Die aktuelle Schneelage in Südtirol ist bescheiden und stark vom Wind beeinflusst. Die Lawinengefahr geht vor allem vom Triebschnee in Schattenhängen aus, am Alpenhauptkamm und am Ortler muss man auch von einem Altschneeproblem ausgehen!
In der vergangenen Woche hat sich wettertechnisch einiges getan, in einem Wort: es war turbulent. Am Donnerstagnachmittag fing es an zu schneien, zuerst mit einer südwestlichen Anströmung, in der Nacht auf Freitag den 20. Dezember folgte eine markante Kaltfront aus Nordwest, die Temperatur ging deutlich zurück und Nordwind frischte auf. Im Raum Bruneck gab es mit dem Frontdurchgang sogar Blitz und Donner. Es fielen verbreitet 10 bis 20 cm Schnee, teilweise auch mehr. Mit dem Wind wurde dieser Schnee aber umfangreich verfrachtet.

Damit stieg die Lawinengefahr an und erreichte im hinteren Ahrntal schon Gefahrenstufe 3 – erheblich. Wir bekamen mehrere Rückmeldungen über Risse und Whumm Geräusche in der Schneedecke. Außerdem wurden uns spontane Schneebrettlawinen vom Zillertaler Alpenhauptkamm gemeldet.



Auch danach blieb uns die meist nordwestliche, straffe Anströmung erhalten, damit lag Südtirol südlich des Alpenhauptkammes wetterbegünstigt. Schnee gab es vor allem am Hauptkamm und nördlich davon, südlich davon trocknete der stürmische Nordföhn die Luftmassen auf. Insgesamt fiel aber weniger Schnee als ursprünglich erwartet.
Die ungünstige Altschneedecke in Kombination mit Neuschnee und starkem Wind ließ die Lawinengefahr weiter ansteigen und erreichte am Alpenhauptkamm oberhalb der Waldgrenze vorübergehend Stufe 3 – erheblich. Die Gefahr ging dabei hauptsächlich vom frischen Triebschnee aus. Richtung Süden war die Lawinengefahr aufgrund der geringeren Neuschneemengen mäßig (Stufe 2), mögliche Lawinen waren nur klein.
Am 24.12.2024 kam es am Staller Sattel im Antholzertal zu einem tödlichen Lawinenunfall, den wir am Ende dieses Blogs kurz analysieren.
Zu Weihnachten, am 25.12.2024 stiegen die Temperaturen wieder an und das Wetter beruhigte sich, wenn auch der Wind bis gestern noch ein Thema war und teils stark aus östlichen Richtungen wehte. Damit gilt es nach wie vor Triebschnee kritisch zu beurteilen. Dieser wird sich besonders im sonnenexponierten Gelände aber allmählich stabilisieren.




Typisch für die aktuelle Situation sind die teilweise sehr harten Triebschneepakete, die den Eindruck sicherer Verhältnisse erwecken. Der Triebschnee kann mitunter aber auf persistenten (langlebigen) Schwachschichten lagern und vor allem im Randbereich ausgelöst werden. Lawinen sind aktuell meist nur klein, ein Absturz oder eine Verschüttung mit Geländefalle kann aber dramatische Konsequenzen haben, so wie bei einem tödlichen Lawinenunfall in Salzburg.
Kurzer Ausblick: Neuschnee ist bis Anfang Jänner keiner in Sicht, ein Hochdruckgebiet bleibt wetterbestimmend. Danach kommt wieder Schwung ins Wetter und Neuschnee ist möglich.
Lawinenunfall unterhalb des Heldenkreuzes am Staller Sattel – 24.12.2024
Am 24. Dezember 2024 ereignete sich am Staller Sattel ein Lawinenunfall. Zwei Wanderer, ein Mann und eine Frau, waren von der letzten Kehre vor dem Staller Sattel gestartet, um über den Sommerweg zur Obernseehütte zu gelangen. Als der Mann kurz unterhalb des Heldenkreuzes vorausging, um eine Rinne zu queren und gerade umdrehen wollte, löste sich ein kleines Schneebrett, das den Mann mit sich riss und komplett verschüttete. Die Frau setzte sofort den Notruf ab. Bei Eintreffen der Bergrettung konnte der Mann mittels Sondierkette bald geortet werden: Er war in etwa einen halben Meter tief von den Schneemassen begraben. Leider konnte das Leben des Mannes nicht gerettet werden.


In den Tagen zuvor hatte es im ganzen Land immer wieder geschneit. Begleitet war das Niederschlagsereignis von stürmischem Wind, der den Schnee massiv verfrachtete. Der Schnee wurde von Kämmen und Rücken gefegt und wurde in windberuhigten Mulden und Rinnen und hinter Geländekanten abgelagert. So war auch die Rinne am Unfallort mit windgepresstem Triebschnee gefüllt. Es handelte sich bei diesem Unfall also um ein Triebschneeproblem. Das Gelände auf etwa 2000 m, in dem sich die Lawine gelöst hatte war über 35° steil. Die Lawine war in etwa 40 m lang und 10 bis 15 m breit und entsprach Lawinengröße 1 – klein.

Resümee
Allgemein kann die Schneelage zurzeit als spärlich betrachtet werden. Wintersport im Gelände ist kaum bzw. nur gebietsweise möglich. Gerade in solchen Zeiten ist die Lawinengefahr zwar vielleicht nicht allzu groß, dennoch zu beachten.
Zum einen erweckt der wenige Schnee und die teilweise sehr harten Triebschneepakete einen trügerischen Eindruck von Sicherheit. Zum anderen ist gerade dort, wo man sich mit Wintersportgeräten überhaupt im Schnee bewegen kann auch am gefährlichsten: Die Triebschneepakete sind zwar klein, aber mitunter störanfällig. Schwachschichten findet man sowohl zwischen den verschiedenen Triebschneepaketen (nur kurzfristig ein Problem), als auch tiefer in der Schneedecke in Form von persistenten (langlebig) Schwachschichten. Sie können besonders in ihren Randbereichen und am Übergang von wenig zu viel Schnee ausgelöst werden.
Aufgrund der spärlichen Schneelage kommt dann, im Falle eines Lawinenunfalls, zur Erstickungsgefahr bei einer Totalverschüttung auch noch die Gefahr hinzu, von herausragenden Felsen lebensgefährliche Traumata zu erleiden.
Auch lädt der wenige Schnee noch zum Wandern ein: Als Wanderer übt man aber aufgrund der geringeren Auflagefläche unterhalb der Schuhe im Vergleich zu Skiern eine größere Zusatzbelastung auf die Schneedecke aus bzw. Kann leichter in den Schnee einbrechen und tiefer gelegene Schwachschichten erreichen und stören.