Markanter Anstieg der Lawinengefahr mit einer Südstaulage

Bereits heute Vormittag, 22. Februar, hat es in einigen Landesteilen begonnen zu schneien. Die Niederschläge intensivieren sich gegen Abend hin und erreichen morgen Vormittag, 23. Februar, ihren Höhepunkt. Die feuchten Luftmassen kommen wie beim letzten größeren Niederschlagsereignis aus dem Süden, wodurch wieder die typischen Südstaulagen betroffen sind: von der Ortler-Cevedale Gruppe über die Texelgruppe und südlichen Stubaier Alpen bis zum Zillertaler Alpenhauptkamm und die Rieserfernergruppe. Doch wie so oft kommt der Schneefall nicht ohne Wind: er weht vor allem morgen Vormittag recht stark aus südlichen Richtungen und kann den lockeren Neuschnee intensiv verfrachten. Gegen Nachmittag schwächt der Wind etwas ab, wodurch die frisch entstandenen Triebschneepakete eingeschneit werden und nur noch schwer zu erkennen sind. Die Schneefallgrenze liegt anfangs auf etwa 1000 m und sinkt dann, mit Intensivierung der Niederschläge, bis auf etwa 600 m.

48-Stunden Neuschneesumme: Es werden im gesamten Land verbreitet 20 bis zu 40 cm Neuschnee erwartet. In den Hauptniederschlagsgebieten sogar über 50 cm und mehr.

Aufgrund der zur Zeit recht spärlichen Schneelage fällt der Schnee vor allem in tiefen und mittleren Lagen auf aperen, relativ warmen Boden. Die Gefahr für Schneebrettlawinen hält sich hier somit in Grenzen. Allerdings ist vor allem dort, wo es mehr schneit – etwas zeitverzögert – mit einer erhöhten Aktivität an Gleitschneelawinen zu rechnen, v.a. in sonnenexponierten, steilen Wiesenhängen. Fischmäuler (Gleitschneerisse) weisen auf Gleitschneeaktivität hin.

In tiefen und mittleren Lagen wird der kommende Schneefall teils auf aperen Boden fallen. (Foto: fotowebcam.eu, 21.02.2024)
Auch in hohen Lagen liegt zur Zeit für die Jahreszeit wenig Schnee. Schattseitig fand man in den letzten Tagen in geschützten Hängen zum Teil Pulverschnee. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 20.02.2024)

In der Höhe ist die Altschneeoberfläche vor allem in Schattenhängen teilweise kantig aufgebaut und bildet somit die perfekte Schwachschicht unter dem frischen Neu- und Triebschnee. Wir erwarten uns folglich besonders in den Hauptniederschlagsgebieten spontane Lawinenaktivität. Aufgrund der großen Niederschlagsmengen sind auch große Lawinen möglich (Größe 3). Somit wird für morgen in den Hauptniederschlagsgebieten große Lawinengefahr – Stufe 4 prognostiziert. In den restlichen Landesteilen wird die Lawinengefahr als erheblich – Stufe 3 eingestuft.

Die Niederschlagsintensität lässt zwar mit morgen Nachmittag nach, doch bleibt es in den nächsten Tagen recht trüb und kalt. Vor allem im Süden werden auch ein paar Schneeflocken erwartet, allerdings keine größeren Mengen. Die Schneedecke stabilisiert sich somit nur recht langsam. In den Tagen darauf sind im Tagesverlauf mit Sonnenschein vermehrt Lockerschneelawinen zu erwarten, vor allem solche mittlerer Größe. Außerdem nimmt die Aktivität von Gleitschneelawinen zu.

Wie sah die Schneedecke in letzter Zeit aus?

Nach der letzten Störung aus Süd, die von Freitag, 09. Februar, bis Sonntag,11. Februar andauerte, gab es in Südtirol keine nennenswerten Niederschlagsereignisse. Von Mitte letzter Woche bis Anfang dieser Woche herrschte überwiegend frühlingshaftes Wetter, die Nullgradgrenze stieg zeitweise auf über 3.000 m. Bewölkte Nächte und zeitweise hohe Luftfeuchtigkeit begünstigten zudem eine Aufweichung der Schneedecke. Im Laufe dieser Woche gingen die Temperaturen etwas zurück.

In den Bergen lag wenig Schnee. Zur Zeit ist die Schneedecke oft durch eine Abfolge von Schmelzkrusten und Schichten aus kantig aufgebauten Kristallen gekennzeichnet, insbesondere an steilen Sonnenhängen in allen Höhenlagen sowie an Schattenhängen unterhalb von etwa 2600 m. Der untere Teil der Schneedecke besteht oft aus großen, kantig aufgebauten Kristallen und Becherkristallen.

Schneedeckenuntersuchung auf der Dürrensteinscharte, 2620 m, an einem nach Südwesten ausgerichteten Hang. Im oberen Teil der Schneedecke findet man Schmelzkrusten, die sich mit Schwachschichten aus kantig aufgebauten Kristallen abwechseln. Bei einem ECT konnten in diesen Schichten auch Brüche ausgelöst werden, die sich fortgepflanzt haben. Die zusätzliche Auflast der kommenden Schneefälle kann zu einem Bruch in diesen Schwachschichten führen. (21/02/2024).
Anfang dieser Woche ist am Alpenhauptkamm etwas Neuschnee gefallen. Abfahrt von der Valbenairspitze im Langtauferer Tal an einem windgeschützten Nordhang. (Foto: Josef Plangger, 20/02/2024).

In den letzten Tagen wurde uns auch Graupel auf der Schneeoberfläche gemeldet: Dieser kann zu einer Schwachschicht werden, wenn er eingeschneit wird.

Die Schneeoberfläche im Fanes-Gebiet war teilweise mit Graupel bedeckt. (Foto: Florian Leitner, 20/02/2024).