Anstieg der Gefahr von trockenen Lawinen

Kalte Temperaturen, Neuschnee und Wind bestimmen die derzeitige Lawinengefahr. Besonders in Rinnen, Mulden und hinter Geländekanten finden sich frische, teils störanfällige Triebschneeansammlungen, welche bei der oft schlechten Sicht kaum zu erkennen sind. Besonders in den neuschneereichen Gebieten sind Gefahrenstellen mitunter umfangreich und Lawinen können mittlere Größe erreichen.
Die Gleitschneeproblematik ist mit dem Absinken der Temperaturen etwas in den Hintergrund geraten, dennoch sind immer noch einzelne spontane Abgänge möglich.

Winterliches Wetter bringt winterliche Lawinengefahrensituation

Kräftiges Frontensystem leitet weitere Nordstaulage ein

Seitdem die Temperaturen in der Nacht auf Dienstag, 09.04. deutlich zurückgegangen sind, hat es bei einer Schneefallgrenze von rund 1000m und darunter etwas geschneit. Am meisten Neuschnee fiel dabei im Westen und Norden Nordtirols. Inneralpin ist weniger Neuschnee gefallen, als von uns erwartet wurde.

Der Wind blies vor allem in exponierten Lagen oft über Verfrachtungsstärke und es bildeten sich frische Triebschneeansammlungen. Gleichzeitig hat sich die oft nasse und somit schwache Schneedecke, wie sie bis zum vergangenen Wochenende angetroffen werden konnte, wieder gut verfestigt. Zum Teil bis ins Hochgebirge findet sich derzeit unter dem Neu- und Triebschnee ein tragfähiger, dicker Schmelzharschdeckel.

In der Nacht auf Dienstag, 16.04. sind die Temperaturen um mehr als 10 Grad gefallen und haben der hohen Nassschneeaktivität der Tage zuvor ein Ende gesetzt. In den Tagen danach bildete sich an der Schneeoberfläche eine zunehmend dicke Kruste, auf welcher nun etwas Neuschnee abgelagert wurde.
In der Nacht auf Dienstag, 16.04. sind die Temperaturen um mehr als 10 Grad gefallen und haben der hohen Nassschneeaktivität der Tage zuvor ein Ende gesetzt. In den Tagen danach bildete sich an der Schneeoberfläche eine zunehmend dicke Kruste, auf welcher nun etwas Neuschnee abgelagert wurde.
Niederschlagsverteilung seit Dienstag, 16.04.: In den Nordstaulagen vom Arlberg bis ins Karwendel wurde am meisten Niederschlag verzeichnet. Die Schneefallgrenze lag dabei stets in tiefen oder mittleren Lagen.
Niederschlagsverteilung seit Dienstag, 16.04.: In den Nordstaulagen vom Arlberg bis ins Karwendel wurde am meisten Niederschlag verzeichnet. Die Schneefallgrenze lag dabei stets in tiefen oder mittleren Lagen.

Am Freitag, 19.04. erreicht uns ein weiteres Frontensystem aus Nord, welches nach einem trockenen Tagesanfang ab dem späten Nachmittag/Abend für neuerlich einsetzenden Niederschlag sorgen wird. Länger anhaltende, ergiebige Schneefälle sind besonders vom Arlberg bis ins Karwendel zu erwarten. Bis Samstagabend ist verbreitet mit 20 bis 40 cm Neuschnee zu rechnen. In den Staulagen sind auch 50 cm und mehr möglich. Der Wind nimmt dabei an Stärke zu und verfrachtet den Neuschnee intensiv.

48h- Neuschneesumme (inkl. Setzung) von Freitag, 19.04. und Samstag, 20.04. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass - abweichend dieser prognostizierten Verteilung - die Nordstaulagen am meisten Neuschnee abbekommen werden.
48h- Neuschneesumme (inkl. Setzung) von Freitag, 19.04. und Samstag, 20.04. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass – abweichend dieser prognostizierten Verteilung – die Nordstaulagen am meisten Neuschnee abbekommen werden.
In den Lechtaler Alpen beginnt es bereits am Nachmittag zu schneien. Die Hauptintensität wird noch in der ersten Nachthälfte erwartet. Der Wind (schwarze Linie) legt deutlich an Stärke zu.
In den Lechtaler Alpen beginnt es bereits am Nachmittag zu schneien. Die Hauptintensität wird noch in der ersten Nachthälfte erwartet. Der Wind (schwarze Linie) legt deutlich an Stärke zu.
Prognostizierter Mittelwind in 3000m Höhe: Der Wind weht am Freitagabend zunächst stark bis stürmisch aus westlichen Richtungen, dreht bis Samstag vermehrt auf Nord und lässt an Stärke etwas nach.
Prognostizierter Mittelwind in 3000m Höhe: Der Wind weht am Freitagabend zunächst stark bis stürmisch aus westlichen Richtungen, dreht bis Samstag vermehrt auf Nord und lässt an Stärke etwas nach.

