Die Gefahrenstufe ist nicht alles

Es reicht nicht, eine Skitour nur von der Gefahrenstufe ausgehend zu planen: Das Verhalten im Gelände muss der Lawinensituation angepasst werden.

Fünfteilige Skala der Gefahrenstufen und Lawinenprobleme

Die Standards der europäischen Lawinenwarnung werden von der EAWS (Vereinigung der europäischen Lawinenwarndienste) definiert. Ihr Ziel ist es die Lawinenwarnung ständig zu verbessern und europaweit zu vereinheitlichen. Das bekannteste Produkt davon ist die seit ca. 30 Jahren verwendete fünfteilige Gefahrenstufenskala (1-gering, 2-mäßig, 3-erheblich, 4-groß, 5-sehr groß) und die vor einigen Jahren eingeführten Lawinenprobleme (Neuschnee, Triebschnee, Altschnee, Nassschnee, Gleitschnee). 

Fünf Lawinenprobleme: Nassschnee, Triebschnee, Altschnee, Neuschnee, Gleitschnee.

Auch bei Stufe 2 können Lawinen mit geringer Zusatzbelastung ausgelöst werden: Text lesen!

Da die Gefahrenstufen jetzt schon lange verwendet werden haben sich auch verschiedene Denkmuster eingebürgert. So sind viele der Meinung, dass nur bei Gefahrenstufe 3-erheblich, Lawinen mit geringer Zusatzbelastung (Belastung einer einzelnen Person mit Ski oder Snowboard) ausgelöst werden können und bei mäßiger Lawinengefahr (Stufe 2) nur durch große Zusatzbelastung (Person ohne Ski/Snowboard, stürzende Person). 

Die Lawinengefahrenstufe wird allerdings über drei Parameter bestimmt, der Schneedeckenstabilität und dessen Verteilung im Gelände und der Lawinengröße (siehe EAWS-Matrix). Je nach Kombination dieser Parameter können bei Stufe 2-mäßig somit Lawinen bereits mit geringer Zusatzbelastung ausgelöst werden oder sogar spontan abgehen. Auch können Lawinen unter bestimmten Umständen groß (Größe 3) werden und weit ins Flache vorstoßen. 

EAWS-Matrix zur objektiven Bestimmung der Lawinengefahrenstufe.

Die Gefahrenstufe allein kann also verschiedene Lawinensituationen beschreiben. Es reicht deshalb auf keinen Fall aus, eine Tour anhand der Gefahrenstufe allein zu planen. Es ist absolut notwendig den Text zu lesen und die Lawinensituation auch anhand der Lawinenprobleme zu verstehen. Denn je nach Lawinenproblem gilt es sich im Gelände anders zu verhalten. 

Lawinengefahr komplexer als Kombination aus Gefahrenstufe und Hangneigung

Auch gängige Reduktionsmethoden reichen nicht aus, um eine Tour sicher zu planen, da die Lawinengefahr einfach komplexer ist als eine Kombination aus Gefahrenstufe und Hangneigung. Bei einem Altschneeproblem etwa, gilt es immer auch das Einzugsgebiet im Auge zu behalten, auch bei niedrigeren Gefahrenstufen, da es dabei auch zu Fernauslösungen und größeren Lawinen kommen kann, die bis ins Flache vorstoßen können.