Aufgrund von Altschneeproblem kritische Lawinensituation

Die Schneefälle von Anfang der Woche, der teils stürmische Wind und die schwache Altschneedecke haben zu einer heiklen Lawinensituation geführt. Viele Rückmeldungen über Lawinenabgänge haben uns erreicht.

Witterungsverlauf

Ab Sonntag 26. Jänner hatte uns eine Südanströmung fest im Griff, mit ihr gab es ergiebige Schneefälle. Mit der ersten Niederschlagsstaffel am Sonntag fielen 10 bis 25 cm Schnee, am meisten im Südstau. Mit dem mäßigen bis starken Wind aus südwestlicher Richtung bildeten sich die ersten störungsanfälligen Triebschneeansammlungen. Unterhalb von etwa 2000 m war der Neuschnee feucht bzw. nass, wie Rückmeldungen aus dem Gelände bestätigten.

Ab Montagabend, 27. Jänner führte eine zweite Niederschlagsstaffel zu weiteren Schneefällen, diesmal mit teils stürmischem Südwestwind. Am Dienstagmittag gab es ein paar Auflockerungen, in weiterer Folge überquerte eine Kaltfront von Nordwest unser Land. Mit ihr kam es zu weiteren Schneefällen, bei sinkender Schneefallgrenze. Die Kombination aus diesen starken Schneefällen, dem stürmischen Wind und der schwachen Altschneedecke führten zu großer Lawinengefahr der Stufe 4.

Am Montag und Dienstag fielen in Summe 20 bis 60 mm Niederschlag, lokal auch bis zu 80 mm. Die Bestimmung der bei diesem Ereignis gefallenen Neuschneemenge ist nicht leicht. Am Anfang des Ereignisses (Montag 27. Jänner) lag die Schneefallgrenze besonders im Süden des Landes hoch (ca. 2000 m) und damit regnete es an einigen automatischen Schneemessfeldern. Mit der Kaltfront sind dann die Temperaturen gesunken und es hat bis etwa 1000 m herab geschneit. Damit haben tiefere Stationen im Vergleich zur in der Höhe tatsächlich gefallenen Schneemenge oft weniger Neuschnee registriert. Die höheren Stationen dagegen waren vielfach windbeeinflusst und damit wurde Neuschnee teilweise erodiert. An den automatischen Stationen und bei den manuellen Beobachtern wurden 20 bis 50 cm Neuschnee registriert, aber aus den zuvor genannten Gründen liegen diese Werte wahrscheinlich unter den tatsächlichen Werte in der Höhe.

48 Stunden Niederschlagssumme in mm von Montag 27. Jänner 9:00 Uhr bis Mittwoch 29. Jänner 9:00 Uhr.
Messwerte der Station Timmelsalm auf 2230 m. Man erkennt die drei Niederschlagsstaffeln sehr gut. Am 26. Jänner gab es die erste Staffel, am 27. Jänner setzte die zweite ein und es endete mit der Kaltfront am 28. Jänner. Außerdem sieht man wie am 28. die Temperaturen am Gefrierpunkt liegen und mit der Kaltfront ab Mittag die Temperaturen sinken.
Messwerte an der Station Obereggen Absam auf 2125 m. An dieser Station waren die Temperaturen am 28. Jänner zunächst positiv, damit hat es hier länger geregnet. Erst mit dem Einsickern der kälteren Luft im Laufe des Nachmittags hat es begonnen zu schneien. Das heißt aber auch, dass diese Werte die tatsächlich in der Höhe gefallenen Mengen unterschätzen.

Lawinensituation

Schon am Dienstagvormittag haben uns die ersten Meldungen über Nassschneelawinen erreicht. Sie waren die Folge des feuchten Schneefalls bis weit hinauf in der Nacht von Montag auf Dienstag.

Der Neuschnee wurde durch den stürmischen Wind umfangreich verfrachtet und der Triebschnee hat sich auf einer äußerst schwachen Altschneedecke abgelagert, die an der Oberfläche aus kantigen, bindungslosen Kristallen bestand. Dies wurde uns schon am Sonntag 26. Jänner aus dem Gelände gemeldet.

Zunächst wehte der Wind stark bis stürmisch aus südlichen Richtungen, mit Durchzug der Kaltfront drehte er auf Nord und wurde schwächer. Damit wurde der anfangs gebildete Triebschnee von Neuschnee überlagert und als Folge waren diese Gefahrenstellen kaum mehr erkennbar.

