Oft wenig Schnee – Lawinengefahr beachten!

Das wichtigste am Anfang: in vielen Landesteilen liegt zu wenig Schnee fürs Skitourengehen. Dort wo es möglich ist, gilt es die Lawinensituation nicht außer Acht zu lassen. Die Lawinengefahr wird vor allem vom Altschnee- und Triebschneeproblem bestimmt.

Altschneeproblem: schattseitig oberhalb von etwa 2200 m, sonnseitig oberhalb von etwa 2500 m muss man mit einem ungünstigen Schneedeckenaufbau rechnen. Die Gefahrenstellen sind nicht zu erkennen, es gilt defensiv unterwegs zu sein.

Triebschneeproblem: starker Wind und im Norden des Landes auch etwas Neuschnee haben zu einem Anstieg der Lawinengefahr geführt. Triebschneepakete können v.a. in der Höhe durch geringe Zusatzbelastung ausgelöst werden, bei guter Sicht können sie umgangen werden.


Von der störanfälligen Altschneedecke und den warmen Temperaturen im Winter

Am 16. und 17. Dezember hat es im ganzen Land geschneit. Auch die Tallagen freuten sich dieses Mal über ein weißes Winterkleid.

Karte der Niederschlagsverteilung vom 16.12.2022. Am ergiebigsten fiel der Niederschlag im unteren Pustertal aus.
Karte der Niederschlagsverteilung vom 16.12.2022. Am ergiebigsten fiel der Niederschlag im unteren Pustertal aus.

Das Altschneeproblem wurde von zahlreichen Rückmeldungen bestätigt: Zurzeit ist die Basis der Schneedecke vielerorts aufbauend umgewandelt und störanfällig. Dementsprechend wurden mehrere Lawinenauslösungen und Alarmzeichen gemeldet.

Am Wochenende wurden uns vermehrt Alarmzeichen, wie Wummgeräusche und Risse in der Schneedecke - wie hier am Walscher Berg (2632 m, Ultental) gemeldet. (Foto: Ludwig Gorfer, 18.12.2022)
Am Wochenende wurden uns vermehrt Alarmzeichen, wie Wummgeräusche und Risse in der Schneedecke – wie hier am Walscher Berg (2632 m, Ultental) gemeldet. (Foto: Ludwig Gorfer, 18.12.2022)

Im Altschnee angebrochene Schneebrettlawinen im Bereich der Hohen Kreuzspitze im Passeiertal. (Foto: Meinrad Zöschg, 18.12.2022)
Im Altschnee angebrochene Schneebrettlawinen im Bereich der Hohen Kreuzspitze im Passeiertal. (Foto: Meinrad Zöschg, 18.12.2022)

Was bedeutet eigentlich aufbauend umgewandelter und störanfälliger Altschnee? Die gering mächtige, frühwinterliche Schneedecke und kalte Lufttemperaturen führen dazu, dass innerhalb der Schneedecke (zw. Boden und Schneeoberfläche) ein großer Temperaturunterschied herrscht. Solche Bedingungen begünstigen die sogenannte aufbauende Umwandlung der Schneekristalle. Dabei wandeln sich die Kristalle zu großen, kantigen Kristallformen um, welche untereinander nur wenige Bindungen aufweisen. Aufbauend umgewandelte Schneekristalle bilden somit die perfekte Schwachschicht für eine Schneebrettlawine. Dort, wo es ein Schneebrett (gebundener Schnee) gibt – zur Zeit besonders in Triebschneehängen – konnten und können Lawinen leicht ausgelöst werden. Wie gefährlich eine derartige Situation ist, hängt sehr stark von der flächigen Verteilung von Schwachschicht und Schneebrett ab. Zur Zeit sind die Triebschneepakete vergleichsweise klein und auch die Schwachschicht ist vielerorts nicht großflächig zusammenhängend. Dadurch wurden uns zwar immer wieder Lawinenauslösungen gemeldet, und auch Schneestabilitätstests deuten auf eine schwache Schneedecke hin, allerdings waren die Lawinen meist klein (Größe 1) bis mittel (Größe 2).

