Lawinensituation am Alpenhauptkamm erfordert weiterhin Vorsicht

Vorab: Die Schneedecke ist weiterhin störanfällig. Triebschnee lagert zum Teil auf einer schwachen Altschneedecke. Vorsicht und Zurückhaltung am Wochenende ist angebracht!


Rückblick

Beginnen wir mit einem kurzen Rückblick. Die vergangenen Tage waren am Alpenhauptkamm von ergiebigem Schneefall geprägt, in den südlichen Landesteilen fiel dagegen erneut kaum Neuschnee. Stürmischen Wind gab es dagegen im ganzen Land.

Starke Verwehungen in den Dolomiten. (Foto: Forststation Stern, 01.02.2022)
Starke Verwehungen in den Dolomiten. (Foto: Forststation Stern, 01.02.2022)

Im Bild die Niederschlagssummen über das gesamte Niederschlagsevent an den Talstationen in Millimetern (1 mm = 1 Liter/Quadratmeter).
Im Bild die Niederschlagssummen über das gesamte Niederschlagsevent an den Talstationen in Millimetern (1 mm = 1 Liter/Quadratmeter). 

Diese Niederschlagsverteilung schlägt sich klarerweise auch in den über die 3 Tage gemessenen Neuschneesummen unserer Beobachter nieder:

Viel Neuschnee am Alpenhauptkamm, nur 10 cm Neuschnee in Ciampinoi. Am Alpenhauptkamm liegen die Schneehöhen aktuell mehr oder weniger im Durchschnitt, in den südlichen Landesteilen liegt deutlich weniger Schnee als im langjährigen Schnitt.
Viel Neuschnee am Alpenhauptkamm, nur 10 cm Neuschnee in Ciampinoi. Am Alpenhauptkamm liegen die Schneehöhen aktuell mehr oder weniger im Durchschnitt, in den südlichen Landesteilen liegt deutlich weniger Schnee als im langjährigen Schnitt.

Den größten Anstieg der Schneehöhe zeigt die Station Stutzenalm in Pfunders. Klar erkennbar ist der erste Anstieg der Schneehöhe mit der Kaltfront am 31. Jänner und der zweite mit der Warmfront in der Nacht auf den 2. Februar. Auch an den Temperaturen sind die Fronten schön zu erkennen. Außerdem sieht man den oft stürmischen Nordwestwind in der Höhe deutlich.
Den größten Anstieg der Schneehöhe zeigt die Station Stutzenalm in Pfunders. Klar erkennbar ist der erste Anstieg der Schneehöhe mit der Kaltfront am 31. Jänner und der zweite mit der Warmfront in der Nacht auf den 2. Februar. Auch an den Temperaturen sind die Fronten schön zu erkennen. Außerdem sieht man den oft stürmischen Nordwestwind in der Höhe deutlich.

Die Kombination aus viel Neuschnee, stürmischem Wind und Warmfront ließen die Lawinengefahr markant ansteigen. Besonders im gesamten Nordstau der Alpen gab es verbreitet Gefahrenstufe 4, groß. Abseits des Alpenhauptkamm Richtung Süden kam wie gesagt kaum Neuschnee dazu, damit war hier der Anstieg der Lawinengefahr gering.
Überblick über die Gefahrenstufen im Alpenraum am 2. Februar 2022.
Überblick über die Gefahrenstufen im Alpenraum am 2. Februar 2022. 

Am gestrigen Donnerstag ließen die Wetterbedingungen umfangreiche Geländeerkundungen zu. Zahlreiche Lawinenabgänge konnten registriert werden, vor allem entlang des Alpenhauptkammes. Lawinenabgänge mit Personenbeteiligungen sind uns keine bekannt. 
Sehr große Lawine unterhalb der Keilbachspitze am Zillertaler Alpenhauptkamm. Anbruch auf ca. 3000 m, Osthang. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 03.02.2022)
Sehr große Lawine unterhalb der Keilbachspitze am Zillertaler Alpenhauptkamm. Anbruch auf ca. 3000 m, Osthang. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 03.02.2022)