Ein „Erweiterter Säulentest“ (ECT) zur Bestimmung der Schneedeckenstabilität wurde hier am Glaitner Hochjoch in Ratschings durchgeführt. Das Ergebnis des Stabilitätstests (ECTP 11@45, ECTP 21@80) bestätigt den sehr schlechten Schneedeckenaufbau mit dem vorhandenen Altschneeproblem. (Foto: Florian Leitner, 26.01.2025)
Eine Nassschneelawine hat eine Gallerie der Jaufenpassstraße im Bereich Walten überflossen. Als Auslösegrund kann der kurzzeitige Anstieg der Schneefallgrenze am Dienstagmorgen angenommen werden, womit der zuvor gefallene Neuschnee aus den Südhängen des Fleckners abgegangen ist. (Foto: Peter Gufler, 28.01.2025)
Nahaufnahme der Ablagerung der Nassschneelawine. (Foto: Peter Gufler, 28.01.2025)
Viele Nassschneelawinen gingen in diesem Bild an den Nordhängen des Latemars ab. (Foto: Ewald Beikircher, 28.01.2025)

Uns haben sehr viele Meldungen aus dem Gelände über Schneebrettlawinen, Whumm – Geräusche, Risse in der Schneedecke und Fernauslösungen erreicht; alle diese Rückmeldungen bestätigen das markante Altschneeproblem und die allgemein kritische Lawinensituation. Aus sonnigen Wiesenhängen haben uns auch Beobachtungen von Gleitschneelawinen erreicht. Es folgen Bilder aus dem ganzen Land:

Fernausgelöste Schneebrettlawine am Nordhang des Zendleser Kofels in Villnöß. (Foto: Jürgen Pollo, 29.01.2025)
Eine weitere Schneebrettlawine wurde an der Matzegallerscharte, auch im Bereich des Zendleser Kofels in Villnöß ausgelöst, hier jedoch in einem westexponierten Hang. (Foto: Matthias Hofer, 29.01.2025)
Schneebrettlawinen im Bereich des Speikbodens, Weißenbach im Ahrntal. Die Schneedecke ist stark vom Wind beeinflusst. (Foto: Konrad Auer, 29.01.2025)
Gleitschneelawinen in sonnigen Wiesenhängen am Kreuzjoch oberhalb von Brennerbad. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 29.01.2025)
Diese Schneebrettlawine wurde von zwei Freeridern im Skigebiet Sulden im Bereich des „Des Alpes“ Liftes ausgelöst. Die Lawine hat Teile der darunterliegenden Piste erreicht und kam erst im Bereich der Talstation dieses Sesselliftes zu stehen. (Foto: Federica Basso, 29.01.2025)

Lawinenunfall am Kleinen Ifinger – 29.01.2025

Am Mittwoch 29. Jänner hat sich am Kleinen Ifinger, oberhalb des Skigebiets Meran 2000 ein Lawinenunfall ereignet. Zwei Skitourengeher befanden sich im Aufstieg als sie von einer Lawine mitgerissen wurden: eine Person wurde teilweise verschüttet, die andere komplett.

Die Bergrettung wurde von anderen Tourengehern, die den Unfall beobachtet hatten allarmiert. Die komplett verschüttete Person wurde mittels Sondierung durch andere Tourengeher geortet (beide Skitourengeher waren ohne LVS ausgestattet), ausgegraben und gerettet. Beide Wintersportler wurden anschließend zur Überprüfung ins Krankenhaus gebracht.

Die Schneebrettlawine brach auf ca 2350 m, in einem 35° bis 40° steilen, südostexponierten Hang. Es handelte sich um eine mittlere Lawine, Größe 2.

Wir möchten daran erinnern, dass die Lawinennotfallausrüstung (Lawinenverschüttetensuchgerät, Schaufel, Sonde) bei Unternehmungen im lawinengefährdeten Gelände mitgeführt werden muss.

Die linke Lawine hat die zwei Skitourengeher am kleinen Ifinger mitgerissen. (Foto: Bergrettung Meran, 29.01.2025)

Weitere Entwicklung

Auch in den nächsten Tagen bleibt die Lawinensituation aufgrund des Altschneeproblems kritisch und Zurückhaltung ist notwendig. Alle Details gibt es täglich im Lawinenreport.

Am Freitagabend, 31. Jänner fällt wieder etwas Schnee. Danach sehen die aktuellen Wettermodelle keine größeren Schneefälle.

Prognostizierte Neuschneemenge für Freitag 31. Jänner und Samstag 1. Februar. (Quelle: Geosphere Austria)
Prognostizierte Neuschneemenge für den Bereich Ratschings auf 1960 m. (Quelle: Geosphere Austria)