Wir erwarten während der kommenden Tage kräftigen Neuschneezuwachs samt stürmischen Verhältnissen. Es bilden sich zahlreiche neue Gefahrenstellen. WintersportlerInnen sollten sich während der kommenden Tage über die erhöhte Gefahr einer Lawinenauslösung im Steilgelände bewusst sein.
Heute am 23.11.2023 löste sich im extrem steilen, südostexponierten Gelände auf ca. 3250m unterhalb des Glockturms im Kaunertal eine Schneebrettlawine. Zwei in der Abfahrt befindliche Personen wurden von dem Schneebrett mitgerissen. Eine Person blieb unverletzt, während die zweite Person unter Reanimation ins Spital gebracht werden musste.
Großräumige Geländeerkundung mit dem Landeshubschrauber
Das Team des Lawinenwarndienstes Tirol führte heute am 23.11.2023 mit Unterstützung des Landeshubschraubers und der Alpinpolizei eine großräumige Geländeerkundung durch. Das Ziel bestand darin, vor den angekündigten Neuschneefällen und vor dem für morgen, den 24.11.2023 geplanten Start des täglichen Lawinenreports, das Bild über den Schneedeckenaufbau im Hochgebirge zu schärfen.


Ein Blick in die Schneedecke
Die Schneedecke ist geprägt von den Regenereignissen dieses Frühwinters. Bis zumindest 2800m hinauf findet man mehr oder weniger dicke Schmelzkrusten. Teilweise haben sich in deren Nahbereich bereits kantige Kristalle als potentielle Schwachschichten für Schneebrettlawinen gebildet.




Weitere kürzlich aufgenommene Schneeprofile findet ihr wie gewohnt auf https://www.lawis.at/profile/.

Auffallend war auch noch die in Bodennähe häufig feuchte Schneedecke, v.a. in steilen Süd-, West- und Osthängen unterhalb etwa 2500m. Dort konnten immer wieder auch Gleitschneerisse und -lawinen beobachtet werden.

Lawinenabgang Glockturm
Heute am 23.11.2023 befanden sich zwei Personen bei der Abfahrt in einem extrem steilen SO-Hang unterhalb des Glockturms im Kaunertal. Der Einfahrtsbereich in den Hang liegt auf etwa 3250m Seehöhe. Als beide Personen gleichzeitig im Hang waren, löste sich eine Schneebrettlawine, die beide Personen mitriss. Eine Person wurde im unteren Bereich des Lawinenkegels sichtbar ganzverschüttet. Eine weitere Person blieb an der Lawinenoberfläche unverletzt liegen. Trotz relativ rascher Hilfe musste die Person unter Reanimation ins Krankenhaus geflogen werden.
Da wir zum Unfallzeitpunkt zufällig im Nahbereich des Lawinenabgangs waren, wurden wir mit dem Landeshubschrauber zur Unfallstelle geflogen. Dort halfen wir gemeinsam mit weiteren Rettungskräften sowohl bei der Bergung der verschütteten Person, als auch bei den Erste-Hilfe-Maßnahmen. Nach Abtransport der verschütteten Person führten wir unter Zeitdruck Schneedeckenuntersuchungen im unmittelbaren Nahbereich des Lawinenanrisses durch. Ausschlaggebend für den Lawinenabgang dürften eine dünne, oberflächennahe Schwachschicht, ein durch Windeinfluss im kammnahen Gelände gut ausgeprägtes Brett und das extrem steile Gelände gewesen sein.



Es wird winterlich – Die Lawinengefahr steigt an
Ab morgen, Freitag, den 24.11. bis Sonntag, den 26.11.2023 vormittags erwarten wir laut GeoSphere Austria im Westen des Landes 60-80cm Neuschnee, sonst meist zwischen 40 und 60cm mit abnehmender Tendenz Richtung südlichem Osttirol.




Die Kombination aus möglichen Schwachschichten in der Altschneedecke bzw. an der Schneeoberfläche samt viel Neuschnee und stürmischem Wind führt unweigerlich zu einem Anstieg der Lawinengefahr. WintersportlerInnen sollten sich darüber im Klaren sein, dass während der kommenden Tage Lawinen zum Teil recht leicht ausgelöst werden können. Vermehrt betroffen ist Steilgelände oberhalb etwa 2400m. Vorsicht ist jedoch auch im sehr steilen kammnahen und sehr steilen nordseitigen Gelände unterhalb etwa 2400m geboten.
Wir rechnen zusätzlich mit einigen spontanen Lawinenabgängen, vermehrt im sehr steilen Gelände im Nordsektor oberhalb etwa 2400m sowie allgemein im kammnahen, sehr steilen Gelände in großen Höhen.
In einigen Skigebieten beginnt die Wintersaison
Mit den prognostizierten Schneefällen starten einige Skigebiet in die Skisaison. Deshalb möchten wir auch einen Appell an alle VariantenfahrerInnen richten, sich des Risikos im freien Gelände bewusst zu sein. Wir raten während der kommenden Tage zu Zurückhaltung abseits der gesicherten Skipisten.
