Hohe Nass- und Gleitschneeaktivität in Sonnenhängen, recht entspannte Situation in Nordhängen

Die vergangenen sieben Tage waren von sonnigem, und auf den Bergen oft auch wolkenlosem und mildem Wetter geprägt. In den südlichen Tälern sind die Temperaturen bereits auf über 15°C geklettert, auf den Bergen erreichte die Nullgradgrenze schon über 3000 m. Vor allem im sonnenexponierten Gelände stieg in der Folge die Lawinenaktivität deutlich an, wir bekamen viele Rückmeldungen über Gleitschneelawinen aus steilen Wiesenhängen oder feuchte Lockerschneelawinen aus extrem steilem, felsdurchsetztem Gelände.

Feuchte Lockerschneelawinen aus steilem, felsdurchsetztem Gelände oberhalb der Tschiffernaun Alm -Vals. (Foto: Florian Holzer, 21.02.2021)

Zahlreiche Gleitschneeschneelawinen aus südexponiertem Gelände im Langtauferer Tal. (Foto: Josef Plangger, 22.02.2021)

Diese feuchte Schneebrettlawine ist im ost- und südostexponierten Gelände auf ca. 2300 m unterhalb der Kuhleitenhütte im Skigebiet Meran 2000 aufgrund der tageszeitlichen Erwärmung und der Sonnenstrahlung abgegangen. Die eingeleitete Suchaktion nach möglichen Verschütteten blieb glücklicherweise ergebnislos. (Foto: Stefan Gruber, 23.02.2021)

Gebietsweise gab es am Vormittag über einigen Tälern auch Hochnebel, was zu einer zusätzlichen Anfeuchtung der Schneedecke unterhalb des Nebels führte. Im Bild der Nebel über dem Eisacktal vom Rittner Horn aus gesehen. (Foto: 21.02.2021)

Mit der tageszeitlichen Erwärmung steigt die Gefahr feuchte Schneebretter auszulösen. Im Foto eine Schneebrettlawine unterhalb der Zirmaidscharte – Ratschings. Das kleine Schneebrett wurde zur Mittagszeit in der Abfahrt in der ostexponierten Rinne von einem Skitourengeher ausgelöst. Die Person wurde nicht mitgerissen. (Foto: Thomas Windisch, 25.02.2021)

Gestern am Donnerstag wurde um kurz vor 16 Uhr ein Lawinenunfall am Dürrenstein in Prags an die Landesnotrufzentrale gemeldet. Ein Tourengeher hat dort eine große Lawine ausgelöst, wurde mitgerissen aber glücklicherweise nicht verschüttet. Da nicht sicher war ob auch andere Tourengeher betroffen waren wurde ein Rettungseinsatz gestartet um nach möglichen Verschütteten zu suchen. Zum Glück ohne Erfolg. Wir appellieren solche Unfälle bei der Notrufzentrale zu melden um unnötige Rettungseinsätze zu verhindern.

Unfalllawine am Dürrenstein in den Pragser Dolomiten. (Foto: 25.02.2021)

Aktuell hängt die Lawinengefahr hauptsächlich von der Exposition, Höhenlage und Tageszeit ab. Während in der Früh nach klaren Nächten die Verhältnisse recht günstig sind und sich die Gefahr auf Gleitschneelawinen aus steilen Wiesen beschränkt, steigt die Lawinengefahr aufgrund von Nassschneelawinen in Sonnenhängen am Vormittag in Ost- und Südosthängen, tagsüber in Südhängen und zuletzt in Südwest- und Westhängen an. Achtung, Nassschnee- und Gleitschneelawinen können durchaus große Dimension erreichen und auch exponierte Infrastrukturen erreichen.
Nordhänge spüren den Einfluss der Wärme am ehesten in tiefen und teils auch mittleren Lagen.

Lawinenreport für Donnerstag 25. Februar 2021. Tagesgang der Lawinengefahr mit Gleitschneeproblem am Morgen und Nassschneeproblem im Tagesverlauf.

Im Bild die Daten des Schneemessfeldes Merbalm in Prettau und der Windstation Lengspitze. Die Schneehöhe ist in den vergangenen 10 Tagen um ca. 10 cm zurückgegangen, v.a. die trockenen Luftmassen verhindern einen stärkeren Rückgang. Die Lufttemperatur erreichte am 23. Februar am Schneemessfeld schon 8.5°C, an mehreren Tagen wurden an der Windstation auf 3105 m schon Plusgrade gemessen. Der Wind war meist kein großes Thema, in der Nacht vom 21. auf den 22. Februar wehte er aber teils kräftig aus südwestlichen Richtungen.

Im schattigen Gelände, also v.a. im nordexponierten Gelände hat sich die Schneedecke deutlich kantig aufgebaut (siehe dazu „Aufbauende Umwandlung, Facettenbildung“ im Glossar der EAWS). Das passiert aufgrund des starken Temperaturunterschiedes in den oberflächennahen Schichten der Schneedecke in der Nacht. Damit verliert die Schneedecke an Spannung, die Lawinengefahr ist hier gering. Ganz vereinzelt können aber noch Schwachschichten in der Schneedecke oder ältere Triebschneepakete ausgelöst werden.
Schwachschichten in der Schneedecke sind weiterhin vorhanden. Sie sind aber meist von gut verfestigtem Schnee überdeckt und können am ehesten an Übergängen von wenig zu viel Schnee mit großer Zusatzbelastung ausgelöst werden. Außerdem ist die Schneedecke in nordexponierten Hängen in hohen Lagen noch weitgehend kalt.

Nordexponiertes Gelände in den Sextner Dolomiten. Die Schneedecke ist kantig aufgebaut mit leichtem Windeinfluss. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 24.02.2021)

Außergewöhnliche Schneemengen (aktuell liegen dort knapp 1,6 m Schnee!) am Beobachtermessfeld in Pfelders im Passeiertal, die meiste Zeit muss man sogar von Rekordschneehöhen sprechen. Die pinke Linie kennzeichnet den Verlauf der Schneehöhe des aktuellen Winters. Die dicke, blaue Linie zeigt den durchschnittlichen Verlauf der letzten 30 Jahre, der blaue Bereich markiert die Maximal- und Minimalwerte aus der Zeitreihe.

An der aktuellen Lawinensituation wird sich auch in den nächsten Tagen nicht viel ändern, da keine großen Wetteränderungen absehbar sind. Die Langfristprognose für die akkumulierte Neuschneesumme zeigt erst Ende nächster Woche möglichen Neuschnee an, mit den dazugehörigen großen Unsicherheiten:
Neuschneesumme Grödner Dolomiten