Verbreitet geringe Lawinengefahr – allgemein noch wenig Schnee

Die Lawinensituation in Tirol ist günstig, die Verhältnisse für Touren sind aber aufgrund von Schneemangel noch sehr bescheiden. Zumindest bis Ende nächster Woche bleibt Hochdruckeinfluss wetterbestimmend, sodass sich an dieser Konstellation nur wenig ändert. Es bleibt für die Jahreszeit zu mild, trocken und sonnig.

Nur mehr wenige Gefahrenstellen für Lawinenauslösungen

Zusammenfassend haben wir es in Hinblick auf Lawinen aktuell mit zwei – der Gefahrenstufe 1 entsprechend nur schwach ausgeprägten – Problemen zu tun: (1) kleine Gleitschneelawinen aus steilen Grashängen können sich vereinzelt spontan lösen, (2) an extrem steilen Schattenhängen in der Höhe können in Rinnen und Mulden sehr vereinzelt noch kleine Schneebrettlawinen ausgelöst werden.

Wichtig in diesem Zusammenhang: Geringe Lawinengefahr bedeutet nicht keine Lawinengefahr. Die Gefahrenstellen sind bei Gefahrenstufe 1 zuallermeist selten und oft nur mehr im extremen Steilgelände (>40°) anzutreffen. In diesem extremen Steilgelände herrscht aber gleichzeitig meist auch Absturzgefahr – und eine kleine Lawine, welche in anderem Gelände unproblematisch wäre, kann hier fatal sein.

Vor allem im Nordwesten Tirols wurde der Oberflächenreif welcher sich vergangene Woche an der Schneeoberfläche ausgebildet hatte, in der Nacht auf Freitag, 5.12. bei windschwachem Niederschlag eingeschneit und nochmals von den Schneefällen vergangenen Montag, 8.12. überlagert. Dieser kann bei Stabilitätstests vereinzelt noch angesprochen werden, hat sich aber in der Zwischenzeit Großteils verfestigt (©Walter Schmid, 10.12.2025).
Vor allem in Nordtirol wurde der Oberflächenreif welcher sich vergangene Woche an der Schneeoberfläche ausgebildet hatte, in der Nacht auf Freitag, 5.12. bei windschwachem Niederschlag eingeschneit und nochmals von den Schneefällen vergangenen Montag, 8.12. überlagert. Dieser kann bei Stabilitätstests vereinzelt noch angesprochen werden (©Walter Schmid, 10.12.2025).
Vereinzelt können an steilen Grashängen noch kleine Gleitschneelawinen abrutschen. Hier am Widdersberg in den Kalkkögeln (© Barbara Fink, 11.12.2025).
Vereinzelt können an steilen Grashängen noch kleine Gleitschneelawinen abrutschen. Hier am Widdersberg in den Kalkkögeln (© Barbara Fink, 11.12.2025).

Generell rücken aktuell andere Gefahren in den Vordergrund: Weil noch herzlich wenig Schnee liegt, ist dies beim Skifahren oder Snowboarden abseits der Pisten die Gefahr von Stein- bzw. Bodenkontakt und infolgedessen Sturz. Auch sorgt die Regenkruste vom Montag bis zumindest 2600m hinauf für oft feinsten „Haxenbrecher“- Bruchharsch. Tendenziell am besten könnten skifahrerisch noch steile Sonnenhänge sein (sofern noch Schnee liegt), wo der Schmelzharschdeckel trägt und je nach Höhenlage im Tagesverlauf auffirnen kann.

Weiterhin für die Jahreszeit unterdurchschnittliche Schneehöhen auf Tirols Bergen.
Weiterhin für die Jahreszeit unterdurchschnittliche Schneehöhen auf Tirols Bergen.

Ausblick: Stabiles Hochdruckwetter – keine Änderung der Lawinensituation

Die schwache Kaltfront, welche heute Donnerstag, 11.12. v.a. nördlich des Hauptkamms für einen etwas trüben Wettercharakter gesorgt hat, ist morgen Freitag wieder passé. Stabiles Hochdruckwetter mit milden Temperaturen, viel Sonnenschein und wenig Wind begleitet uns über das Wochenende hinweg. Damit gibt’s kaum Änderung der Lawinengefahr, diese bleibt verbreitet gering. Gefahrenstellen mit Hinblick auf trockene Lawinen werden weniger, steile Südhänge apern immer mehr aus.

