Rückblick auf eine lawinenaktive Zeit – kurze Vorschau aufs Wochenende.

Rückblick

Eine turbulente Schnee und Lawinensituation liegt hinter uns. Eine Serie von Mittelmeertiefs sorgte in ganz Südtirol für ergiebige Niederschläge. Allein von Donnerstag 14. November bis Dienstag 19. November fiel vielerorts mehr als 150 mm Niederschlag. Spitzenreiter war dabei die Station in Sexten mit 199 mm.

Niederschlagssummen vom 14.11.2019 bis 19.11.2019.

Die Niederschläge kamen in drei Niederschlagswellen, wobei der Niederschlagsschwerpunkt sowie die Schneefallgrenze bei jedem Ereignis unterschiedlich war.

Niederschlag an den Schneemessfeldern Rotwandwiesen (1910 m) und Piz La Ila (2050 m).

Schneehöhe an den Schneemessfeldern Rotwandwiesen (1910 m) und Piz La Ila (2050 m).

Das Mittelmeertief vom Dienstag 19. November war dann das bereits siebte
in diesem Monat. Im Vergleich zu den vergangenen Störungen blieben die
Niederschlagsmengen aber gering, mehr als ein paar Zentimeter kamen
nicht zusammen.
Die ergiebigen und oft feuchten Schneefälle kamen auf einen relativ warmen und nicht gefrorenen Boden zu liegen. Außerdem regnete es zum Teil bis auf über 2000 m hinauf. Dementsprechend konnten im ganzen Land sehr viele Gleitschneelawinen aus steilen Grashängen beobachtet werden. Einige davon reichten bis in Tallagen, wo sie Straßen verlegten und Infrastrukturen beschädigten.

Unzählige Gleitschneelawinen in der Nähe von Mauls, 20.11.2019. Quelle: Uli Kofler
Gleitschneelawine verschüttete Hofzufahrt in Pflersch, 18.11.2019. Quelle: Agentur für Bevölkerungsschutz.

Mäandrierende Lawinenablagerung in Ridnaun, 18.11.2019. Quelle: Agentur für Bevölkerungsschutz.

Gleitschneelawinen lösen sich spontan und ihr Abgang kann nicht durch Zusatzbelastung provoziert werden. Im Gegensatz zu trockenen Schneebrettern entstehen Gleitschneelawinen nicht aufgrund eines Bruches in einer Schwachschicht, sondern durch einen markanten Reibungsverlust am Übergang vom Boden zur Schneedecke. Dementsprechend deuten Gleitschneelawinen normalerweise auf einen homogenen und stabilen Schneedeckenaufbau ohne ausgeprägte Schwachschichten hin.

Typisches Bild für die kompakte Schneedecke ohne Schwachschichten in mittleren Lagen, 21.11.2019. Quelle: Forststation Steinhaus.

Das Schneeprofil zum obigen Bild. Guter, kompakter Aufbau ohne Schwachschichten. Mehr Profile gibt es hier: www.lawis.at/profile/

Schneedeckenuntersuchungen im Hochgebirge bestätigen auch dort einen recht guten Aufbau der Schneedecke. Es sind zwar mögliche Schwachschichten vorhanden, diese sind aber entweder an der Basis zu finden oder durch harte Schneeschichten überlagert. Damit ist eine Lawinenauslösung vor allem in ungünstigen Fällen durch große Zusatzbelastung denkbar und das vor allem an Übergängen von wenig zu viel Schnee. Allgemein gilt noch zu sagen, dass besonders in diesen Lagen der Wind sehr viel Schnee verfrachtet hat und exponierte Geländeteile oft abgeblasen sind.

Schneeprofil vom Madritschjoch auf ca. 3100 m. Im oberen Teil der Schneedecke war es zwar möglich einen Bruch zu initiieren, er hat sich aber nicht ausgebreitet. Darunter gibt es zwar eine schwächere Schicht, die ist aber durch die recht harte Schicht darüber kaum zu stören.

Abgeblasene Rücken in Sulden auf ca. 2500 m, 21.11.2019. Quelle: Lawinenwarndienst Südtirol.

Auf Südtirols Bergen liegt somit für die Jahreszeit außergewöhnlich
viel Schnee. Eine Abwechslung zu den letzten Jahren, in denen solch
ergiebige Schneefälle erst später in der Saison auftraten.

Aktuelle Schneehöhe auf Südtirols Bergen, 22.11.2019

Der Vorteil einer mächtigen Schneedecke ist, dass sie sich recht schnell setzt und zunehmend verfestigt. Außerdem gilt, dass je mächtiger die Schneedecke ist, desto unwahrscheinlicher bilden sich Schwachschichten. Damit stehen aus aktueller Sicht die Weichen gut für einen guten Schneedeckenaufbau für den bevorstehenden Winter.

Vorschau aufs Wochenende

Am morgigen Samstag kommt wieder etwas Neuschnee dazu, in den typischen Südstaulagen sind 10 bis 20 cm Neuschnee möglich. Auf den Bergen weht zudem starker, teils stürmischer Wind aus südlicher Richtung, der den Schnee erneut verfrachtet und frische, aber meist kleine störanfällige Triebschneeansammlungen bildet. Abgesehen von den südlichen Landesteilen, wo auch am Sonntag etwas Schnee möglich ist, bleibt es am Sonntag meist trocken. Die Lawinengefahr ändert sich nicht wesentlich: in den Gebieten mit Neuschnee gilt es die frischen Triebschneepakete aufmerksam zu bewerten, in mittleren Lagen, v.a. in Hängen mit Gleitschneemäulern kann man Gleitschneelawinen weiterhin nicht ausschließen. Das heißt zusammengefasst: unter Berücksichtigung lokaler Gefahrenstellen recht günstige Tourenbedingungen.