Meist geringe Lawinengefahr – Drei kurze Unfallanalysen vom Latemar sowie aus den Sextner und Pragser Dolomiten

Die Lawinensituation hat sich in den vergangenen Tagen immer weiter verbessert, Gefahrenstellen sind selten. Es gilt einen gewissen Tagesgang der Lawinengefahr aufgrund des Nassschneeproblems zu beachten, außerdem hat auffrischender Wind lokal zu frischem Triebschnee geführt. Ab kommenden Montag wird das Wetter wechselhaft mit etwas Neuschnee.

Mitte der letzten Woche hat es in den zentralen und östlichen Landesteilen mit Schneeschauern teilweise einiges an Neuschnee gegeben. Schauerartige Niederschläge sind typisch für die warme Jahreszeit, der wir uns immer weiter nähern, typisch ist aber auch, dass die Niederschläge lokal sehr unterschiedlich ausfallen können.

Schneehöhenverlauf an verschiedenen Stationen. Mitte der letzten Woche (26.02) gab es an allen Stationen etwas Neuschnee, an den Rossbänken in Ulten (rot) und auf der Merbalm im Ahrntal (grün) nur wenige Zentimeter, mehr geschneit hat es in den Dolomiten. Noch größere Unterschiede in den Neuschneemengen gab es dann mit den Schneeschauern in der Nacht vom Freitag 27. Februar auf Samstag 28. Februar. Während es bei der Station Kreuzkofeljoch in Kampil (blau) und an der Station Piz La Ila in Corvara (pink) um die 15-20 cm geschneit hat, gingen die anderen Stationen leer aus. In der Folge setzt sich die Schneedecke dort wo am mehr Neuschnee gefallen war am meisten, sonst deutlich weniger.

Mit diesen Niederschlägen ist die Lawinengefahr angestiegen, sie wurde über der Waldgrenze mit Stufe 2, mäßig aufgrund des Triebschneeproblems bewertet. Während die Schneefälle vom Mittwoch mit mäßigem Wind aus nordöstlichen Richtungen gefallen sind, fiel der Neuschnee vom 27. / 28. Februar bei kaum Wind. Somit wurden die Triebschneepakete überschneit.

In den Tagen darauf erreichten uns viele sehr unterschiedliche Rückmeldungen aus dem Gelände: Viel Neuschnee, wenig Neuschnee, Alarmzeichen, wie Risse in der Schneedecke, Whumm-Geräusche und ausgelöste bzw. auch spontane Lawinen. Die Unterschiede in den Rückmeldungen waren in Abhängigkeit von der tatsächlich gefallenen Neuschneemenge räumlich sehr unterschiedlich: Zum einen super Pulverschnee und traumhafte Bedingungen, zum anderen jedoch auch teils mittelgroße spontane und von Personen ausgelöste Lawinen.

Riss in der Schneedecke auf ca. 2300 m, nordexponiert, Zone Sennes. (Foto: Florian Leitner, 02.03.2025)
Am Sonntag 2. März wurde vielfach auch extrem steiles Gelände befahren. Hier im Bild Abfahrtsspuren im Nordhang der Jakobsspitz in den Sarntaler Alpen. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 02.03.2025)

Ab dem Wochenende setzte sich dann stabiles Hochdruckwetter mit viel Sonnenschein und klaren Nächten durch. Schattseitig hat sich der Pulverschnee gehalten, im steilen, sonnseitigen Gelände hat die Sonne ganze Arbeit geleistet und es wurden uns schon gute Firnverhältnisse gemeldet. Vereinzelt erreichten uns auch Rückmeldungen über nasse Lockerschneelawinen aufgrund der zunehmenden Durchfeuchtung der Schneedecke in Zusammenhang mit der tageszeitlichen Erwärmung und Sonnenstrahlung. Wassereintrag geht fast immer auch mit einer Abnahme der Schneedeckenstabilität einher. Dementsprechend musste man auch von einem schwachen Tagesgang der Lawinengefahr ausgehen.

