Weiterhin angespannte Lawinensituation – Vorsicht auch auf und neben Pisten

Am Ende der letzten Woche war die Lawinensituation mit viel Neuschnee und starkem Wind sehr angespannt. Spontane Lawinenabgänge, Fernauslösungen und Lawinenunfälle bestätigten dies.


Großwanglawine im Sarntal stieß bis in Tallagen vor. (Foto: Agentur für Bevölkerungsschutz, 25.01.2021)


Schauen wir uns kurz die Lawinenunfälle seit dem letzten Blogeintrag an. Uns wurden drei Unfälle gemeldet, die zum Glück alle glimpflich ausgegangen sind.


1. Lawinenunfall: Kronplatz, Gemeinde Enneberg, 23.01.2021, 14:45 Uhr
Das vergangene Wochenende war von starkem Schneefall geprägt mit Abklingen des Niederschlags im Laufe des Samstags.

Am Samstag zu Mittag hat es auf dem Gipfel des Kronplatzes noch so ausgesehen: starker Wind und Schneefall. In den Stunden darauf hat es aufgelockert. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 23.01.2021)

Am Sonntagnachmittag ist eine Gruppe von fünf Skitourengehern vom Gipfel des Kronplatzes Richtung Süden abgefahren. Dabei hat sich auf ca. 2000 m in einer Lichtung auf einer Wiese ein kleines Schneebrett gelöst. Eine Person wurde komplett verschüttet (ca. 1,5 m tief). Sie konnte nach ca. 15 Minuten durch die Kameraden gerettet werden. Der Verschüttete war ohne LVS-Gerät unterwegs. In der Folge konnte diese Person selbst abfahren.


In wenigen Stunden hat sich das Wetter deutlich gebessert. Im Bild die Unfalllawine vom Kronplatz. Eine Lawine muss nicht groß sein, um gefährlich zu sein. (Foto: Bergrettung St. Vigil, 23.01.2021)


2. Oberholz, Obereggen, Gemeinde Deutschnofen, 23.01.2021, 15:00 Uhr
Bei diesem Unfall stieg ein Wintersportler alleine mit seinem Splitboard ein wenig über die Bergstation Oberholz im Skigebiet Obereggen auf. In der Abfahrt wurde er von einem Schneebrett erfasst und komplett verschüttet. Über seine Smart Watch konnte er die Rettung alarmieren. Als diese vor Ort war, konnte sie in anfangs nicht finden, da er kein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS-Gerät) bei sich trug. Glücklicherweise gab es aber eine Verbindung von seinem Kopf zur Oberfläche, so konnten die Rettungskräfte seine Rufe hören, ihn finden und ausgraben. Er blieb unverletzt. 

Anbruch der Lawine. Der viele Neuschnee ist auf der ungünstigen Altschneeoberfläche abgerutscht. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 24.01.2021)


Im Bild der extrem steile Hang mit der Lawinenablagerung am Hangfuß. (Foto: Lawinenwarndienst Südtirol, 24.01.2021)


3. Künig, Gemeinde Schenna, 24.01.2021, 12:00 Uhr
Dieser Unfall wurde uns per E-Mail gemeldet, vielen Dank dafür. Bei diesem Lawinenunfall vom Sonntag hat sich ein Schneebrett bei der Abfahrt eines Tourengehers gelöst. Der Unfallort befindet sich in einem steilen, südwestexponierten Hang an der Waldgrenze in der Nähe der Ifingerhütte. Die mitgerissene Person konnte ihren Lawinenairbag aktivieren und wurde weder verschüttet noch verletzt, in der Folge konnte sie selbst abfahren.

Anriss und Sturzbahn der Unfalllawine am Künig. (Foto: Andreas Hellbock, 24.01.2021)


Die Lawinensituation war und ist im ganzen Land nicht zu unterschätzen. 
Hier möchten wir noch einmal ausdrücklich unterstreichen, dass Lawinengefahr auch in den derzeitig geschlossenen Skigebieten auf vermeintlich sicheren Pisten und in dessen Umgebung herrscht. Für den Wintersportler heißt das, dass Skigebiete aktuell zum ungesicherten Gelände zählen. Das Mitführen der kompletten Lawinen-Notfallausrüstung (LVS-Gerät, Schaufel und Sonde) ist auch hier unbedingt erforderlich. 

In Bildmitte, unter dem Liftmasten sieht man den Anriss einer Lawine auf einer Piste im geschlossenen Skigebiet Rotwandwiese, Sexten. (Foto 24.01.2021)

Wenn ein Skigebiet aufgrund von Präparierung oder Sicherungsarbeiten (auch Lawinensprengungen!) gesperrt ist, muss das Verbot unbedingt befolgt werden.

Betretungsverbot im Skigebiet Klausberg im Ahrntal aufgrund von Lawinensprengungen (Foto: Künig Franz, 14.01.2021)


Kurzer Rückblick und Vorschau

Mit einer stürmischen Nordwest-Strömung kamen seit 27.01.2021 feuchte und mildere Luftmassen in den Alpenraum. Die Warmfront, die uns in der Nacht auf Freitag überquerte, brachte vor allem in den nördlichen Landesteilen Neuschnee und Regen. In Melag auf 1915 m fielen 36 cm, in Prettau auf 1449 m 15 cm. Gegen Süden fiel der Niederschlag deutlich geringer aus, teils blieb es auch trocken. Die Schneefallgrenze lag dabei um 1000 m stellenweise auch auf 16000 m. Die Nullgradgrenze stieg kurzfristig auf über 2000 m an. Der Wind wehte verbreitet stark bis stürmisch.

Messwerte an der automatischen Wetterstation Schöneben im oberen Vinschgau zeigen den Durchzug der Warmfront am 28.01.2021: Anstieg der Schneehöhe (erster Graph), Anstieg der Temperatur und des Taupunktes (zweiter Graph) und Intensivierung der Windgeschwindigkeit mit leichter Drehung auf West (vierter und fünfter Graph).


Die Schneeoberfläche war oberhalb der Waldgrenze bis vor dem aktuellen Ereignis kalt und windbeeinflusst. Im Wald und im windgeschützten Gelände pulvrig und ungebunden. Mit relativ warmen Temperaturen und der hohen Feuchtigkeit werden die einzelnen Schneekristalle schnell abgerundet und verbinden sich zu einer dichten, gebundenen Schneeschicht. Hinzu kommt der starke Nordwestwind. Neu- und Triebschnee lagern zum Teil auf einer lockeren Schneeoberfläche. Die Verbindung ist anfänglich schlecht. Spontane Lawinen sind zu erwarten, auch große. Lawinen können unmittelbar unter dem Neuschnee oder in den tiefer gelegenen Schichten anreisen. Mit der Erwärmung und dem Regen steigt die Gleitschneeaktivität an. Die Verhältnisse bleiben weiterhin angespannt.


Aus dem ganzen Land haben wir Rückmeldungen von Gleitschneelawinen erhalten. Hier eine neben dem Durnholzersee (Foto: Forststation Sarntal, 25.01.2021)

Mächtige Schneewechten oberhalb einer Geländekante (Foto: Foststation La Illa, 28.01.2021)