Wetterbesserung nach den Schneefällen bis zum 22.11.2024 (© fotowebcam.eu, 22.11.2024)

Vor allem im Westen kurzfristig winterlich – Triebschnee und Gleitschnee beachten

Nach einem „goldenen Herbst“ wurde das Wetter ab dem 12.11. wechselhafter. Mit einer markanten Kaltfront und dem anschließenden Sturmtief „Renate“ fiel ab dem 20.11.2024 v.a. im Westen des Landes 30-50cm Neuschnee, lokal auch etwas mehr. Starker Höhenwind verfrachtet in der Höhe gerade viel Schnee. Beachtet frischen Triebschnee im Steilgelände. Ebenso wird während der kommenden Tage in den neuschneereichen Regionen Tirols vermehrt mit Gleitschneerutschen und -lawinen auf steilen Grashängen zu rechnen sein.

Auf den Bergen Schnee, teils stürmisch und kalt – Störanfälliger Triebschnee in der Höhe

Als sich ab dem 12.11. nach einer außergewöhnlich langen, herbstlichen Schönwetterphase das Wetter umzustellen begann, schneite es anfangs immer wieder unergiebig auf den Bergen. Erst seit Eintreffen der Kaltfront von Dienstag, den 19.11. auf Mittwoch, den 20.11. samt dem darauffolgenden Sturmtief „Renate“ kam mehr Neuschnee zusammen. Am ergiebigsten schneite es im Westen und Nordwesten Nordtirols sowie im nördlichsten Osttirol. Häufig waren es 30-50cm Neuschnee, gebietsweise auch etwas mehr. Der Schneefall wurde von sehr wechselhaftem Wind unterschiedlicher Stärke und Richtung begleitet. Dadurch bildeten sich in der Höhe umfangreiche und zudem störanfällige Triebschneepakete.

48h Neuschneemenge
48h Neuschneemenge
Winterlich wurde es u.a. am Galzig am Arlberg. Die Grafik zeigt sehr gut den aktuell turbulenten Wettercharakter.
Winterlich wurde es u.a. am Galzig am Arlberg. Die Grafik zeigt sehr gut den aktuell turbulenten Wettercharakter.
Neuerlich ein Blick auf die Wetterstation Galzig, diesmal ein längerer Zeitausschnitt, an dem man gut den "goldenen" Herbst erkennen kann.
Neuerlich ein Blick auf die Wetterstation Galzig, diesmal ein längerer Zeitausschnitt, an dem man gut den „goldenen“ Herbst erkennen kann.
Weniger Niederschlag am Patscherkofel in den Westlichen Tuxer Alpen. Markant ist v.a. der wechselhafte Wind der vergangenen Woche.
Weniger Niederschlag am Patscherkofel in den Westlichen Tuxer Alpen. Markant ist v.a. der wechselhafte Wind der vergangenen Woche.

Die Schneedecke

Die herbstlichen Schneefälle – u.a. die ergiebigen Schneefälle von Mitte September (sh. Blog) – konnten sich nur in großen Höhen halten. Eine diesbezüglich noch geschlossene Schneedecke findet man grob im schattigen Gelände oberhalb etwa 2700m-2800m sowie im hochalpinen, vergletscherten Gelände aller Hangrichtungen.

Der Schnee von Mitte September ist bis in hohe Lagen wieder abgeschmolzen. Restschnee nur in Form von Lawinenablagerungen von Mitte September. Karwendel. (© LWD Tirol, 17.10.2024)
Der Schnee von Mitte September ist bis in hohe Lagen wieder abgeschmolzen. Restschnee nur in Form von Lawinenablagerungen von Mitte September. Karwendel. (© LWD Tirol, 17.10.2024)
Blick vom Kaunertaler Gletscher Richtung Norden. Restschnee vom September und Oktober nur noch in großer Höhe. (© Martin Santeler, 11.11.2024)
Blick vom Kaunertaler Gletscher Richtung Norden. Restschnee vom September und Oktober nur noch in großer Höhe. (© Martin Santeler, 11.11.2024)
Erst die Schneefälle von Mitte November zuckerten die Berge wieder an. Blick vom Tiefenbachferner Richtung Nordosten. (© Barbara Fink, 16.11.2024)
Erst die Schneefälle von Mitte November zuckerten die Berge wieder an. Blick vom Tiefenbachferner Richtung Nordosten. (© Barbara Fink, 16.11.2024)
Bis kürzlich prägten Kunstschneebänder das Landschaftsbild in Skigebieten. Blick vom Hintertuxer Gletscher in Richtung Nordosten. (© LWD TIrol, 19.11.2024)
Bis kürzlich prägten Kunstschneebänder das Landschaftsbild in Skigebieten. Blick vom Hintertuxer Gletscher in Richtung Nordosten. (© LWD TIrol, 19.11.2024)
Vergleichsbild zu oberem Bild nach den Schneefällen vom 19.11. auf den 20.11.2024. Dieser Schnee wird rasch wieder abschmelzen. (© LWD Tirol, 20.11.2024)
Vergleichsbild zu oberem Bild nach den Schneefällen vom 19.11. auf den 20.11.2024. Dieser Schnee wird rasch wieder abschmelzen. (© LWD Tirol, 20.11.2024)
Beschneiung am Arlberg vor den letzten Schneefällen. Inzwischen ist es hier vergleichsweise am winterlichsten (© fotowebcam.eu, 17.11.2024)
Beschneiung am Arlberg vor den letzten Schneefällen. Inzwischen ist es hier vergleichsweise am winterlichsten (© fotowebcam.eu, 17.11.2024)

Schneedeckenaufbau

Einfach ist es in den angesprochenen Gebieten, wo kürzlich noch kein oder wenig Schnee lag. Dort kommt für die Auslösung frischer Triebschneepakete nur kürzlich gefallener (noch lockerer) Neuschnee, vereinzelt leicht aufbauend umgewandelter Schnee seit 12.11. als mögliche Schwachschicht von kleinen bis mittleren Schneebrettlawinen in Betracht.

