Am Dienstag 7. April gab es in Südtirol schon den ersten Sommertag, mit Höchstwerten von über 25°C im Etschtal. Diese Temperaturen wären typisch für den Mai, für Anfang April sind sie deutlich überdurchschnittlich. Aber nicht nur in den Tälern ist es außerordentlich mild, auch auf den Bergen stiegen die Temperaturen deutlich an, so wurden auf 2000 m bereits über 10°C gemessen.
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Temperaturen an der Station Schöneben (2040 m) am Reschen. |
Die starke Sonnenstrahlung und der Anstieg der Temperaturen fördert klarerweise die Schneeschmelze, dies v.a. in sonnenexponierten und mittleren Lagen (1000 – 2000 m). Schauen wir uns ein paar Schneehöhenkurven im Detail an:
Wie man an den obigen Verläufen deutlich sehen kann lagen wir bis fast Ende Jänner überall zum Teil deutlich über dem langjährigen Mittel, die Starkschneefälle im November stellten an den jeweiligen Stationen neue Maximalwerte dar. Im Februar lagen die Schneehöhen mehr oder weniger im Mittel, bis dann im März langsam die Schmelze eintrat. Die macht sich an tiefen Stationen (z.B. in Pens) deutlicher und schneller bemerkbar als an höheren, wo wir noch viel Schnee haben. Interessant ist der Standort Rein in Taufers auf 1600 m, wo immer noch ein halber Meter Schnee liegt. Dies hat mit der besonderen Lage von Rein zu tun, wo sich im Talkessel Kaltluftseen ausbilden können, die sonnenexponierten Hänge sind dagegen schon aper.
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Roter Kreis in Bildmitte kennzeichnet den Standort der Beobachterstation. Rechts oben, Hochgall (3436 m). Quelle: foto-webcam.eu (Foto: 08.04.2020) |
Aber nicht nur Exposition und Höhenlage beeinflussen die Schneeschmelze. Ein wesentlicher Faktor ist auch die Feuchtigkeit der Luft. Gerade in diesen Tagen ist die Luft in der Höhe relativ trocken, man sieht das am Taupunkt, der jene Temperatur ist, auf die man Luft abkühlen muss, damit Kondensation (gasförmiger Wasserdampf wird flüssig) oder Deposition (gasförmiger Wasserdampf wird fest) stattfinden kann. Stationsdaten kann man hier einsehen: https://lawinen.report/weather/stations
Sind Lufttemperatur und Taupunkt gleich, entspricht dies 100 % relativer Feuchte, das heißt es regnet oder schneit gerade an der Station oder die Station ist im Nebel. Je trockener nun die Luft ist, desto weiter ist der Taupunkt von der Lufttemperatur entfernt. Merke: der Taupunkt kann nie größer als die Lufttemperatur sein.
Beim aktuellen Fall, wo die Temperatur der Schneeoberfläche zwar den Schmelzpunkt erreicht, der Taupunkt aber unter der Schneeoberflächentemperatur bleibt, verdunstet dann das Schmelzwasser. Dies benötigt viel Energie, die Schneeoberfläche kühlt deshalb ab und weiteres Schmelzen wird unterdrückt, genau wie beim Schwitzen auf der Haut. Das sieht man jetzt an der Station Fadner Alm, wo in der vergangenen Woche trotz teils relativ milder Temperaturen, die Schneehöhe nur um etwas mehr als 10 cm zurückgegangen.
Wie schon im letzten Blogeintrag angesprochen rückt im Frühjahr die Nassschneeproblematik immer weiter in den Vordergrund. Typisch für das Frühjahr ist der Tagesgang der Lawinengefahr, v.a. wenn es klare Nächte gibt und tagsüber viel Sonne und milde Temperaturen. Der entscheidende Faktor ist hier neben der Dicke des Schmelzharschdeckels in der Früh der Wassereintrag in die Schneedecke im Tagesverlauf.
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Am Morgen verbreitet geringe Lawinengefahr, tagsüber Anstieg der Lawinengefahr aufgrund der Nassschneeproblematik. |
Die Lawinenwarndienste besitzen aktuell wenige Informationen aus dem Gelände. Diese Lücken werden immer häufiger mit Schneedeckenmodellen gefüllt, besonders hinsichtlich der Nassschneeproblematik sind sie eine große Hilfe:
Für die kommenden Tage ist keine wesentliche Änderung der Lawinensituation zu erwarten. Die Lawinengefahr unterliegt einem Tagesgang, Nassschneelawinen und Gleitschneelawinen sind die Hauptgefahr. Die Gefahrenstellen liegen vor allem an sehr steilen Sonnenhängen unterhalb von rund 2800 m. Alle Details wie immer im Lawinenreport.
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Den herzlichen Grüßen aus Sulden möchten wir uns natürlich anschließen! Alles Gute! Quelle: http://sulden.it-wms.com/ (Foto: 08.04.2020) |