Mit Schneefall und stürmischem Wind Anstieg der Lawinengefahr auf den Bergen

Eine Kaltfront, die gestern am 16.11.2023 abends Tirol erreicht hat, bringt Schnee und stürmische Verhältnisse auf den Bergen. Hauptbetroffen ist der (Nord-)Westen Nordtirols, wo zwischen 30 und 50cm Neuschnee erwartet werden. Vorsicht! Es bilden sich in großen Höhen umfangreiche und meist recht störanfällige Triebschneepakete. Zudem sollte in den neuschneereichen Regionen während der kommenden Tage auf vermehrte Gleitschneeaktivität geachtet werden.

Aktuelle Situation

Das wechselhafte Wetter hält an. Nach bereits niederschlagsreichen, sehr warmen Tagen zwischen dem 12. und 14.11.2023 im Westen und Norden Nordtirols bringt eine Kaltfront nun Neuschnee bis in tiefere Lagen. Am meisten Niederschlag ist aktuell im Nordwesten Nordtirols mit etwa 40mm gefallen. Dies entspricht in der Höhe etwa 40cm Neuschnee, wo zudem stürmischer Wind aus nordwestlicher Richtung weht.

72h-Niederschlag (bis in große Höhen als Regen) zwischen dem 12.-15.11.2023
Während der vergangenen Woche war es im Westen des Landes wechselhaft und niederschlagsreich. Der Schnee schmolz mit Regeneintrag bis etwa 2700m hinauf dahin. Mit der Kaltfront steigt die Schneehöhe nun wieder an (rote Pfeile).
24h Niederschlag der Kaltfront vom 16.11. auf den 17.11. (09:10 Uhr). Man erkennt deutlich den Niederschlagsschwerpunkt im Nordwesten des Landes
24h-Neuschneeprognose der Kaltfront vom 16.11. auf den 17.11.
Starker bis stürmischer Wind auf den Bergen 17.11.2023 (05:00 Uhr)

Die Schneedecke

Der Neuschnee fällt in tiefen und mittleren Höhenlagen zumeist auf aperen Boden bzw. auf eine massiv vom Regen beeinflusste Schneedecke. In hohen Lagen findet man hingegen eine für die Jahreszeit bereits etwas überdurchschnittliche Schneehöhe. Am meisten Schnee liegt in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes sowie im Westen des Landes in großen Höhen. Sehr markant für die Schneedecke war der Niederschlag in Form von Regen vom 13.11. auf den 14.11. bis vielerorts etwa 2700m hinauf. Der Wärmeeinfluss und somit eine oberflächennahe Anfeuchtung der Schneedecke wurde damals jedoch zumindest in besonnten Hängen bis über 3000m wahrgenommen. Inzwischen findet man aufgrund der wiederum gesunkenen Temperaturen und weiteren Neuschneefällen innerhalb der Schneedecke meist eine Schmelzkruste. Diese stammt von besagtem warmen Wetter samt Regen und ist inzwischen von frischem Schnee überlagert.

Eislamelle auf 3000m in der Glocknergruppe (Foto: 16.11.2023; © Anton Riepler)

Die bei uns eingelangten, noch wenigen Schneedeckenuntersuchungen zeichnen aktuell ein etwas unscharfes Bild über die Schneedeckenstabilität. Kammnah, nordseitig konnten wir auf etwa 3000m lokal Oberflächenreif ausfindig machen (Nigg-Effekt). Ebenso auf etwa 3000m ostseitig erreichte uns eine Rückmeldung über eine oberflächennahe dünne, kantige und störanfällige Schicht, die inzwischen von frischem Triebschnee überlagert war. Südseitig auf 2600m und südostseitig auf 3000m war der Altschnee stabil. Diese Beobachtungen beziehen sich auf die Stubaier und Ötzaler Alpen.

Oberflächennah kann mancherorts Graupel bzw. überwehter Pulverschnee kurzfristig als Schwachschicht für Schneebrettlawinen dienen.

Lawinen

Die Hauptgefahr geht aktuell von kammnahen, frischen Triebschneepaketen aus. Bereits durch geringe Zusatzbelastung können WintersportlerInnen vermehrt im sehr steilen Gelände Schneebrettlawinen auslösen. Meist handelt es sich um mittelgroße Lawinen. Zusätzlich sollte beachtet werden, dass im Frühwinter das Verletzungsrisiko durch herausragende Steine – nicht nur aufgrund abgehender Lawinen – deutlich erhöht ist.

Ein Wintersportler hat soeben eine kleine Schneebrettlawine im extrem steilen, kammnahen Gelände ausgelöst. Stubaier Alpen (Foto: 16.11.2023; © Michael Reisecker)
Eine fernausgelöste Schneebrettlawine aufgrund des Nigg-Effekts in den Stubaier Alpen. (Foto: 15.11.2023; © LWD Tirol)
Noch ragen vielfach Steine aus der Schneedecke. Stubaier Alpen (Foto: 16.11.2023; © LWD Tirol)

Beachtenswert sind auch noch Gleitschneerutsche und Gleitschneelawinen, dies insbesondere in den neuschneereichen Regionen auf steilen Wiesenhängen.

Gleitschneeaktivität in den Westlichen Deferegger Alpen (Foto: 16.11.2023 © Ewald Beikircher)

Weitere Entwicklung

Das Wetter bleibt wechselhaft bei tendenziell steigenden Temperaturen. Die Hauptgefahr geht von frischen Triebschneepaketen in großen Höhen aus. Schlechte Sicht kann die Beurteilung der Lawinengefahr erschweren.

Dort wo es aktuell viel schneit, wird man während der kommenden Tage – auch aufgrund der zu erwartenden, zunehmenden Durchfeuchtung der Schneedecke – vermehrt mit Gleitschneerutschen und teilweise mittelgroßen Gleitschneelawinen rechnen müssen.

Nächste Aktualisierung des Blogs bei einer sich deutlich ändernden Lawinensituation.