Temperaturprognose für Obergurgl (2019m): In den nächsten Tagen begleiten uns weiterhin recht milde Temperaturen. Die Frostgrenze liegt tagsüber stets in hohen Lagen (©Meteoblue).
Temperaturprognose für Obergurgl (2019m): In den nächsten Tagen begleiten uns weiterhin recht milde Temperaturen. Die Frostgrenze liegt tagsüber stets in hohen Lagen (©Meteoblue).
Die akkumulierte Neuschneesumme für die Tuxer Alpen: bis Ende nächster Woche kein Schnee in Sicht (© GeoSphere Austria).
Die akkumulierte Neuschneesumme für die Tuxer Alpen: bis Ende nächster Woche kein Schnee in Sicht (© GeoSphere Austria).

Rückblick auf die vergangene Woche

Kunstschnee- Schneebrett am Leppleskofel

Einen kurzen Exkurs wert ist eine spontane Schneebrettlawine, welche am vergangenen Samstag, 06. Dezember am Leppleskofel, im Skizentrum St. Jakob in Defereggen abgegangen ist.

Bei der Örtlichkeit handelt es sich um einen Teil der regulären Piste Nr. 11, einem nach Nordwest orientierten Steilhang mit etwa 30 bis 35 Grad auf 2550 m Höhe. Sowohl die Liftanlage auf den Leppleskofel, als auch die Piste waren zum Zeitpunkt des Lawinenabgangs nicht geöffnet. Auch waren keine Personen am Lawinenabgang beteiligt, einzig eine Schneekanone wurde von den Schneemassen erfasst, mitgerissen und beschädigt.

Interessant ist vor allem die Kombination von Schneebrett und Schwachschicht, welche zum Lawinenabgang führte. Das Schneebrett bestand vorwiegend aus Kunstschnee. In den Stunden und Tagen vor dem Abgang wurde dieser Bereich intensiv beschneit. Bodennah lagerte hingegen ein schwaches Fundament aus großen kantigen Kristallen, welches die Schwachschicht darstellte. Diese Schwachschicht entwickelte sich im Frühwinter, als die damals noch geringe (Natur-)Schneeauflage bei Hochdruckwetter aufbauend umgewandelt wurde. Die Beschneiung wurde aufgrund der hohen Temperaturen rund eine Stunde vor dem Abgang eingestellt. Auch hat in der Zwischenzeit eine Person den Hang bereits befahren, ohne das Schneebrett auszulösen.

Übersichtsbild der mittelgroßen Schneebrettlawine am Leppleskofel (© Roland Kendlbacher, 06.12.2025).
Übersichtsbild der mittelgroßen Schneebrettlawine am Leppleskofel (© Roland Kendlbacher, 06.12.2025).
Anrissbereich der Lawine. Die Anrissmächtigkeit betrug bis zu 1,5m (©Mark Kleinlercher, 06.12.2025).
Anrissbereich der Lawine. Die Anrissmächtigkeit betrug bis zu 1,5m (©Mark Kleinlercher, 06.12.2025).
Eine Schneekanone wurde von den Schneemassen mitgerissen und beschädigt. Der produzierte Kunstschnee war aufgrund der milden Temperaturen recht warm. Entsprechend war auch die Lawinenablagerung feucht-nass (©Mark Kleinlercher, 06.12.2025).
Eine Schneekanone wurde von den Schneemassen mitgerissen und beschädigt. Der produzierte Kunstschnee war aufgrund der milden Temperaturen recht warm. Entsprechend war auch die Lawinenablagerung feucht-nass (©Mark Kleinlercher, 06.12.2025).

