Die vergangene Woche war von wechselhaftem Aprilwetter und anfangs gebietsweise erheblicher, dann mäßiger und geringer Lawinengefahr geprägt. Nassschnee und Triebschnee waren die vorherrschenden Lawinenprobleme. Es wurden uns zwei Lawinenunfälle mit Personenbeteiligung gemeldet: Am 20.04. wurden zwei Personen unterhalb der Liebenerspitze in der Gurgler Gruppe von einer Schneebrettlawine erfasst. Am 19.04. aperte eine, vermutlich am 30.01. verschüttete Person im Nahbereich der Arzler Scharte aus. An der Lawinensituation wird sich vorerst wenig ändern. Das Hauptaugenmerk muss auf die Durchfeuchtung der Schneedecke in großen Höhen gerichtet werden.
Hochalpin am Alpenhauptkamm noch winterlich, sonst kehrt der Frühling ein.
Wie im vergangenen Blogeintrag bereits erwähnt, brachten die Niederschläge vom 16.04. auf den 17.04. im Bereich des Alpenhauptkammes mitunter beachtliche Neuschneesummen. Auch deshalb überwiegt dort in großen Höhen noch der winterliche Charakter, während in tiefen und mittleren Höhenlagen schon (sehr) lange der Frühling eingekehrt ist. Mit der hohen Niederschlagsintensität und dem starken Windeinfluss lösten sich damals vereinzelt große bis sehr große Schneebrettlawinen im hochalpinen, schattigen Gelände. Der primäre Anriss erfolgte in oberflächennahen Schichten im Bereich des Neuschneepakets. Die große Zusatzbelastung dieser Schneebrettlawinen führte in Folge zum Bruch einer bodennahe Schwachschicht vom Frühwinter, die speziell im vergletscherten Gelände auch großflächig vorhanden war.




Bei Südstaulagen fällt immer wieder ein großer Gradient bei den Niederschlägen unmittelbar am Alpenhauptkamm auf. So war es auch vom 16.04. auf den 17.04. – am auffallendsten in der Gurgler Gruppe – der Fall. Gut zu erkennen ist das u.a. an den folgenden zwei Wetterstationsgrafiken Obergurgl und Timmelsjoch.



Lawinenunfall Liebenerspitze
Am 20.04. löste sich unterhalb der Liebenerspitze in der Gurgler Gruppe auf etwas über 3300m in einem extrem steilen Westhang eine Schneebrettlawine, als sich dort zwei Personen (mit Steigeisen) im Aufstieg befanden. Die Lawine erfasste beide Personen und riss sie über felsdurchsetztes Gelände mit. Sie wurden nicht bzw. teilverschüttet. Eine Person wurde sehr schwer verletzt, die andere Person kam mit leichten Verletzungen davon. Gemeinsam mit der Alpinpolizei führten wir vor Ort die Unfallerhebung durch. Wie sich herausstellte befand sich die Schwachschicht der Schneebrettlawine innerhalb des seit 16.04. unter Windeinfluss abgelagerten Neuschneepakets.

Ein Schneeprofil wurde im Nahbereich der Unfalllawine aufgenommen. Bedeutsam für den Lawinenabgang waren kurzlebige Schwachschichten (bestehend aus filzigen Kristallen) innerhalb des Neuschneepakets.


Lawinenunfall Arzlerscharte
Am 19.04. ging bei der Leitstelle Tirol eine Meldung über einen Lawinenabgang unterhalb der Arzlerscharte im Karwendel ein. Wanderer fanden dort einen Körperteil, der ausaperte. Es handelte sich um eine Person, die seit Ende Jänner als vermisst galt. Die Person wurde von einem Schneebrett, welches westseitig im sehr steilen Gelände abging, total verschüttet. Nach Bekanntwerden des Ereignisses wurde uns ein Foto vom 02.02. bereitgestellt, auf welchem zufällig die Unfalllawine abgebildet war. Unsere Recherchen ergaben, dass die Lawine während einer lawinenaktiven Zeit, mit hoher Wahrscheinlichkeit am 30.01.2025, abgegangen ist.


Weiterhin Aprilwetter, jedoch wärmer.
Nach einer Kaltfront, die in Tirol bis etwa 2000m hinunter etwas Neuschnee gebracht hat, geht es mit den Temperaturen nun aufwärts. Das Wetter bleibt vorerst noch eher wechselhaft.


Lawinengefahr
Aktuell ist die Lawinengefahr von der Seehöhe abhängig. Oberhalb etwa 2600m haben wir es mit einem überschaubaren Triebschneeproblem zu tun. Als mögliche Schwachschicht für kürzlich entstandene Triebschneepakete kommt v.a. eine teilweise beobachtete, recht ausgeprägte, oberflächennahe Graupelschicht in Frage. Unterhalb etwa 2600m sollte während der kommenden Tage primär auf einen möglichen Festigkeitsverlust aufgrund der Durchfeuchtung der Schneedecke geachtet werden. Aktuell sind in den Gebieten mit Neuschnee kleine Lockerschneerutsche aus felsdurchsetztem Gelände zu erwarten.
