Verbreitet Neuschnee
Die stabile Schönwetterphase der vergangenen Wochen wird von einem Kaltluftvorstoß und Tiefdruckeinfluss beendet. In den kommenden Tagen wird es deutlich unbeständiger. Auf den Bergen erwarten wir Neuschnee, sinkende Temperaturen und zeitweise mäßigen bis starken Wind aus wechselnden Richtungen. Die Neuschneemengen variieren in Summe zwischen 10 bis 40 cm. Die Niederschläge sind zum Teil konvektiv durchsetzt, wodurch es lokal zu großen Unterschieden kommen kann.
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Neuschneeprognose bis Samstag Vormittag 02.04.2022 |
Die Schneefallgrenze liegt zunächst um 1500 m und sinkt mit Eintreffen der kalten Luftmassen auf unter 1000 m. Im Norden und Nordwesten liegt die Schneefallgrenze etwas tiefer.
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Schneefallgrenze am Freitag 01.04.2022. |
Das interessante an den bevorstehenden Schneefällen ist, dass der Schnee zusammen mit Saharastaub fällt. Wodurch diese Schneeschicht zukünftig gut erkennbar und zuordenbar sein wird. Bevor wir uns jedoch mit den Auswirkungen auf die Lawinengefahr befassen, werfen wir einen kurzen Blick auf die aktuelle Schneeoberfläche. Diese ist ausschlaggebend für die Entwicklung der Lawinengefahr in den nächsten Tagen.
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Spärliche Schneebedeckung im Waldgrenzbereich in der südlichen Rieserfernergruppe. (Foto: Lawinenwarndienst, 27.03.2022) |
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Wenig Schnee mit aperen Rücken unterhalb des Rauchkofels im Ahrntal. (Foto: Andrea Rainer, 27.03.2022) |
Der Hochdruckeinfluss mit milden Temperaturen und trockenen Luftmassen hinterließ auf der Schneedecke deutliche Zeichen. Wer in den vergangenen Tagen in den Bergen unterwegs war, beklagte vielleicht die häufig sehr unregelmäßige und raue Oberfläche in der Abfahrt. Anstatt eines glatten Firnspiegels, fand man vielerorts den sogenannten Büßerschnee. Als Büßerschnee bezeichnet man die oft bizarr wirkenden Schnee- bzw. Eisformationen, die sich während einer langen Periode mit trockenem Strahlungswetter bilden. Sie können einige Zentimeter bis einige Meter hoch werden, vor allem in den Tropen und Subtropen. Charakteristisch für Büßerschnee ist, dass ihre Spitzen Richtung Mittagssonne ausgerichtet sind. Die kleinen Schneepyramiden entstehen durch selektives Abschmelzen bei starker Sonneneinstrahlung und geringer Luftfeuchtigkeit. Der Entstehungsprozess beginnt vermutlich durch kleine Vertiefungen im Schnee. An deren Boden trifft mehr reflektiertes Licht ein, wodurch sich diese Bereiche schneller vertiefen als höher gelegene Ränder. Staubpartikel und Schmutz können diesen Prozess beschleunigen. Gleichzeitig kommt es an den Spitzen zu Sublimation. Da für Sublimation mehr Energie benötigt wird als für das Schmelzen, entsteht in der Folge eine stark unregelmäßige Oberfläche.
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Büßerschnee unterhalb des Wurmaulspitze. (Foto: Florian Holzer – Lawinenkommission, 20.03.2022) |
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Büßerschnee unterhalb der Windschar so weit das Auge (oder der Schnee) reicht (Foto: Lawinenwarndienst, 27.03.2022) |
Nordseitig fand man zwar keinen Büßerschnee, jedoch war auch hier die Schneeoberfläche sehr unregelmäßig und meist hart. Lockeren aufgebauten Schnee findet man derzeit nur mehr sehr vereinzelt an schattigen windberuhigten Schattenhängen im Hochgebirge.
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Pickelharte Schneeoberfläche unterhalb der Marmolada. (Foto: Bergführer Konrad Auer, 29.03.2022) |
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Windgeprägte und harte Schneeoberfläche in Nordhängen mit Saharastaub. (Foto: Bergführer Armin Rofner, 28.03.2022) |
Zusammenfassend kann man sagen, dass dort wo noch Schnee liegt, die Schneeoberfläche meist unregelmäßig und rau ist. Dies stellt eine günstige Unterlage für die kommenden Schneefälle dar. Die Verbindung vom prognostizierten Neuschnee und Triebschnee zum Altschnee dürfte damit meist gut sein, da keine flächige Schwachsicht vorhanden ist und sich somit folglich hier kein Bruch ausbreiten kann. Die Gefahr von trockenen Lawinen steigt in den Gebieten mit viel Neuschnee und Wind am markantesten an. Frischer Triebschnee ist die Hauptgefahr. Nasse Lawinen sind mit der Abkühlung kaum mehr zu erwarten.