Leichter Anstieg der Lawinengefahr mit stürmischem Wind und etwas Neuschnee

Aktuelle Situation


Nordwestströmung bringt Schnee am Alpenhauptkamm


Eine kräftige Nordwestströmung führt in der Nacht auf Freitag, 28.01. feuchte Luftmassen an die Alpen heran und in der Folge kommt es entlang des Alpenhauptkamms zu etwas Niederschlag. In Südtirol liegt das Hauptniederschlagsgebiet erneut im Osten des Landes. Bis Freitagabend sind auf den Bergen entlang des Zillertaler Hauptkamms und im hintersten Ahrntal 10 bis 15 Zentimeter Neuschnee zu erwarten. Lokal können auch 20 Zentimeter erreicht werden.

Prognostizierte Neuschneemengen bis Samstag, 29.01. 07:00 Uhr.
Prognostizierte Neuschneemengen bis Samstag, 29.01. 07:00 Uhr.

 

Frische Triebschneepakete bilden die Hauptgefahr


Mit der Kaltfront legt auch der Wind wieder deutlich zu. Der starke, in exponierten Lagen auch stürmische Nordwestwind verfrachtet einerseits den lockeren Neuschnee, aber teilweise auch ungebundenen lockeren Schnee der Altschneeoberfläche. Als Triebschnee wird dieser in weiterer Folge in windberuhigteren Hanglagen wieder abgelagert. Dies umfasst naturgemäß insbesondere Rinnen und Mulden, sowie Lee- Hänge hinter Geländekanten oder Bergkämmen. 

Besonders bei starkem Wind können sich Triebschneepakete in allen Expositionen bilden. Allerdings sind derzeit insbesondere Schattenhänge ungünstig, da hier die Altschneeoberfläche häufig aus lockeren, aufbauend umgewandelten Kristallen besteht und diese somit eine mögliche Schwachschicht darstellt. An steilen Sonnenhängen hat sich während der Hochdruckwetterphase der letzten Tage häufig eine Schmelzkruste gebildet, welche eine bessere Bindung zum Triebschnee erlaubt. Als mögliche Schwachschichten kommen hier nur der Neuschnee selbst, oder aber kantige Kristalle zwischen Schmelzkrusten im oberen Teil der Schneedecke in Frage. Brüche im oberen Teil der Altschneedecke sind aufgrund der geringen Schneeauflast jedoch vorerst eher unwahrscheinlich. 

Die Menge an verfügbarem, lockeren Schnee, welcher vom Wind transportiert werden kann, bestimmt nun die Größe der Triebschneepakete und in der Folge auch die Lawinengefahr:
Die Hauptniederschlagsgebiete von morgen Freitag decken sich mit den Gebieten, wo schon am vergangenen Samstag 22. Jänner am meisten Schnee gefallen ist. Damit kann durch den prognostizierten Neuschnee hier mehr Schnee verfrachtet werden und es sind an einigen Steilhängen auch mittelgroße Lawinen denkbar, welche bereits durch geringe Zusatzbelastung ausgelöst werden können. Hier ist die Lawinengefahr oberhalb der Waldgrenze mäßig, Stufe 2.
Im Großteil des Landes allerdings rechnen wir eher nur mit kleinen Gefahrenbereichen und die Lawinengefahrenstufe 1, gering, bleibt hier daher weiterhin bestehen. Besonders in den Dolomiten und den Sarntaler Alpen ist kaum Schnee für den Windtransport verfügbar und Gefahrenstellen dürften nur sehr vereinzelt anzutreffen sein. Generell sind Triebschneepakete gut erkennbar und sollten möglichst umgangen werden.

Aufbau der Altschneedecke


Die bestehende Altschneedecke ist geprägt von Hochdruckwetterphasen und mitunter milden Temperaturen im bisherigen Winterverlauf. An Sonnenhängen besteht – mit Ausnahme des hintersten Ahrntals – zum Teil bis ins Hochgebirge eine kaum zusammenhängende, geringmächtige Schneedecke. Dort wo Schnee liegt, finden sich Abfolgen aus Schmelzkrusten und teilweise eingelagerten weichen Schichten aus kantigen Kristallen. Nordseitig liegen über 2000 m rund 50 bis 80 cm Schnee. Die Schneedecke ist allgemein stark aufbauend umgewandelt, an eher schneearmen Stellen bricht man im bindungslosen und grobkörnigen Schnee mit Schuhen häufig bis zum Boden durch. Die Schneeoberfläche besteht dort meist aus Filz oder kantig aufgebauten Kristallen. Windexponierte Bereiche sind meist abgeblasen und überwiegend schneefrei.

Variable Altschneedecke in Pflersch: Sonnenhänge sind schneearm, an Schattenhängen ist die Schneedecke häufig kantig aufgebaut und teilweise windbeinflusst, teils auch hart. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 23.01.2022).
Variable Altschneedecke in Pflersch: Sonnenhänge sind schneearm, an Schattenhängen ist die Schneedecke häufig kantig aufgebaut und teilweise windbeinflusst, teils auch hart. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 23.01.2022).

