Schwachschichten im Altschnee bleiben störanfällig! Tödlicher Lawinenunfall Rosskopf

Beobachtungen aus dem Gelände sowie eingegangene Meldungen über personenausgelöste Schneebrettlawinen bestätigen die derzeit gebietsweise hohe Störanfälligkeit der Schneedecke. Vor allem südlich des Inns können Lawinen stellenweise im Altschnee ausgelöst und für Wintersportler gefährlich groß werden. Gefahrenstellen sind schwer zu erkennen. Am Rosskopf in den Östlichen Tuxer Alpen ereignete sich heute Donnerstag, 26.12. ein tödlicher Lawinenunfall.

Die Lawinensituation erfordert weiterhin Zurückhaltung

Wie im letzten Blog berichtet, liegt der Neu- und Triebschnee der vergangenen Niederschläge gebietsweise auf einer geringmächtigen, schwachen Altschneedecke mit teils ausgeprägten, langlebigen Schwachschichten. Bestätigt hat sich auch die aufgrund der Schneedeckentwicklung getroffene Annahme, dass das Altschneeproblem vor allem südlich des Inns am stärksten ausgeprägt ist. Entsprechend hat sich auch das Bild der Gefahrensituation entwickelt.

Der Lawinenreport für Freitag, 27.12. zeigt über die Grenzen hinweg ein recht einheitliches Bild: In den Nordstaulagen verfestigt sich die Schneedecke zusehends. In inneralpinen Gebieten bessert sich die Situation aufgrund der Altschneeproblematik nur langsam. Im Süden liegt nur wenig Schnee – Anzahl und Größe der Gefahrenstellen sind kleiner und die Lawinengefahr entsprechend niedriger.
Der Lawinenreport für Freitag, 27.12. zeigt über die Grenzen hinweg ein recht einheitliches Bild: In den Nordstaulagen verfestigt sich die Schneedecke zusehends. In inneralpinen Gebieten bessert sich die Situation aufgrund der Altschneeproblematik nur langsam. Im Süden liegt nur wenig Schnee – Anzahl und Größe der Gefahrenstellen sind dort kleiner und die Lawinengefahr entsprechend niedriger.

Altschneeproblem in den inneralpinen Regionen. Ungünstig sind besonderes sehr steile West-, Nord- und Osthänge oberhalb etwa 2200m, Sonnenhänge sind oberhalb etwa 2400m betroffen. Letztere erfahren durch Wärme und Sonneneinstrahlung derzeit eine langsame Stabilisierung – eine Auslösung wird hier in den nächsten Tagen zunehmend unwahrscheinlicher. Da die Gefahrenstellen im Altschnee kaum oder gar nicht zu erkennen sind, hilft nur eine gründlich überlegte Routenwahl (meiden von Geländefallen und großen Steilhängen) sowie konsequentes Einhalten von Standardmaßnahmen (Abstände & Einzelabfahrten). Dadurch können die Konsequenzen eines möglichen Abgangs deutlich reduziert werden.

Am Donnerstag, 26.12 fernausgelöste Schneebrettlawine an einem Osthang auf 2850m am Tiefenbachferner in der Weißkugelgruppe. Hier ist nur wenig Neuschnee gefallen. Die nicht mehr ganz frischen Triebschneepakete lagern teils auf der aufbauend umgewandelten Altschneedecke und bleiben dort entsprechend störanfällig (©Rainer Holzknecht, 26.12.2024).
Am Donnerstag, 26.12 fernausgelöste Schneebrettlawine an einem Osthang auf 2850m am Tiefenbachferner in der Weißkugelgruppe. Hier ist nur wenig Neuschnee gefallen. Die nicht mehr ganz frischen Triebschneepakete lagern teils auf der aufbauend umgewandelten Altschneedecke und bleiben dort entsprechend störanfällig (©Rainer Holzknecht, 26.12.2024).

In den schneereicheren Gegenden im Westen und Norden haben sich Neu- und Triebschnee in den letzten beiden Tagen mit Wärme und Sonne recht gut verfestigt. Das Hauptproblem stellt hier inzwischen der Gleitschnee dar.

Hohe Gleitschneeaktivität in den östlichen Lechtaler Alpen. Gleitschneelawinen können (besonders zu dieser Jahreszeit) zu jeder Tages- und Nachtzeit abgehen (©Kristian Rath, 26.12.2024).
Hohe Gleitschneeaktivität in den östlichen Lechtaler Alpen. Gleitschneelawinen können (besonders zu dieser Jahreszeit) zu jeder Tages- und Nachtzeit abgehen (©Kristian Rath, 26.12.2024).

