Vor einer Woche, am 5. und 6. Jänner hat es mit einer Kaltfront im ganzen Land geschneit. Dabei gab es auf den Bergen verbreitet 10 bis 20 cm Neuschnee, in den Dolomiten und im Osten des Landes auch bis zu 30 – 35 cm. Nach Durchzug der Kaltfront stellte sich eine nördliche Höhenströmung ein, die bis jetzt anhält. Damit wurde auch die zuvor außergewöhnlich milde Phase beendet, denn die Temperaturen sanken deutlich ab. Diese meteorologischen Parameter hatten einen Anstieg der Lawinengefahr zur Folge. Kurzzeitig gingen wir von Gefahrenstufe 3, erheblich aus. Da die Altschneeoberfläche, auf der sich dieser Schneefall ablagerte, aber günstig war (unregelmäßig und oft rau) und die Größe der möglichen Lawinen klein oder mittel war, konnte rasch auf Stufe 2 zurückgestuft werden. Die einzige ausgelöste Lawine wurde uns aus dem Variantenbereich des Speikbodens in Sand in Taufers gemeldet.
 |
Oberhalb der Trejer Alm am Speikboden von Variantenskifahrern ausgelöstes kleines bis mittleres Schneebrett. Exposition Nordost auf etwa 2300 m. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 06.01.2022) |
 |
Messwerte der Station Rossalm (2340 m) in Prags. Ganz oben sieht man am 5. Jänner die Zunahme der Schneehöhe von ca. 30 cm. Darunter die Windgeschwindigkeit, die aufgrund der windgeschützten Lage meist gering war, außer am 10. Jänner, wo Böen bis 50 km/h gemessen wurden. Es folgt die Windrichtung mit meist nördlicher Anströmung. In der vorletzten Zeile sieht man ganz links deutlich den Temperaturrückgang. Die rote Linie kennzeichnet die Lufttemperatur, die graue Linie die Schneeoberflächentemperatur und die blaue Linie den Taupunkt. Je größer der Abstand zwischen Lufttemperatur und Taupunkt, desto trockener ist die Luft und desto geringer sind die Auswirkungen der Sonne auf die Schneedecke. Sehr kalt war die Schneeoberfläche gestern in der Früh mit unter -20 °C. |
 |
Durch den in der Höhe oft starken Wind wurde die Schneedecke in exponierten Lagen unmittelbar und stark vom Wind beeinflusst. Ein Bild von der Ellesspitze im Pflerschtal. (Foto: Bergführer Ludwig Gorfer, 06.01.2022) |
 |
Auch so können Windzeichen ausschauen. Im Bild Winddünen aus der Zone Großer Jaufen in Prags am Tag nach dem Schneefall. (Foto: Bergführer Armin Rofner, 06.01.2022) |
In der Folge stellte sich eine durchaus günstige Lawinensituation ein, Rückmeldungen aus dem Gelände, Schneedeckenuntersuchungen und eigene Geländegänge bestätigten dies. Die Neuschneeauflage blieb aufgrund der tiefen Temperaturen locker, pulvrig und damit ungebunden. Herrliche Tiefschneeabfahrten waren möglich, das auch im sonnenexponierten Gelände. Mittlerweile ist die Schneequalität aber aufgrund des Windeinflusses zurückgegangen. Teilweise wurde der gesamte lockere Schnee verfrachtet. Dort, wo vor den Schneefällen kein Schnee lag ist es dadurch wieder teils aper, nordseitig kommt die alte, harte und unregelmäßige Schneeoberfläche zum Vorschein.
 |
Aufstiegs- und Abfahrtsspuren im Pulverschnee in der Sonne im Val dla Salieries. In Bildmitte die 3025 m hohe Furcheta in der Geislergruppe. (Foto: Bergführer David Demetz, 07.01.2022)
|
 |
Die bekannten Modetouren wurden zum Teil überrannt. Im Bild unzählige Spuren auf den Hängen des Zendleser Kofels im Villnößtal. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 08.01.2022) |
 |
Das Wahrzeichen des Hochpustertals, die Drei Zinnen. Im Vordergrund sieht man, dass der lockere Neuschnee bis auf den Altschnee abgeblasen wurde, der Paternsattel zw. kleiner Zinne und Paternkofel ist komplett abgeblasen und somit aper. (Foto: https://tl.scenaridigitali.com/trecime/images/image.jpg , 12.01.2022)
|
 |
Ein Bild aus der Zone Zermaidjoch. Die Schneequalität lässt zu wünschen übrig. Teils tragfähig, teils pulvrig oder auch kantig aufgebaut. (Foto: Bergführer Thomas Brunner, 12.01.2022) |
 |
Ein Schneeprofil vom Zillertaler Alpenhauptkamm im Ahrntal. An der Oberfläche findet man eher harten windbeeinflussten Schnee aus runden und kleinen Kristallen. Darunter ist die Schneedecke kantig aufgebaut. Unter dem Triebschnee konnte ein Bruch initiiert werden, dieser breitete sich aber nicht über den ganzen Block aus. (Quelle: https://lawinen.report/weather/snow-profiles , 12.01.2022) |
Vorschau
Zum Schluss werfen wir noch einen Blick in die Zukunft. Die Gefahr von trockenen Lawinen nimmt in den nächsten Tagen ab, da sich die Triebschneepakete weiter verfestigen, v.a. im sonnenexponierten Gelände. Auf der anderen Seite kann der Anstieg der Nullgradgrenze und die Sonnenstrahlung im sehr steilen, besonnten Gelände vereinzelt Nassschnee- und Gleitschneelawinen zur Folge haben. Die Details gibt es wie immer im täglichen Lawinenreport.
Schnee ist auch in nächster Zeit keiner zu erwarten:
 |
Neuschneeprognose für die Ortlergruppe bis zum 27. Januar 2022. Bis über das kommende Wochenende hinaus bleibt es trocken, danach wird die Vorhersage unsicherer. Etwas Neuschnee ist möglich, größere Mengen sind aktuell keine in Sicht. |