Nassschnee bleibt die Hauptgefahr – Wetterumschwung am Wochenende

Die Hauptgefahr im Hinblick auf Lawinen geht der Jahreszeit entsprechend vom Nassschneeproblem aus. Mit der nächtlichen Abstrahlung und Verfestigung sowie dem tageszeitlichen Aufweichen der Schneedecke durch Sonne und Wärme unterliegt die Gefahr einem tageszeitlichen Gang. In den kommenden Tagen wird die Luft sukzessive feuchter und labiler, was besonders an Schattenhängen oberhalb rund 2600m zu einer weiteren Durchnässung der Schneedecke führt. In der Nacht auf Montag erreicht uns eine Kaltfront, die Temperaturen fallen und mit Niederschlag kommt auf den Bergen etwas Neuschnee hinzu.

Abseits vom Hauptkamm nur mehr wenig Schnee – tageszeitlicher Gang der Lawinengefahr

Nach einem allgemein recht schneearmen Winter ist kaum verwunderlich, dass sich die Schneedecke bereits recht weit auf die Berge zurückgezogen hat. Die vergangenen sehr milden und sonnigen Tage haben der Schneebedeckung zusätzlich zugesetzt. So sind Sonnenhänge – mit regionalen Unterschieden – oft bereits bis gegen 2600m hinauf weitgehend aper. An Schattenhängen kann eine geschlossene Schneedecke auch in den schneereicheren Regionen erst ab etwa 2200m angetroffen werden.

Blick in Richtung Schrankogel (3497m) in den Stubaier Alpen. Vor einem Jahr (links) lag auf den Bergen noch deutlich mehr Schnee als heuer (rechts; ©foto-webcam.eu).
Blick in Richtung Schrankogel (3497m) in den Stubaier Alpen. Vor einem Jahr (links) lag auf den Bergen noch deutlich mehr Schnee als heuer (rechts; ©foto-webcam.eu).
Schneehöhenverlauf an der Beobachterstation Nordkette auf 1905m für den Winter 2024/25 (blaue Linie). Die graue Linie zeigt das langjährige Mittel (seit 1973), der graue Bereich die Schwankungsbreite der Werte für den jeweiligen Tag.
Schneehöhenverlauf an der Beobachterstation Nordkette auf 1905m für den Winter 2024/25 (blaue Linie). Die graue Linie zeigt das langjährige Mittel (seit 1973), der graue Bereich die Schwankungsbreite der Werte für den jeweiligen Tag.
Auf Skitouren müssen vielfach Tragepassagen in Kauf genommen werden. Jamtal (©LWD Tirol, 26.04.2025).
Auf Skitouren müssen mittlerweile meist Tragepassagen in Kauf genommen werden. Jamtal (©LWD Tirol, 26.04.2025).

In größeren Höhen unterlag die Schneedecke in den vergangenen Tagen dem für das Frühjahr typischen Zyklus: In den meist klaren Nächten mit guter Wärmeabstrahlung der Schneedecke bildete sich ein (zumindest oberhalb 2400m) tragfähiger Schmelzharschdeckel. Sonne und warme Temperaturen führten im Tagesverlauf in Abhängigkeit der Exposition zu einem Aufweichen dieser Kruste und einer weiteren Durchnässung der Schneedecke. Die Folge war ein entsprechender Tagesgang der Gefahr von Nassschneelawinen.

Wetterentwicklung der vergangenen Woche am Rosskar in der Gurgler Gruppe. Die Temperaturen erreichten am Standort der Station auf rund 2700m tagsüber knappe 10°C. Die Schneeoberfläche war tagsüber nass, die Schneehöhe ging deutlich zurück.
Wetterentwicklung der vergangenen Woche am Rosskar in der Gurgler Gruppe. Die Temperaturen erreichten am Standort der Station auf rund 2700m tagsüber knappe 10°C. Die Schneehöhe ging deutlich zurück.
In klaren Nächten konnte die Schneedecke in den letzten Tagen gut Wärme abgeben und es bildete sich zumindest in großen Höhen ein tragender Schmelzharschdeckel aus. In manchen Gebieten – wie hier im Gschnitztal – ist aber die Schneebedeckung oft so mager, dass vernünftige Touren schon am Schneemangel scheitern (©foto-webcam.eu, 01.05.2025).
In klaren Nächten konnte die Schneedecke in den letzten Tagen gut Wärme abgeben und es bildete sich zumindest in großen Höhen ein tragender Schmelzharschdeckel aus. In manchen Gebieten – wie hier im Gschnitztal – ist aber die Schneebedeckung oft so mager, dass vernünftige Touren schon am Schneemangel scheitern (©foto-webcam.eu, 01.05.2025).
In Gebieten mit genügender Schneebedeckung und bei guter Zeiteinteilung konnten gute Firnbedingungen angetroffen werden. Botzer, Stubaier Alpen (©LWD Tirol, 29.04.2025).
In Gebieten mit genügender Schneebedeckung und bei guter Zeiteinteilung konnten gute Firnbedingungen angetroffen werden. Botzer, Stubaier Alpen (©LWD Tirol, 29.04.2025).