Mittelgroße ausgelöste Lawine am Rotlahner im Gsiesertal, Exposition Südwest auf knapp 2700 m. Die Schwachschicht befindet sich am Boden, deshalb reißt die Lawine die gesamte Schneedecke mit. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 21.12.2022)
Mittelgroße ausgelöste Lawine am Rotlahner im Gsiesertal, Exposition Südwest auf knapp 2700 m. Die Schwachschicht befindet sich am Boden, deshalb reißt die Lawine die gesamte Schneedecke mit. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 21.12.2022)

Wärmeeinbruch durch Westströmung

Zu Wochenbeginn sorgte eine Westströmung und schwacher Hochdruckeinfluss für milde Temperaturen. Vor allem auf den Bergen stiegen die Temperaturen drastisch an. Teilweise wurden auf über 3000 m Plusgrade gemessen.

Plusgrade (blaue Linie: Lufttemperatur) am Piz Pisciadù (2982 m) zwischen dem 19. und 21. Dezember. Der große Abstand zwischen Lufttemperatur (blau) und Taupunkt (grün) deutet auf trockene Luftmassen hin.
Plusgrade (blaue Linie: Lufttemperatur) am Piz Pisciadù (2982 m) zwischen dem 19. und 21. Dezember. Der große Abstand zwischen Lufttemperatur (blau) und Taupunkt (grün) deutet auf trockene Luftmassen hin. 

Im Tal hingegen waren die Temperaturen etwas niedriger. Man spricht auch von einer thermischen Inversionswetterlage: In der Höhe ist es wärmer als im Tal.

Typische Temperaturverteilung einer thermischen Inversionswetterlage: Am 19.12. wurden im Tal Minusgrade verzeichnet, während in der Höhe (bis ca. 3000 m) positive Temperaturen gemessen wurden.
Typische Temperaturverteilung einer thermischen Inversionswetterlage: Am 19.12. wurden im Tal Minusgrade verzeichnet, während in der Höhe (bis ca. 3000 m) positive Temperaturen gemessen wurden. 


Wie beeinflussen die warmen Temperaturen um diese Jahreszeit die Schneedecke? Zurzeit steht die Sonne sehr niedrig. Am 21.12. erreichte sie ihren Tiefststand, eine komplette Durchfeuchtung der Schneedecke (also bis zum Boden) ist um diese Jahreszeit also unwahrscheinlich. Dennoch kann sich die Schneedecke tagsüber oberflächlich anfeuchten und nachts wieder frieren. Rückmeldungen aus dem Gelände bestätigen südseitig das Auftreten von Krusten bis auf eine Höhe von 2500 m bis 2700 m, vor allem an steilen Sonnenhängen. 

Die Schneeoberfläche am Joch (Reisnock, Mühlwald) ist leicht durchfeuchtet. (Foto: Toni Obojes, 21.12.2022)
Die Schneeoberfläche am Joch (Reisnock, Mühlwald) ist leicht durchfeuchtet. (Foto: Toni Obojes, 21.12.2022)
Nachdem es Mitte der Woche etwas wolkenverhangen und kälter wurde, zog in der Nacht von Donnerstag auf Freitag von Westen eine Warmfront übers Land. Entlang des Alpenhauptkamms schneite es leicht. Dabei stieg die Schneefallgrenze zweitweise auf über 2000 m. Neuschnee und Wind führten zu einem Anstieg der Lawinengefahr. Im Süden blieb es trocken.


Ausblick

Am Heiligen Abend kann es im Norden vereinzelt noch etwas schneien, viel Neuschnee kommt aber nicht dazu. Die starke Westströmung bleibt bis aufs weitere bestehen und bringt auch zu Beginn der kommenden Woche vor allem eines: starken Wind auf den Bergen. Größere Neuschneemenegen sind also nicht in Sicht. Die Lawinengefahr ändert somit auch in den kommenden Tagen kaum. 

Abgesehen von etwas Neuschnee am 23. und 24. Dezember sind auch in den nächsten Tagen keine größeren Schneefälle in Sicht.
Abgesehen von etwas Neuschnee am 23. und 24. Dezember sind auch in den nächsten Tagen keine größeren Schneefälle in Sicht.

Abschließend wünscht der Lawinenwarndienst allen frohe Weihnachten!