Frischer Triebschnee bildet die Hauptgefahr

Das winterliche Wetter spiegelt sich auch in der Lawinengefahrensituation wider: Das Nassschneeproblem, welches die Gefahrensituation bis zum Montag, 15.04. dominiert hatte ist (vorerst) Vergangenheit. Der oft bis zum Boden hin nasse/ feuchte Altschnee liegt nun unter einer dicken Kruste, welche nicht mehr zu stören ist.

Was bleibt, sind frische Triebschneeansammlungen, welche sich in den vergangenen Tagen mit mäßigem Wind gebildet haben und die ab Freitagnachmittag mit teils ergiebigem Neuschnee und starkem Wind in Größe und Anzahl zunehmen werden. Vor allem in den Gebieten mit viel Neuschnee wird am Freitagabend Gefahrenstufe 3, Erheblich erreicht werden. Lawinen können mittlere Größe erreichen und für WintersportlerInnen entsprechend gefährlich werden! Als Schwachschichten kommen lockerer Neuschnee oder aber Graupel in Frage. Gefahrenstellen liegen v.a. in sehr steilen Rinnen, Mulden sowie hinter Geländekanten oberhalb von rund 2000m. Bei der schlechten Sicht sind diese schwierig zu erkennen.

Die Gleitschneelawinenaktivität hat in den vergangenen Tagen deutlich abgenommen. Einzelne Lawinen wurden uns jedoch weiterhin rückgemeldet. Auch wenn die Gefahr nicht mehr hoch erscheint und wenig Aktivität auszumachen ist, macht es Sinn, auf Gleitschneerisse zu achten und Gefahrenbereiche möglichst zu meiden.

Sehr hohe Gleitschneeaktivität war in den vergangenen beiden Wochen zu beobachten. Seit der Abkühlung ist auch die Gleitaktivität spürbar weniger geworden (Foto: 13.04.2024, ©Markus Lorenz).
Sehr hohe Gleitschneeaktivität war in den vergangenen beiden Wochen zu beobachten. Seit der Abkühlung ist auch die Gleitaktivität spürbar weniger geworden (Foto: 13.04.2024, ©Markus Lorenz).

Ab Sonntag langsame Wetterbesserung, aber weiterhin kühl

Am Sonntag, 21.04. soll sich das Wetter wieder etwas bessern. Der Wind lässt nach, Auflockerungen sind möglich. Bei Sonneneinstrahlung bzw. mit diffuser Strahlung sind zahlreiche spontane kleine und mittlere Lockerschneelawinen aus felsdurchsetztem Steilgelände zu erwarten. Gleichzeitig hilft die Einstrahlung, dass sich Triebschneeansammlungen (zumindest an Sonnenhängen) recht rasch setzen und verfestigen werden. An sehr steilen Schattenhängen bleiben sie etwas länger störanfällig.

Die Wetterbesserung setzt sich auch zu Beginn nächster Woche fort. Ein leicht wechselhaftes Wetter mit Sonne und Wolken steht uns bevor. Die Temperaturen klettern gemächlich wieder nach oben, es bleibt aber kühl.