Dennoch, das Altschneeproblem ist auch dort noch präsent. Insbesondere im sehr steilen Gelände, an Übergangsbereichen von wenig zu viel Schnee ist ein Durchreißen in tiefere Schwachschichten im Altschnee vereinzelt noch möglich, dies v.a. oberhalb etwa 2200m.

Ansonsten ist v.a. auf störanfälligen, frischen Triebschnee in Kammlagen oder hinter Geländekanten zu achten. Ungünstiger sind hier v.a. Schattenhänge, wo sich Triebschneeansammlungen langsamer verfestigen. Diese Gefahrenstellen sind gut zu erkennen und sollten v.a. im sehr steilen Gelände gemieden werden.

Vom Alpenhauptkamm in Richtung Süden nehmen die Schneehöhen stark ab. Stürmischer Wind hat bis zum Heiligen Abend kräftig gearbeitet. Der meiste Schnee liegt in Form von harten Triebschneeablagerungen insbesondere in Rinnen und Mulden. Dort sind diese gut erkennbaren Triebschneepakete in nach Süden hin abnehmender Tendenz stellenweise auslösbar. Dies trifft v.a. für sehr steile bzw. extrem steile Schattenhänge zu. Auch die Lawinengröße nimmt nach Süden hin ab.

Triste Schneeverhältnisse am Golzentipp (2317m) in den Gailtaler Alpen. Stürmischer Tauernwind hat die Schneeoberfläche massiv bearbeitet (©Gerhard Figl, 26.12.2024).
Triste Schneeverhältnisse am Golzentipp (2317m) in den Gailtaler Alpen. Stürmischer Tauernwind hat die Schneeoberfläche massiv bearbeitet (©Gerhard Figl, 26.12.2024).

Tödlicher Lawinenunfall am Rosskopf in den Tuxer Alpen

Donnerstagmittag, 26.12. ereignete sich am Rosskopf in den Östlichen Tuxer Alpen ein Lawinenunfall, bei welchem zwei Personen ums Leben kamen. Bei der Lawine handelte es sich um eine mittelgroße Schneebrettlawine, welche an einem sehr steilen Osthang auf 2500m unterhalb des Gipfels anbrach. Eine genauere Analyse des tödlichen Unfalls erfolgt in den nächsten Tagen in einem separaten Blogeintrag.

Der Lawinenunfall ereignete sich in einem kammnahen Osthang auf 2500m, direkt unterhalb vom Rosskopf (2576m) in den östlichen Tuxer Alpen (©Openslopemap).
Der Lawinenunfall ereignete sich in einem kammnahen Osthang auf 2500m, direkt unterhalb vom Rosskopf (2576m) in den östlichen Tuxer Alpen (©Openslopemap).
Anrissbereich und Teil der Sturzbahn der Unfalllawine am Rosskopf. An der sekundären Lawine im Vordergrund erkennt man die bodennahe Lage der Schwachschicht, welche vom Neu- bzw. Triebschnee überlagert wurde (©Alpinpolizei, 26.12.2024).
Anrissbereich und Teil der Sturzbahn der Unfalllawine am Rosskopf. An der sekundären Lawine im Vordergrund erkennt man die bodennahe Lage der Schwachschicht, welche vom Neu- bzw. Triebschnee überlagert wurde (©Alpinpolizei, 26.12.2024).

