Lawinenunfallanalyse Lagaunspitze, Schnals, 25.12.2022 und kurzer Ausblick

Zu Weihnachten, am 25.12.2022 ereignete sich der dritte uns bekannte Lawinenunfall dieser Saison. Nachdem die ersten zwei Unfälle am 7. Dezember auf der Rosszahnscharte im Gemeindegebiet von Kastelruth und im Skigebiet Jochtal in der Gemeinde Mühlbach glimpflich ausgegangen waren, gab es nun das erste Lawinenopfer zu beklagen.

Ein Skitourengeher (er war allein unterwegs) wurde dabei im ostexponierten Gipfelhang der Lagaunspitze (3440 m) von einer Schneebrettlawine mitgerissen und konnte erst in der Nacht auf Montag durch eine aufwendige Suchaktion geortet und in der Folge leider nur mehr tot geborgen werden.

Lagaunspitze (3440 m) vom Stotz (2887 m) aus gesehen. Rot eingezeichnet der Anbruchbereich der Schneebrettlawine auf über 3200 m. Ein Teil der Lawine hat sich in der Mulde unterhalb des Hanges abgelagert, der andere Teil ist zusammen mit einer südostseitig ausgelösten Lawine über die Rinne hinabgestürzt. Der tiefste Punkt der Ablagerung liegt auf ca. 2650 m (blaue Linie). Der blaue Punkt kennzeichnet den Auffindeort des Opfers. (Foto: David Spath, 26.12.2022)
Lagaunspitze (3440 m) vom Stotz (2887 m) aus gesehen. Rot eingezeichnet der Anbruchbereich der Schneebrettlawine auf über 3200 m. Ein Teil der Lawine hat sich in der Mulde unterhalb des Hanges abgelagert, der andere Teil ist zusammen mit einer südostseitig ausgelösten Lawine über die Rinne hinabgestürzt. Der tiefste Punkt der Ablagerung liegt auf ca. 2650 m (blaue Linie). Der blaue Punkt kennzeichnet den Auffindeort des Opfers. (Foto: David Spath, 26.12.2022)

Zur Zeit haben wir es im ganzen Land mit einem schlechtem Schneedeckenaufbau zu tun. Wir können schattseitig ab ca. 2200 m von einem Altschneeproblem sprechen, sonnseitig erst oberhalb von etwa 2500 m. Dabei kann man stellenweise durchwegs von einer sehr schwachen Schneedeckenbasis ausgehen, d.h. die meist gering mächtige Schneedecke liegt auf großen, kantig aufgebauten Kristallen.

Auch der Wind hatte in den vergangenen Tagen einen Einfluss auf die Schneedecke. Exponierte Geländeteile sind abgeblasen, Windschattenhänge eingeblasen. Der Höhenwind wehte in den Tagen vor dem Unfall über Verfrachtungsstärke meist aus westlichen Richtungen, damit konnte sich im Unfallhang Triebschnee ablagern.

Bei diesem Lawinenunfall konnte leider keine Schneedeckenuntersuchung am Unfallort durchgeführt werden.

Messwerte der Station Teufelsegg und Grawand. Am 23.12.2022 hat es ca. 25 cm Neuschnee gegeben, dazu hat der Wind in den Tagen vor dem Unfall aus verschiedenen Richtungen meist über Verfrachtungsstärke geweht. Zu unterstreichen sind die milden Temperaturen am Unfalltag, die die Bretteigenschaften sicherlich verbessert haben.
Messwerte der Station Teufelsegg und Grawand. Am 23.12.2022 hat es ca. 25 cm Neuschnee gegeben. Zu unterstreichen sind die milden Temperaturen am Unfalltag, die die Bretteigenschaften sicherlich verbessert haben.
Anbruchgebiet der Lawine, teilweise über 40° steil. Wahrscheinlich hat eine Lawine die andere ausgelöst, genaues lässt sich aber nicht sagen, da es keine Augenzeugen gibt. Man sieht, dass meist die gesamte Schneedecke mitgerissen worden ist, dies bestätigt die schwache Schneedeckenbasis auch im Hochgebirge. (Foto: David Spath, 26.12.2022)
Anbruchgebiet der Lawine, teilweise über 40° steil. Wahrscheinlich hat eine Lawine die andere ausgelöst, genaues lässt sich aber nicht sagen, da es keine Augenzeugen gibt. Man sieht, dass meist die gesamte Schneedecke mitgerissen worden ist, dies bestätigt die schwache Schneedeckenbasis auch im Hochgebirge. (Foto: David Spath, 26.12.2022)
Unfalllawine (rot) südwestlich von Kurzras im hinteren Schnalstal.
Unfalllawine (rot) südwestlich von Kurzras im hinteren Schnalstal.

Fazit: auch wenn meist wenig Schnee liegt, muss man sich im ungesicherten Gelände bewusst sein, dass der Schneedeckenaufbau vielerorts äußerst schlecht ist und Lawinenauslösungen durch die Belastung einer einzelnen Person möglich sind. Ein nicht zu unterschätzendes Verletzungsrisiko geht weiterhin von eingeschneiten Steinen in der Schneedecke aus.

Häufig besitzt die Schneedecke im sonnenexponierten Gelände bis über 2500 m hinauf einen meist nicht tragfähigen Schmelzharschdeckel, im schattigen Gelände reicht er weniger weit hinauf. Darüber findet man dann auch noch Pulverschnee.

Auch weiterhin ist kein nennenswerter Schneefall in Sicht.
Auch weiterhin ist kein nennenswerter Schneefall in Sicht.