Rückblick der vergangenen Woche in Bildern

Vor allem unterhalb 2400m haben die außergewöhnlich warmen Temperaturen in den vergangenen zwei Wochen für einen deutlichen Rückgang der Schneehöhe gesorgt. Besonders augenscheinlich wurde dies an Sonnenhängen. Im Bild die Daten der automatischen Wetterstation 'Goldried Kessel' in der Granatspitzgruppe in Osttirol.
Vor allem unterhalb 2400m haben die außergewöhnlich warmen Temperaturen in den vergangenen zwei Wochen für einen deutlichen Rückgang der Schneehöhe gesorgt. Im Bild die Daten der automatischen Wetterstation ‚Goldried Kessel‘ in der Granatspitzgruppe in Osttirol.
Während die Schneehöhe (magenta, oben) bei unserem Beobachter in Obergurgl Anfang März im Vergleich zum Mittel der vergangenen 60+ Jahre (blau) noch überdurchschnittlich war, schmolz diese bis Mitte April vollends ab. Unten die gemessenen Temperaturen (rot) im Vergleich zum Mittel (blau).
Während die Schneehöhe (magenta, oben) bei unserem Beobachter in Obergurgl Anfang März im Vergleich zum Mittel der vergangenen 60+ Jahre (blau) noch überdurchschnittlich war, schmolz diese bis Mitte April vollends ab. Unten die gemessenen Temperaturen (rot) im Vergleich zum Mittel (blau).
Die Rücken im Hintergrund des Skitourengehers sind abgeblasen. Zum Vorschein kommt der Saharastaub, welcher dort am 09.04. mit Niederschlag abgelagert wurde. Kleiner Kaserer (Foto: 12.04.2024, ©Barbara Fink).
Die Rücken im Hintergrund des Skitourengehers sind abgeblasen. Zum Vorschein kommt der Saharastaub, welcher dort am 01.04. sowie am 09.04. mit Niederschlag abgelagert wurde. Kleiner Kaserer (Foto: 12.04.2024, ©Barbara Fink).
Auch in dieser Schneeformation lässt sich der eingelagerte Saharastaub erspähen (Foto: 12.04.2024, ©LWD Tirol).
Auch in dieser Schneeformation lässt sich der eingelagerte Saharastaub gut erkennen (Foto: 12.04.2024, ©LWD Tirol).
In sogenannten Schmelzkanälen erfolgt während Phasen intensiver Schneeschmelze ein kanalisierter Wasserfluss von der Schneeoberfläche hin zum Boden. Wird es wieder kälter gefriert das Wasser naturgemäß und hinterlässt Eissäulen im Schnee (Foto: 11.04.2024, ©LWD Tirol).
In sogenannten Schmelzkanälen erfolgt während Phasen intensiver Schneeschmelze ein kanalisierter Wasserabfluss von der Schneeoberfläche hin zum Boden. Wird es wieder kälter, gefriert das Wasser naturgemäß und hinterlässt Eissäulen im Schnee (Foto: 11.04.2024, ©LWD Tirol).
Mit den warmen Temperaturen verlor die Schneedecke an Festigkeit. Besonders zahlreich konnten während dieser Zeit nasse Lockerschneelawinen beobachtet werden. Kühtai (Foto: 13.04.2024, ©LWD Tirol).
Mit den warmen Temperaturen verlor die Schneedecke an Festigkeit. Besonders zahlreich konnten während dieser sommerlichen Tage nasse Lockerschneelawinen aus extrem steilen Hängen beobachtet werden. Kühtai (Foto: 13.04.2024, ©LWD Tirol).
Bie gutem Timing konnten v.a. am Freitag, 12.04. und Samstag,13.04. auf den Bergen teils sehr gute Bedingungen angetroffen werden (Foto: 13.04.2024, ©LWD Tirol).
Bie gutem Timing konnten v.a. am Freitag, 12.04. und Samstag,13.04. auf den Bergen teils sehr gute Bedingungen angetroffen werden (Foto: 13.04.2024, ©LWD Tirol).
Gleichzeitig schwächten die hohen Temperaturen und die Sonneneinstrahlung die Schneedecke im Tagesverlauf. Teilweise lösten sich große spontane Lawinen, welche wie hier im Kaunertal auch bis ins Grüne vorstießen (Foto: 13.04.2024, ©Reinhold Plankensteiner).
Gleichzeitig schwächten die hohen Temperaturen und die Sonneneinstrahlung die Schneedecke im Tagesverlauf. Teilweise lösten sich große spontane Lawinen, welche wie hier im Kaunertal auch bis ins Grüne vorstießen (Foto: 13.04.2024, ©Reinhold Plankensteiner).
Als ein besonders lawinenaktiver Tag zeigte sich der Montag, 15.04. Es regnete bis auf rund 2800m, gleichzeitig war die Luft sehr feucht und der Wärmeeintrag in die Schneedecke hoch. Im Bild eine große bis sehr große, spontane nasse Schneebrettlawine im Jamtal, angebrochen an einem Nordwesthang auf rund 2500m (Foto: 15.04.2024, ©Otmar Hauser).
Als ein besonders lawinenaktiver Tag zeigte sich der Montag, 15.04. Es regnete bis auf rund 2800m, gleichzeitig war die Luft sehr feucht und auch diffuse Strahlung war ein Thema: der Wärmeeintrag in die Schneedecke war entsprechend hoch. Im Bild eine große bis sehr große, spontane nasse Schneebrettlawine im Jamtal, angebrochen an einem Nordwesthang auf rund 2500m (Foto: 15.04.2024, ©Otmar Hauser).
Spontane, große nasse Schneebrettlawine vom 15.04. an einem Nordhang auf ca. 2300m im Defereggental (Foto: 16.04.2024, ©Mark Kleinlercher).
Spontane, große nasse Schneebrettlawine vom 15.04. an einem Nordhang auf ca. 2300m im Defereggental (Foto: 16.04.2024, ©Mark Kleinlercher).
Ablagerung einer großen nassen, spontanen Schneebrettlawine, welche am 15.04. am Kerleskopf im Bereich des Staller Sattels an einem Nordhang auf ca. 2500m angebrochen war (Foto: 16.04.2024, ©Mark Kleinlercher).
Ablagerung einer großen nassen, spontanen Schneebrettlawine, welche am 15.04. am Kerleskopf im Bereich des Staller Sattels an einem Nordhang auf ca. 2500m angebrochen war (Foto: 16.04.2024, ©Mark Kleinlercher).
Der Winter ist auch in Obertilliach wieder bis ins Tal zurückgekehrt (Foto: 17.04.2024, ©Hansjörg Schneider).
Der Winter ist auch in Obertilliach wieder bis ins Tal zurückgekehrt (Foto: 17.04.2024, ©Hansjörg Schneider).