 

Blick auf St. Vigil in Enneberg. Bis auf die Berggipfel liegt hier in den Westhängen nur sehr wenig Schnee. (Foto: www.kronplatz.com, 27.01.2022 )
Blick auf St. Vigil in Enneberg. Bis auf die Berggipfel liegt hier in den Westhängen nur sehr wenig Schnee. (Foto: www.kronplatz.com, 27.01.2022 )

 

Im Ortlergebiet sind die Nordhänge stark vom Wind gezeichnet. Gletscher und windexponierte Geländeformen sind abgeblasen. (Foto: https://www.foto-webcam.eu/webcam/trafoi/ , 27.01.2022)
Im Ortlergebiet sind die Nordhänge stark vom Wind gezeichnet. Gletscher und windexponierte Geländeformen sind abgeblasen. (Foto: https://www.foto-webcam.eu/webcam/trafoi/ , 27.01.2022)

 

Rückblick 


Eine Warmfront am Samstag, 22.01. brachte etwas Erwärmung und Schneefall entlang des Alpenhauptkamms. Mit bis zu 40 cm konnte im hintersten Ahrntal am meisten Niederschlag gemessen werden. Abseits davon bewegten sich die Mengen am östlichen Alpenhauptkamm um die 10-15 cm, im Westen wurden nur wenige Zentimeter verzeichnet. Die Störung wurde von stark bis stürmischen, böigen Wind begleitet und es bildeten sich besonders in den Hauptniederschlagsgebieten Triebschneeansammlungen. Die Lawinengefahr erreichte in diesen Gebieten Gefahrenstufe 3, erheblich.

Es folgte sonniges, windarmes und mildes Winterwetter. Triebschneeansammlungen konnten sich so rasch mit der Altschneedecke verbinden und die Lawinengefahr erreichte im Laufe der Woche wieder Stufe 1, gering.

Wetterentwicklung auf der Traminalm (2100 m) in den Sarntaler Alpen: Bis Samstag, 22.01. zeigte sich das Wetter windig und bewölkt, aber ohne Niederschlag (abseits des Hauptkamms) - ab Sonntag beruhigte sich das Wetter und es folgten sonnige und milde Wintertage.
Wetterentwicklung auf der Traminalm (2100 m) in den Sarntaler Alpen: Bis Samstag, 22.01. zeigte sich das Wetter windig und bewölkt, aber ohne Niederschlag (abseits des Hauptkamms) – ab Sonntag beruhigte sich das Wetter und es folgten sonnige und milde Wintertage.

Unser Beobachterin in Kasern meldete am Sonntag, 23.01. eine 24 h - Neuschneemenge von 30 cm. Die Schneehöhe bewegt sich dort im Bereich des langjährigen Mittelwerts. Alle Beobachterdaten können hier eingesehen werden.
Unser Beobachterin in Kasern meldete am Sonntag, 23.01. eine 24 h – Neuschneemenge von 30 cm. Die Schneehöhe bewegt sich dort im Bereich des langjährigen Mittelwerts. Alle Beobachterdaten können hier eingesehen werden.

   

Viele Skitourengeher zog es nach dem Schneefall vom 22.01. ins Ahrntal. Bekannte Touren waren viel besucht, aber auch Abseits davon ließ sich teilweise guter Pulverschnee genießen. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 25.01.2022).
Viele Skitourengeher zog es nach dem Schneefall vom 22.01. ins Ahrntal. Bekannte Touren waren viel besucht, aber auch Abseits davon ließ sich teilweise guter Pulverschnee genießen. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 25.01.2022).

 

Aussicht


Die Nordwestströmung bleibt bestehen und führt in den nächsten Tagen eine Folge von Fronten an die Alpennordseite heran. Besonders entlang des Alpenhauptkamms ist in der nächsten Woche wieder mit etwas Schneefall zu rechnen. Mit Föhn bleibt es entsprechend windig. Es bilden sich frische Triebschneeansammlungen, welche weiterhin die Hauptgefahr darstellen.

 

Mitte nächster Woche ist entlang des Alpenhauptkamms wieder etwas Neuschnee möglich.
Mitte nächster Woche ist entlang des Alpenhauptkamms wieder etwas Neuschnee möglich.

Mit Nordstaulagen machen sich in Südtirol Föhneffekte, wie hier in Pflersch bemerkbar: die Luftmassen sinken ab, erwärmen sich und die Wolken lösen sich, wie es auf diesem Bild schön ersichtlich ist, auf. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 23.01.2022).
Mit Nordstaulagen machen sich in Südtirol Föhneffekte, wie hier in Pflersch bemerkbar: die Luftmassen sinken ab, erwärmen sich und die Wolken lösen sich, wie es auf diesem Bild schön ersichtlich ist, auf. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 23.01.2022).