Am Wochenende zusehends unbeständiger – die Gefahr von Nassschneelawinen steigt an

Die Nacht auf Samstag, 03.05. soll geringbewölkt verlaufen und der Rhythmus der vergangenen Tage wiederholt sich somit noch einmal. Am Samstag selbst jedoch mischen schon deutlich mehr Wolken im Wettergeschehen mit, einzelne Schauer sind möglich. Zudem trägt auch etwas Saharastaub zum diesig-trüben Charakter der Luft sowie zur verstärkten Wolkenbildung bei.

Auf Sonntag, 04.05. ist die Abstrahlung in der Nacht bereits eingeschränkt. Mit feucht-labiler und weiterhin warmer Luft schreitet die Durchnässung der Schneedecke weiter voran. Interessant ist dies besonders mit Hinblick auf Schattenhänge oberhalb 2600 bis 2800m, wo die Schneedecke noch nicht Nullgrad-isotherm ist. Vor allem die angekündigten teils kräftigen konvektiven Niederschläge, welche bis gegen 3000m hinauf wohl in Form von Regen fallen werden, können hier zu einer erstmaligen Durchnässung der Schneedecke führen. Die Auslösewahrscheinlichkeit von nassen Schneebrett- und Lockerschneelawinen steigt damit an. Lawinen können dabei die durchnässte Schneedecke in der Sturzbahn mitreißen und vereinzelt groß werden.

Aktuell ist die Schneedecke an Schattenhängen oberhalb rund 2600m bis 2800m zumindest noch teilweise trocken. Das Schneeprofil an einem Nordhang auf 3100m zeigt noch gute Temperaturreserven. Mit feucht-warmer Witterung und gebietsweise Regen wird die Schneedecke v.a. in diesen Höhenlagen geschwächt.
Das Schneeprofil an einem Nordhang auf 3100m in den Stubaier Alpen zeigt noch gute Temperaturreserven. Aktuell ist die Schneedecke an Schattenhängen oberhalb rund 2600m bis 2800m zumindest noch teilweise trocken. Mit feucht-warmer Witterung und gebietsweise Regen wird die Schneedecke v.a. in diesen Höhenlagen geschwächt.
Auch nasse Schneebrettlawinen sind dann möglich. Im Bild eine nasse Schneebrettlawine, welche durch den Impuls einer Lockerschneelawine an einem extrem steilen Osthang auf 3200m am Stubaier Gleitscher (©Franz Josef Tanzer, 30.04.2025).
Auch nasse Schneebrettlawinen werden mit der zunehmenden Durchnässung am Sonntag, 04.05. wahrscheinlicher. Im Bild eine nasse Schneebrettlawine, welche durch den Impuls einer Lockerschneelawine an einem extrem steilen Osthang auf 3200m am Stubaier Gletscher ausgelöst wurde (©Franz Josef Tanzer, 30.04.2025).

In der neuen Woche kühl und unbeständig – Schnee in großen Höhen

Voraussichtlich am Sonntagabend, 04.05. erreicht uns dann eine Kaltfront, welche deutlich kühlere Temperaturen mit sich bringt. Die Schneefallgrenze sinkt sukzessive und fällt bis unter die Waldgrenze herab. Bis Ende der Woche bleibt es voraussichtlich wechselhaft und kühl. Auf den Bergen kommt etwas Neuschnee hinzu. Neuschneemengen können aufgrund des konvektiven Charakters und der Schneefallgrenze lokal stark variieren.

Bis Mittwochvormittag ist auf den Bergen etwas Neuschnee prognostiziert. Besonders entlang des Alpenhauptkammes können oberhalb etwa 2500m 15 bis 30cm Neuschnee fallen.
Bis Mittwochvormittag ist auf den Bergen etwas Neuschnee prognostiziert. Besonders entlang des Alpenhauptkammes können oberhalb etwa 2500m 15 bis 30cm Neuschnee fallen.

Mit Hinblick auf die Lawinengefahr bedeutet das, dass mit der Abkühlung die Gefahr von Nassschneelawinen zurückgehen wird. Dort wo es lokal mehr schneit, sollte in großen Höhen vor allem in Kammnähe auf frischen Triebschnee geachtet werden. Zudem sind bei größeren Aufhellungen nach Schneefällen kleine Lockerschneelawinen aus extrem steilen Hängen wahrscheinlich. Die Situation kann sich im Frühjahr oft schnell ändern – die Lawinengefahr muss deshalb vor Ort besonders gründlich beurteilt werden.


Mit dem Ende unseres täglichen Lawinenreports für die Wintersaison 2024/2025 möchten wir uns herzlich bei allen bedanken, die uns im Laufe der Saison über SNOBS wertvolle Rückmeldungen aus dem Gelände übermittelt haben.

Ein ganz besonderer Dank gilt unseren engagierten Beobachterinnen und Beobachtern, die während der gesamten Saison fleißig Schneeprofile erstellt, die Lawinensituation beobachtet und uns regelmäßig mit Informationen versorgt haben. Sie sind das Fundament unserer Arbeit, Danke!

Aktuelle Informationen zur Schnee- und Lawinenlage veröffentlichen wir bis zum Start der nächsten Saison weiterhin im Blog – insbesondere bei größeren Veränderungen der Situation.