Lawinenunfälle Ende Dezember

Ende Dezember 2019 gab es in Südtirol fünf Lawinenunfälle, die wir im heutigen Blog kurz analysieren möchten:

1. Nähe Jimmy Hütte, Grödner Joch, 23.12.2019
2. Nähe Schöntaufpiste, Skigebiet Sulden, 24.12.2019
3. Nähe Zollhütte/Hochjoch, Schnalstal, 26.12.2019
4. Premstallötz im Sagbachtal, Sarntal, 28.12.2019
5. Talabfahrt Skigebiet Schnals, 28.12.2019

1. Unfall Nähe Jimmy Hütte, Grödner Joch, 23.12.2019, ca. 13:30 Uhr

Hier handelt es sich um eine kleine Schneebrettlawine, die auf ca. 2240 m Seehöhe anbricht und einen Skifahrer außerhalb der präparierten Piste verschüttet. Die Lawine geht in einem südexponierten Hang ab, ist ca. 30 m lang, 20 m breit, die Höhe des Anbruches beträgt 20 bis 40 cm und die geschätzte Steilheit liegt bei 35°.
An diesem Tag herrscht erhebliche Lawinengefahr der Stufe 3, die Hauptgefahr geht vom leicht auslösbaren Triebschnee aus. Durch das rasche Eingreifen von zwei Männern vor Ort kann der Verschüttete (trägt kein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS)) rasch und ohne Verletzungen geborgen werden.

Rote Markierung kennzeichnet den ungefähren Unfallort Nähe Jimmy Hütte. Quelle: http://gis2.provinz.bz.it/geobrowser/

Unfalllawine Nähe Jimmy Hütte.

2. Unfall Nähe Schöntaufpiste, Skigebiet Sulden, 24.12.2019, ca. 11:00 Uhr

Bei diesem Unfall wählt ein Skifahrer (trägt kein LVS) eine Variantenabfahrt und verlässt die Schöntaufpiste. Dabei löst sich ein kleines Schneebrett und verschüttet ihn komplett. Die Lawine löst sich auf ca. 3110 m, hat eine Länge von ca. 80 m, bei einem geschätzten Anbruch von 30 cm in ca. 35° steilem, südexponiertem Gelände. Der Skifahrer kann erst nach ca. 3 Stunden geortet und geborgen werden, für ihn kommt jede Hilfe zu spät.
Auch hier handelt es sich um ein Triebschneeproblem bei Gefahrenstufe 3, erheblich.

Rote Markierung kennzeichnet den Ort des Unfalls. Quelle: http://gis2.provinz.bz.it/geobrowser/
Unfalllawine nahe der Schöntaufpiste, im Hintergrund Ortler.

3. Unfall Nähe Zollhütte/Hochjoch, Schnalstal, 26.12.2019, ca. 13:45 Uhr

Zwei gut ausgerüstete Variantenfahrer wählen eine Abfahrt in der Nähe der Zollhütte/Hochjoch an der Grenze Schnals/Sölden. Dabei löst sich mittlere bis große Schneebrettlawine auf ca. 3000 m, die einen Skifahrer mitreißt und teilweise verschüttet. Er bleibt unverletzt. Die Höhe des Anbruches liegt zwischen 50 und 180 cm, die Lawine ist im oberen Bereich über 100 m breit.
Auch hier handelt es sich um ein Triebschneeproblem, in den Tagen zuvor gab es mit einer nordwestlichen Anströmung etwas Neuschnee, der durch den starken Wind verfrachtet wurde. Nördlich des Alpenhauptkammes war die Gefahrenstufe mit Stufe 4, also große Lawinengefahr angegeben, südlich des Hauptkammes mit Stufe 3, erheblich.

Rote Markierung kennzeichnet die Zollhütte bzw. das Hochjoch. Quelle: http://gis2.provinz.bz.it/geobrowser/

Unfalllawine am an der Zollhütte bzw. Hochjoch.

4. Unfall Premstallötz im Sagbachtal, Sarntal, 28.12.2019, ca. 11:30 Uhr

Bei diesem Unfall befindet sich eine Gruppe noch im Aufstieg als sich auf ca. 1770 m ein kleines Schneebrett löst (Triebschneeproblem) und einen Skitourengeher in einen kleinen Bach mitreißt und total verschüttet. Die Kameradenrettung funktioniert gut und schon nach kurzer Zeit kann der durchnässte Verschüttete geborgen werden. Er wird vom Rettungshubschrauber abtransportiert.

Rote Ellipse kennzeichnet den ungefähren Unfallort. Quelle: http://gis2.provinz.bz.it/geobrowser/
Unfalllawine in der Nähe des Premmstallötz. (Foto 28.12.2019)

5. Talabfahrt Skigebiet Schnals, 28.12.2019, ca. 12:00 Uhr

Kurz nach dem Unfall im Sarntal wird ein Großaufgebot von Rettungskräften (vier Hubschrauber, fünf Suchhunde, 75 Rettungskräfte) zum Lawinenunfall auf der Talabfahrt im Skigebiet Schnals gerufen. Dabei verschüttet eine sehr große Lawine (siehe Lawinengröße) Teile der Talabfahrt und erfasst dabei sechs Personen. Dabei werden drei Personen ganz verschüttet und drei teilweise verschüttet. Eine Person bleibt unverletzt, zwei werden verletzt und drei weitere werden von der Lawine getötet.

Rote Ellipse kennzeichnet den Unfallort im Skigebiet Schnals. Quelle: http://gis2.provinz.bz.it/geobrowser/

Die Lawine hat eine Länge von ca. 1300 m, die maximale Breite beträgt ca. 230 m. Angebrochen ist sie auf etwa 3120 m Meereshöhe und sie ist bis auf ca. 2520 m vorgestoßen. Die maximale Steilheit im Anbruchgebiet liegt bei 45°, die Höhe des Anbruches liegt zw. 50 und 100 cm, die Exposition des oberen Anbruchgebietes ist Süd.

Übersicht über die Unfalllawine. (Foto 30.12.2019).

Lawinensturzbahn vom oberen Anbruch aus fotografiert. (Foto 30.12.2019).
Schneeprofil in der Nähe der obersten Anbruchkante aufgenommen. Der Triebschnee überlagert ein schwaches Schneedeckenfundament aus kantig aufgebauten Kristallen. Der PST (Propagation Saw Test) bricht bis zum Ende durch.

Es handelt sich hier um ein Triebschneeproblem mit kombiniertem Altschneeproblem.

Zum Schluss möchten wir uns bei den verschiedenen Bergrettungsdiensten und der Flugrettung für die gute Zusammenarbeit und Geduld bedanken.