Nasse, kleine Lockerschneelawine aus sonnigem Steilgelände im Bereich der Timmelsalm im hinteren Passeiertal. (Foto: Forststation St. Leonhard, 05.03.2025)

Am Donnerstag 27. Februar wurden uns zwei Lawinenunfälle gemeldet, ein weiterer am Sonntag den 2. März.

Lawinenunfall Anitascharte, Latemar, 27.02.2025

Drei Skitourengeher wollten die Anitascharte in der Nähe der bekannten Erzlahnscharte abfahren, als ein Tourengeher von einer Lawine mitgerissen wurde. Die zwei Begleiter setzten in der Folge einen Notruf ab, da sie ihren Kollegen nicht mehr sehen konnten, weil er hinter einer Geländekante verschwand. Dieser konnte aus der Lawinen jedoch ausfahren und blieb unverletzt. In der Folge setzten sie die Landesnotrufzentrale darüber in Kenntnis, der Mitgerissene fuhr selbstständig ins Tal.

Blick auf die Unfalllawine. (Foto: 27.02.2025)

Bei dieser Lawine handelte es sich um eine kleine, trockene Schneebrettlawine (Größe 1), sie löste sich kammnah, in sehr steilem, westexponiertem Gelände auf etwa 2580 m. Die Anbruchhöhe lag zwischen 10 und 20 cm.

Man kann davon ausgehen, dass sich an der Oberfläche Triebschnee gebildet hat, als Schwachschicht kommt filziger bzw. kantiger Schnee oder auch Oberflächenreif in Frage.

Lawinenunfall Col de Riciogogn, Pragser Dolomiten, 27.02.2025

Ein Skitourengeher einer Dreiergruppe fuhr in die Nordwestrinne des Col de Riciogogn ein, als sich ein kleines Schneebrett löste. Aufgrund der Zusatzbelastung dieser Lawine, löste sich oberhalb des Mannes eine weitere und riss ihn mit, er wurde jedoch nicht verschüttet und konnte selbständig ins Tal abfahren.

Blick auf die Lawine am Col de Riciogogn. (Josef Hilpold, 27.02.2025)

Die mittelgroße, trockene Schneebrettlawine löste sich im sehr steilen, kammnahen und nordwestexponierten Gelände auf ca. 2450 m. Laut unseren Informationen handelte es sich um ein sehr weiches Schneebrett, d.h. der Schnee des Brettes war nur wenig gebunden. Die Lawine ist teilweise in den Altschnee durchgebrochen. Laut Rückmeldung handelte es sich bei der Schwachschicht um Oberflächenreif.

Lawinenunfall Kleines Wildgrabenjoch, Sextner Dolomiten, 02.03.2025

Zwei Männer befanden sich in der nordseitigen Abfahrt vom Kleinen Wildgrabenjoch als ein Mann von einer Lawine mitgerissen wurde. Er blieb unverletzt.

Ablagerung der Lawine, der Anbruch ist nicht sichtbar. (Foto: Bergrettung Hochpustertal, 02.03.2025)

Auch diese kleine Schneebrettlawine brach im sehr steilen Gelände, kammnah im nordexponierten Gelände an. Der Anbruch befand sich auf etwa 2500 m Höhe. Auch hier kann man von einem kleinen Triebschneepaket ausgehen, der sich auf einer Schwachschicht aus filzigen oder kantigen Kristallen oder auf Oberflächenreif abgelagert hat.

Wie geht es weiter

Zunächst ändert sich an der Lawinensituation wenig. In der Höhe gilt es schattseitig kleine Triebschneepakete zu beachten, sonnseitig muss man das Nassschneeproblem beachten. Ab Sonntag ziehen wieder Wolken auf und mit Wochenbeginn stellt sich das Wetter um und die stabile Wetterphase wird von einer wechselhaften Witterung mit Niederschlägen abgelöst.

Ab Wochenanfang kommt es vor allem in den Südstaulagen zu Schneefällen, so wie hier in den Sextner Dolomiten: Akkumulierte Neuschneeprognosen. Die Mengen sind noch ziemlich unsicher. (Quelle: Geosphere Austria)