger anspruchsvoll und stressig im Vergleich zu den vergangenen Wochen. Für den Wintersportler bringt das turbulente Wettergeschehen eine komplexe und schwer zu interpretierende Lawinensituation mit sich, mit mehreren sich überlagernden Lawinenproblemen. Dies bleibt voraussichtlich durch die tiefen Temperaturen noch einige Tage hin bestehen.
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Gleitschneelawine in Toblach (Foto: Lawinenwarndienst, 11.02.2021)
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Großes spontanes Schneebrett in der Abendsonne westlich des Plosegipfels (Foto: Andreas Brunner, 11.02.2021) |
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Große spontan Schneebrettlawine aus südexponiertem Gelände unterhalb des großen Löfflers (Foto: Konrad Auer, 12.02.2021) |