Auszug weiterer Lawinenereignisse der vergangenen Tage in Bildern

In einigen der Hauptniederschlagsgebiete lösten sich mitunter zahlreiche spontane Schneebrettlawinen, wie an diesem Bild in den Süd- und Osthängen der Hohen Wand (2715m) in der Miemingergruppe (LWD Tirol, 26.12.2024).
In einigen der Hauptniederschlagsgebiete lösten sich mitunter zahlreiche spontane Schneebrettlawinen, wie an diesem Bild in den Süd- und Osthängen der Hohen Wand (2715m) in der Miemingergruppe (LWD Tirol, 26.12.2024).
Unterhalb der Hafelekar-Bergstation (in der sogenannten Diretissima) ereignete sich an einem extrem steilen Südosthang auf 2250m am Mittwoch, 25.12. ein Lawinenabgang mit Personenbeteiligung, welcher glimpflich ausging. Sieben Personen wurden von der Lawine teilweise erfasst, eine Person wurde leicht verletzt – konnte aber selbständig abfahren (©Florian Wechselberger, 25.12.2024).
Unterhalb der Hafelekar-Bergstation (in der sogenannten Diretissima) ereignete sich an einem extrem steilen Südosthang auf 2250m am Mittwoch, 25.12. ein Lawinenabgang mit Personenbeteiligung, welcher glimpflich ausging. Sieben Personen wurden von der Lawine teilweise erfasst, eine Person wurde leicht verletzt – konnte aber selbständig abfahren (©Florian Wechselberger, 25.12.2024).
Blick vom Hafelekar Richtung Diretissima: Die Schneebrettlawine löste sich innerhalb des Neuschneepakets der Vortage. Vermutlich sorgte auch die Sonneneinstrahlung in den Morgenstunden für eine bessere Brettbildung kurz bevor die WintersportlerInnen in den Hang einfuhren. Die Lawine entwickelte sich in der Sturzbahn zu einer Staublawine und legte beträchtliche Distanz zurück (©Simon Schweinester, 25.12.2024).
Blick vom Hafelekar Richtung Diretissima: Die Schneebrettlawine löste sich innerhalb des Neuschneepakets der Vortage. Vermutlich sorgte auch die Sonneneinstrahlung in den Morgenstunden für eine bessere Brettbildung kurz bevor die WintersportlerInnen in den Hang einfuhren. Die Lawine entwickelte sich in der Sturzbahn zu einer Staublawine und legte beträchtliche Distanz zurück (©Simon Schweinester, 25.12.2024).
Ebenfalls glimpflich endete der Abgang einer mittelgroßen Schneebrettlawine mit Personenbeteiligung an einem Südosthang auf 2500m in der Nähe des Hoarbergjochs in den Tuxer Alpen (©Florian Wechselberger, 25.12.2024).
Ebenfalls glimpflich endete der Abgang einer mittelgroßen Schneebrettlawine mit Personenbeteiligung an einem Südosthang auf 2500m in der Nähe des Hoarbergjochs in den Tuxer Alpen (©Florian Wechselberger, 25.12.2024).
Rechts im Bild in Magenta nochmals die Lawine am Hoarbergjoch. Im Hintergrund in Violett übrigens eine zuvor gesprengte, kleine Schneebrettlawine. Links die Schneebedeckung vor den Schneefällen am 18.12.2024.
Rechts im Bild in Magenta nochmals die Lawine am Hoarbergjoch. Im Hintergrund in Violett übrigens eine zuvor gesprengte, kleine Schneebrettlawine. Links die Schneebedeckung vor den Schneefällen am 18.12.2024.
In Bildmitte erkennt man einen recht großflächigen Anriss einer Schneebrettlawine, welche sich im sehr steilen bis extrem steilen, nach Westen exponierten Kessel unterhalb der Elmer Kreuzspitze in den Östlichen Lechtaler Alpen auf rund 2400m am 25.12. spontan löste. Auslöser war vermutlich eine Gleitschneelawine, welche die entsprechend hohe Zusatzbelastung auf die Schneedecke aufbrachte (©Martin Köck, 25.12.2024).
In Bildmitte erkennt man einen recht großflächigen Anriss einer Schneebrettlawine, welche sich im sehr steilen bis extrem steilen, nach Westen exponierten Kessel unterhalb der Elmer Kreuzspitze in den Östlichen Lechtaler Alpen auf rund 2400m am 25.12. spontan löste. Auslöser war vermutlich eine Gleitschneelawine, welche die entsprechend hohe Zusatzbelastung auf die Schneedecke aufbrachte (©Martin Köck, 25.12.2024).
Mittelgroße Schneebrettlawine an einem sehr steilen Südwesthang unterhalb des Rastkogels in den Tuxer Alpen auf rund 2660m. Auch diese Lawine wurde vermutlich durch WintersportlerInnen ausgelöst (©Daniel Geisler, 26.12.2024).
Mittelgroße Schneebrettlawine an einem sehr steilen Südwesthang unterhalb des Rastkogels in den Tuxer Alpen auf rund 2660m. Auch diese Lawine wurde vermutlich durch WintersportlerInnen ausgelöst (©Daniel Geisler, 26.12.2024).