Dort, wo sich der September- und Oktoberschnee halten konnte, findet man hingegen v.a. im hochalpinen Gelände bereits eine etwas komplexere Altschneedecke. Meist handelt es sich dort um eine Abfolge von härteren Schmelzkrusten und weicheren, meist kantigen Schichten. Letztere stellen mancherorts eine mögliche Schwachschicht für Schneebrettlawinen dar.

Schneeprofil am Kaunertaler Gletscher in der Glockturmgruppe auf 3045m, NW, 34°. Abfolge von härteren und weicheren Schichten. Profil vom 11.11.2024. Eine bedeutsame Schwachschicht dürfte v.a. die kantige Schicht unter der oberflächigen Schmelzkruste sein. (© Martin Santeler)
Schneeprofil am Kaunertaler Gletscher in der Glockturmgruppe auf 3045m, NW, 34°. Abfolge von härteren und weicheren Schichten. Profil vom 11.11.2024. Eine bedeutsame Schwachschicht dürfte inzwischen v.a. die kantige Schicht unter der oberflächigen Schmelzkruste sein. (© Martin Santeler)
Kleines, spontanes Schneebrett am Kaunertaler Gletscher in der Glockturmgruppe (© Martin Santeler, 17.11.2024)
Kleines, spontanes Schneebrett in Bildmitte am Kaunertaler Gletscher in der Glockturmgruppe auf 3050m im Nordsektor. Das Schneebrett löste sich nach den Schneefällen am 14.11. und zeigt die hohe Störanfälligkeit der oberflächennahen, kantigen Schicht. (© Martin Santeler, 17.11.2024)
"Krustensandwich" am Schaufelferner in den Zentralen Stubaier Alpen auf 3300m in der NW-Flanke. Frische Triebschneepakete können hier länger problematisch bleiben. (© Günter Chwojan, 19.11.2024)
„Krustensandwich“ am Schaufelferner in den Zentralen Stubaier Alpen auf 3300m in der NW-Flanke. Frische Triebschneepakete können hier länger problematisch bleiben. (© Günter Chwojan, 19.11.2024)
Am Pirchkogel in der Grießkogelgruppe auf 2780m, NO, 34° findet man eine kompakte Basis mit einer dünnen, lockeren Schneeauflage. Bei einer zusammenhängenden Schneedecke im Steilgelände handelt es sich bei dieser lockeren Schneeauflage aus filzigen und kantigen Kristallen um eine mögliche Schwachschicht für Schneebrettlawinen. (© Lukas Ruetz, 17.11.2024)
Am Pirchkogel in der Grießkogelgruppe auf 2780m, NO, 34° findet man eine kompakte Basis mit einer dünnen, lockeren Schneeauflage. Bei einer zusammenhängenden Schneedecke im Steilgelände handelt es sich bei dieser lockeren Schneeauflage aus filzigen und kantigen Kristallen um eine mögliche Schwachschicht für Schneebrettlawinen. (© Lukas Ruetz, 17.11.2024)

Wie geht es weiter?

Die Prognosen der Geosphere Austria sagen heute noch windiges und kaltes Wetter mit etwas Niederschlag v.a. im Nordwesten des Landes voraus. Ab morgen stellt sich trockenes Wetter mit beginnendem Föhneinfluss und deutlich steigenden Temperaturen ein.

Temperaturprognose für die kommenden Tage. Es wird deutlich wärmer als zuletzt (© GSA)
Temperaturprognose für die kommenden Tage. Es wird deutlich wärmer als zuletzt (© GSA)

Was bedeutet das für die Lawinengefahr?

Mit dem Temperaturanstieg wird in den neuschneereichen Gebieten kurzfristig die Gefahr von Gleitschneerutschen und -lawinen ansteigen. Frische Triebschneeansammlungen dürften ab Sonntag nur mehr dort zu beachten sein, wo vor diesen Schneefällen bereits eine zusammenhängende Schneedecke lag. (Vorsicht auch in Rinnen und Mulden mit Altschneeresten). Dies hat damit zu tun, dass die für Schneebrettlawinen bedeutsame Schwachschicht sowohl aus lockerem Neuschnee, als auch aus bereits aufbauend umgewandeltem Altschnee bestehen kann. In ersterem Fall wird sich der lockere (von Triebschnee überlagerte) Neuschnee rasch zu filzigem bzw. rundkörnigem Schnee umgewandelt haben. Deshalb gibt es dort auch keine Schwachschicht mehr.

Vorsicht hingegen weiterhin in großen Höhen: Bereits kleinere Triebschneeansammlungen im sehr steilen Gelände können mitunter sehr störanfällig sein. Meist überwiegt aktuell die Verletzungs- und Mitreißgefahr gegenüber der Verschüttungsgefahr.

Allgemein noch ein Hinweis: Häufig liegt noch zu wenig Schnee zum Skifahren. Manchmal trügt der Schein einer zusammenhängenden Schneedecke. Passt dort auch auf verborgene Steine („sharks“) unter der Schneeoberfläche auf. Diese können zu bösartigen Stürzen führen.

Die nächste Aktualisierung des Blogs erfolgt bei einer gravierenden Änderung der Lawinensituation.