Regen bis in hohe Lagen führte zu kurzzeitig hoher spontaner Lawinenaktivität

Die Warmfront, welche von Sonntagnachmittag, 7.12. bis Montagmittag, 8.12. übers Land zog, brachte im Norden und Westen Nordtirols zwischen 20 und 40 mm, südlich des Inns und in den Hohen Tauern zwischen 10 bis 20mm. Markant war der Anstieg der Schneefallgrenze. Montagvormittag regnete es bis auf 2600m hinauf. Mit feucht-warmer Luft bildete sich gebietsweise bis über 3000m hinauf ein dünner Schmelzharschdeckel an der Schneeoberfläche.

Mit der Erwärmung sowie insbesondere dem Regeneintrag kam es zu zahlreichen spontanen nassen Lockerschneelawinen, welche vor allem an Schattenhängen die weiche, aufgebaute Schneedecke bis zum Boden hin mitrissen und teils mittlere Größe erreichten. Auch meist oberflächennahe Schneebrettlawinen (nicht selten auf Oberflächenreif abgegangen) konnten beobachtet werden. Zudem nahm auch die Gleitschneeaktivität auf steilen Grashängen vorübergehend zu.

Am meisten Niederschlag gab es westlich und nördlich des Inns sowie im Kaisergebirge (©GeoSphere Austria).
Am meisten Niederschlag gab es westlich und nördlich des Inns sowie im Kaisergebirge (©GeoSphere Austria).
Mit der Warmfront stiegen die Temperaturen deutlich an, auch teils starker Westwind begleitete das Niederschlagsereignis.
Mit der Warmfront stiegen die Temperaturen deutlich an, auch teils starker Westwind begleitete das Niederschlagsereignis.
Anstieg der trocknen Schneefallgrenze in der Weißkugelgruppe.
Anstieg der trocknen Schneefallgrenze in der Weißkugelgruppe.
Mit dem Regeneintrag lösten sich zahlreiche spontane Lockerschneelawinen, zum Teil auch oberflächennahe Schneebrettlawinen aus sehr steilem bis extrem steilen Gelände (©LWD Tirol, 09.12.2025).
Mit dem Regeneintrag lösten sich zahlreiche spontane Lockerschneelawinen, zum Teil auch oberflächennahe Schneebrettlawinen aus sehr steilem bis extrem steilem Gelände (©LWD Tirol, 09.12.2025).
Eine nasse Lockerschneelawine, welche sich im felsdurchsetzten Steilgelände löste, riss hier bis zum Boden durch und löste in der Folge noch ein kleines Schneebrett aus (©Tobias Holzknecht, 08.12.2025).
Eine nasse Lockerschneelawine, welche sich im felsdurchsetzten Steilgelände löste, riss hier bis zum Boden durch und löste in der Folge noch ein kleines Schneebrett aus (©Tobias Holzknecht, 08.12.2025).
Zeichen markanten Regeneintrags in die Schneedecke in den Kitzbüheler Alpen (©Marvin Raaijmakers, 08.12.2025).
Zeichen markanten Regeneintrags in die Schneedecke in den Kitzbüheler Alpen (©Marvin Raaijmakers, 08.12.2025).
Lockerschneelawinen rissen in ihrer Sturzbahn oft die gesamte schwache Schneedecke mit und erreichten dadurch im Auslauf mitunter beachtliche Ausmaße. Peischelspitze, Lechtaler Alpen (©Adi Kerber, 08.12.2025).
Lockerschneelawinen rissen in ihrer Sturzbahn oft die gesamte schwache Schneedecke mit und erreichten dadurch im Auslauf mitunter beachtliche Ausmaße. Peischelspitze, Lechtaler Alpen (©Adi Kerber, 08.12.2025).
Auch die Aktivität von Gleitschneelawinen nahm mit dem Regen vorübergehend wieder deutlich zu. In der Zwischenzeit ist die Gleitaktivität wieder deutlich zurückgegangen. Stillupptal, Nördliche Zillertaler Alpen (©Thomas Eder, 08.12.2025).
Auch die Aktivität von Gleitschneelawinen nahm mit dem Regen vorübergehend wieder deutlich zu. In der Zwischenzeit ist die Gleitaktivität wieder deutlich zurückgegangen. Stillupptal, Nördliche Zillertaler Alpen (©Thomas Eder, 08.12.2025).