Lawinenanbruch auf knapp 2500 m in den Südwesthängen der Pförraspitz, nähe Sattelspitze, Kasern, Ahrntal. (Foto: Griessmair Franz, 03.02.2022)
Lawinenanbruch auf knapp 2500 m in den Südwesthängen der Pförraspitz, nähe Sattelspitze, Kasern, Ahrntal. (Foto: Griessmair Franz, 03.02.2022)

Rückmeldungen über die sehr störungsanfällige Neuschneeschicht bekamen wir auch aus dem Waldbereich. Ein Bild vom Staller Sattel auf ca. 1800 m. (Foto: Andy Steinkasserer, 02.02.2022)
Rückmeldungen über die sehr störungsanfällige Neuschneeschicht bekamen wir auch aus dem Waldbereich. Ein Bild vom Staller Sattel auf ca. 1800 m. (Foto: Andy Steinkasserer, 02.02.2022)

Fernauslösung im südexponierten Gelände, nähe Glockhauser auf 2770 m. Die dafür verantwortliche Schwachschicht liegt wahrscheinlich an der Altschneeoberfläche unterhalb einer Kruste. (Foto: Bergführer Josef Plangger, 03.02.2022)
Fernauslösung im südexponierten Gelände, nähe Glockhauser auf 2770 m. Die dafür verantwortliche Schwachschicht liegt wahrscheinlich an der Altschneeoberfläche unterhalb einer Kruste. (Foto: Bergführer Josef Plangger, 03.02.2022)

Die Schneedeckenuntersuchungen zeigen, dass Schwachschichten im Bereich der Altschneeoberfläche, meist eine kantig aufgebaute Schicht unterhalb einer Kruste, für die hohe Störungsanfälligkeit verantwortlich sind. Mögliche Schwachschichten innerhalb der Neuschneedecke dürften sich in den vergangenen Tagen meist schon verfestigt haben.
Mehrere Schneedeckenuntersuchungen zeigen diese Schwachschicht unterhalb einer Kruste an der Altschneeoberfläche. Der Stabilitätstest zeigt, dass sowohl Bruchinitiierung als auch Bruchfortpflanzung erfolgen konnten. Dies sind Grundvoraussetzungen für eine Lawine.
Mehrere Schneedeckenuntersuchungen zeigen diese Schwachschicht unterhalb einer Kruste an der Altschneeoberfläche. Der Stabilitätstest zeigt, dass sowohl Bruchinitiierung als auch Bruchfortpflanzung erfolgen konnten. Dies sind Grundvoraussetzungen für eine Lawine.  

Neuschnee überlagert eine Kruste, darunter stark kantig aufgebaute Kristalle. (Foto: Lawinenwarndienst, 03.02.2022)
Neuschnee überlagert eine Kruste, darunter stark kantig aufgebaute Kristalle. (Foto: Lawinenwarndienst, 03.02.2022)


In den mittleren Lagen der neuschneereichen Gebiete wurden zudem Gleitschneelawinen beobachtet. 

Gleitschneelawinen an den steilen Südhängen im Ahrntal (Foto: Webcam https://klausberg.it-wms.com/)



Ausblick


Die aktuelle Lawinensituation ist weiterhin nicht zu unterschätzen. Dort, wo die Altschneeoberfläche ungünstig aufgebaut war, bleiben Neu- und Triebschnee störanfällig. Solche Gefahrenstellen findet man vor allem an steilen Schattenhängen im Waldgrenzbereich, sowie in hohen Lagen und im Hochgebirge in allen Expositionen.
Am Sonntagabend bringt eine Störung aus Nordwesten verbreitet Neuschnee und starken Wind. Wieder fallen am Alpenhauptkamm die größten Mengen, gegen Süden fällt weniger Schnee. Der erneute Neuschneezuwachs stellt eine Zusatzlast für die stellenweise schon schwache Schneedecke dar. Zudem bildete sich nach den vergangenen Schneefällen an vielen Orten Oberflächenreif aus. Eingeschneit stellt dieser eine ideale Schwachschicht dar. Dementsprechend wird die Lawinengefahr am Sonntagabend mit Eintreffen der Störung erneut ansteigen. Details im täglichen Lawinenreport. 
Neuschneevorhersage bis Montagmorgen (Stand 04.02.2022 8:40Uhr).