Rückblick auf die vergangene Woche
Die Schneefälle von Anfang Februar sorgten am Wochenende für zum Teil recht angespannte Verhältnisse entlang des Alpenhauptkammes. Wir erhielten Rückmeldungen über zahlreiche Alarmzeichen wie Risse und Wumm-Geräusche, einige Lawinenauslösungen sowie Fernauslösungen von Lawinen. Im Gegensatz zu den Lawinenereignissen in der Schweiz und in Tirol, wurden in Südtirol keine Personen mitgerissen oder verletzt. Meist handelte es sich um kleine Lawinen, Größe 1, oder mittlere Lawinen, Größe 2, die aufgrund der Kombination aus Alt- und Triebschnee abgegangen sind. Hier einige Eindrücke:
![]() |
Die im nordostexponierten Gelände abgegangene Lawine war ca. 25 m breit und ca. 50 m lang, hatte stellenweise jedoch eine Anbruchmächtigkeit von über 1,5 m. Die Steilheit im Anbruchgebiet betrug zwischen 40 und 45°. Die Schneedeckenuntersuchung zeigte unter dem Neu- und Triebschnee eine Kruste, unterhalb der sich kantige Kristalle gebildet hatten. Zum Profil geht es hier. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 06.02.2022) |
![]() |
Fernauslösung am 05.02.2022, Verbon im hinteren Gsiesertal auf 2600 m an einem Osthang. (Foto: Bergführer Werner Tinkhauser, 05.02.2022) |
Doch nicht nur oberhalb der Waldgrenze, sondern auch im Waldgrenzbereich war die Schneedecke störanfällig. Hier kam es zu mehreren Böschungsrutschen, Rissen und beachtlichen Setzungsgeräuschen.
![]() |
Timelapse Aufnahmen während der Auslösung. (Jaufental auf 1700 m). Der Skifahrer wurde nicht von der Lawine mitgerissen. (Foto: Gschnitzer Helmuth, 05.02.2022) |
![]() |
Eindrücke der stürmischen Bedingungen am Montag aus Weißenbach. Stürmischer Wind, schlechte Sicht und tiefe Temperaturen. (Foto: Bergführer Konrad Auer, 07.02.2022) |
![]() |
Messwerte der Station Zaufenkofel im Ortlergebiet der vergangenen sieben Tage zeigen einerseits die stürmische Periode zu Wochenbeginn und den merklichen Temperaturanstieg in den darauffolgenden Tagen. Alle Stationsdaten findet ihr auf Lawinen.report. |
Nach der Front stiegen die Temperaturen deutlich an und mit der Sonneneinstrahlung wurden die oberflächennahen Schichten vor allem an Sonnenhängen und in mittleren Lagen angefeuchtet. Die Triebschneeansammlungen konnten sich dadurch zunehmend stabilisieren. Außer an Schattenhängen dort bleiben sie bis auf weiteres störanfällig. Am Dienstag, dem ersten Schönwettertag nach der Front, kam es dann zum ersten tödlichen Lawinenunfall der Saison im Langtauferertal am Reschenpass.
Kurze Unfallanalyse Vilgand, Langtaufers, 08.02.2022, ca. 14:05 Uhr:
Bei der Abfahrt einer Gruppe von vier Personen löste sich im Bereich Vilgand, südöstlich von Melag, zunächst ein erstes Schneebrett, jedoch ohne jemanden mitzureißen. In der weiteren Abfahrt der Gruppe löste sich ein zweites Schneebrett, das einen Mann mitriss. Dieser aktivierte seinen Airbag, wurde nicht verschüttet, erlag aber seinen schweren Verletzungen.
![]() |
Der rote Kreis markiert den ungefähren Unfallort südöstlich von Melag. ((C) outdooractive/alpenvereinaktiv.com) |
Bei der Unfalllawine handelte es sich um ein trockenes Schneebrett, mittlerer Größe im nordostexponierten Gelände. Die maximale Steilheit im Anbruchgebiet liegt bei 41°.
![]() |
Lawinenanbruchkante, Anbruchhöhe bis zu 70 cm. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 09.02.2022) |
![]() |
Sturzbahn der Unfalllawine von der Anbruchstelle aus fotografiert. Neigung in diesem Bereich 41°. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 09.02.2022) |
Vorschau auf das Wochenende
Bis auf eine schnell durchziehende Kaltfront am morgigen Freitag bleibt das Wettergeschehen über das Wochenende hinweg ruhig und sonnig. Die morgige Kaltfront bringt nur entlang des Alpenhauptkammes ein paar Zentimeter Neuschnee. Am Montag sorgt dann ein Italientief für Neuschnee, auch in den südlichen Landesteilen. Wie viel dabei fallen wird, ist aber noch etwas unsicher.
![]() |
Neuschneevorhersage für die Grödner Dolomiten. |
Auch wenn die Wetterverhältnisse ruhig sind, sollte die Lawinensituation weiterhin nicht unterschätzt werden, vor allem entlang des Alpenhauptkammes. Hier herrscht ein ausgeprägtes und teils heimtückisches Altschneeproblem vor. Tiefer in der Schneedecke sind besonders an West-, Nord und Osthängen markante Schwachschichten vorhanden, die leicht gestört werden können. Gebietsweise ist die Altschneedecke auch bis zum Boden kantig aufgebaut und schwach. Wumm-Geräusche und Risse sollten daher ernst genommen werden. Wie man sich bei dem herrschenden Altschneeproblem verhalten soll und zusätzliche Informationen zu den Lawinenproblemen findest du hier: Lawinenprobleme.