Am Freitag starker Anstieg der Lawinengefahr

Strahlender Sonnenschein im ganzen Land und eine teifwinterliche verschneite Landschaft. So zeigt sich der frühe Wintereinbruch in Südtirol. Außergewöhnlich an diesem Ereignis ist die tiefe Schneefallgrenze.

Tiefverschneite Fichten in Ratschings (Foto: 14.11.2019, Josef Hilpold).

Lawinentechnisch darf die Situation in den nächsten Tagen nicht unterschätzt werden. Der Schnee vom vergangenen Dienstag kam in tiefen und mittleren Lagen auf aperem und nicht gefrorenem Boden zu liegen. Aus steilen Grashängen gingen deshalb mehrere kleine und mittlere Gleitschneelawinen und  Böschungsrutsche ab. Gebietsweise wurden dabei auch kleinere Straßen und Hofzufahrten verlegt.

Kleine Gleitschneelawine (Foto: 14.11.2019, Forststation Toblach).

In hohen Lagen und hochalpin fiel der Schnee auf eine teils ungünstige Altschneeoberfläche (z.B. Oberflächenreif). Die Schneefälle wurden von starkem Südwind begleitet, wodurch sich in allen Expositionen oberhalb der Waldgrenze Triebschneeansammlungen bildeten. Diese sind vermutlich störanfällig. Aus felsdurchsetztem Gelände wurden mit der Sonneneinstrahlung einige mittlere spontane Lockerschneelawinen beobachtet.

Von einem Skifahrer ausgelöstes Schneebrett unterhalb des Saxner (2358 m), Ratschings (Foto: 14.11.2019, Josef Hilpold).
Anrisskante des Schneebrettes, 40 – 60 cm. Triebschnee liegt lauf eingeschneitem Oberflächenreif (Foto: 14.11.2019, Josef Hilpold).

Vorschau

Das sonnige Intermezzo von heute war nur von kurzer Dauer. Im Laufe des Nachmittags intensiviert sich die südliche Anströmung zunehmend. Auf den Bergen können bereits heute Windspitzen über 50 km/h auftreten, wodurch der Schnee erneut verfrachtet wird. Zur Erinnerung: lockerer Schnee kann bereits bei Windgeschwindigkeiten ab 15 km/h verfrachtet werden.  
Gegen Abend nehmen auch die Wolken von Süden her zu und in der zweiten Nachthälfte setzen gebietsweise erste Niederschläge ein. Am Freitag
muss man dann wieder mit ergiebigem Schneefall rechnen. In den typischen Südstaulagen (Ulten-Passeier, in den Dolomiten
entlang der Landesgrenze) können in 24 Stunden zwischen 40 und 70 cm an Neuschnee
fallen. Weniger Niederschlag wird dagegen im unteren Eisacktal, dem
Pustertal und im Raum Reschen erwartet, hier können auch nur 20-30 cm fallen.
Die Schneefallgrenze pendelt zwischen 500 und 1200 m, im Osten kann sie durch die Warmluftzufuhr zeitweise auch höher liegen.

Erwartete Neuschneemengen bis Samstag 16.11.2019 00:00 Uhr.

Begleitet werden die Schneefälle von stürmischen Südwind, welcher den
Neuschnee intensiv verfrachtet. In freien Kammlagen auf 3000 m können Windspitzen bis zu 90 km/h auftreten.
In der Nacht auf Samstag lassen die Niederschläge und der Wind nach und es kommt zu einer kurzen Wetterberuhigung. Der Samstag verläuft ganztags bewölkt und immer wieder kommt es zu leichten Schneefällen.

Lawinengefahr: Mit dem kommenden Schneefallereignis steigt die Lawinengefahr stark an. In mittleren Lagen muss man vor allem auf steilen Wiesen mit einer erhöhten Gleitschneeaktivität rechnen. Auch auf Böschungen können kleine Lawinen abgehen, aufgrund von verbreitet beobachtetem Oberflächenreif auf der aktuellen Schneedecke. Oberhalb der Waldgrenze verfrachtet der stürmische Südwind den lockeren Neu- und Altschnee. Damit muss man in allen Expositionen, speziell aber aus Windschattenhängen und bekannten Lawinenstrichen mit spontanen Lawinen rechnen. Diese können groß, zum Teil auch sehr groß sein und exponierte Infrastrukturen erreichen.
Auch am Samstag, und am Sonntag mit dem neuerlichen Schneefall bleibt die Lawinensituation angespannt.