Lawinenunfall Schalfkogel

Lawinenunfallanalyse Schalfkogel – Gurgler Ferner (24.03.2025)

Am Montag, den 24.03.2025 verstarben zwei Personen bei einem Lawinenabgang unterhalb des Schalfkogels in der Gurgler Gruppe. Es handelte sich um ein kleines Schneebrett, welches drei Personen anfangs über felsdurchsetztes Gelände mitgerissen und zwei davon anschließend in einer Randspalte des Gurgler Ferners verschüttet hat. Unfallkausal war ein Altschneeproblem.

Unfallhergang

Eine aus sechs Personen bestehende Tourengruppe wollte von der Langtalereckhütte in der Gurgler Gruppe über den Schalfkogel zur Martin Busch-Hütte gelangen. Als sich die Gruppe etwas oberhalb des Gurgler Ferners mit Entlastungsabständen im Aufstieg befand, löste sich auf etwa 2840m eine kleine Schneebrettlawine. Die Lawine erfasste drei Personen der Gruppe und spülte diese über darunter befindliches, felsdurchsetztes Gelände. Eine der Personen kam orographisch links einer Randspalte mit leichten Verletzungen teilverschüttet zu liegen. Zwei Personen wurden in eine Randspalte des Gurgler Ferners mitgerissen und dort total verschüttet. Letztere Personen überlebten den Lawinenabgang trotz sofortiger Kameradenhilfe nicht.

Überblicksfoto der Unfalllawine unterhalb des Schalfkogels (© Alpinpolizei, 24.03.2025)
Überblicksfoto der Unfalllawine unterhalb des Schalfkogels (© Alpinpolizei, 24.03.2025)

Schneedeckenanalyse

Wir waren heute am 25.03.2025 gemeinsam mit der Alpinpolizei und einem Sachverständigen vor Ort, um die Hintergründe des Lawinenabgangs zu analysieren. Unsere Schneedeckenuntersuchungen zeigten, dass ein Altschneeproblem unfallkausal war. Als Schneebrett diente die seit 10.03.2025 zögerlich entstandene Schneeauflage. Als bedeutsame Schwachschichten fanden wir darunter zwei dünne Schichten aus lockeren, kantigen Kristallen, die jeweils wiederum von dünnen Schmelzkrusten überlagert waren. Die zwei Abfolgen aus kantigen Kristallen und dünnen Schmelzkrusten sind zwei geringfügigen Schneefallereignissen (vom 13.02. auf den 14.02. und am 26.02.) sowie den jeweils nachfolgenden, langen, trockenen Schönwetterperioden zuzuordnen.

Wetterstation Sölden: Am 13.02. und 26.02. gab es geringfügigen Niederschlag. Jeweils folgend dominierte stabiles Hochdruckwetter. So bildeten sich durch Strahlungseinfluss und Wärme an den jeweiligen (neuen) Schneeoberflächen dünne Schmelzkrusten, darunter während Strahlungsnächten die kantigen Kristalle. Ab dem 10.03., insbesondere ab dem 14.03. bildete sich dann das Brett oberhalb der Schwachschichten.
Wetterstation Sölden: Am 13.02. und 26.02. gab es geringfügigen Niederschlag. Jeweils folgend dominierte stabiles Hochdruckwetter. So bildeten sich durch Strahlungseinfluss und Wärme an den jeweiligen (neuen) Schneeoberflächen dünne Schmelzkrusten, darunter während Strahlungsnächten die kantigen Kristalle. Ab dem 10.03., insbesondere ab dem 14.03. bildete sich dann das Brett oberhalb der Schwachschichten.
Die kaum ersichtlichen Neuschneezuwächse ab dem 13.02. samt weiteren Wetterparametern an der Station Sonnbergalm im Nahbereich von Obergurgl.
Die kaum ersichtlichen Neuschneezuwächse ab dem 13.02. samt weiteren Wetterparametern an der Station Sonnbergalm im Nahbereich von Obergurgl.

Wir erstellten an mehreren Standorten Schneeprofile und führten dort dann auch Stabilitätstests durch. Maßgeblich für mögliche Auslösungen bzw. vollständige Bruchfortpflanzungen war ein ausgeprägtes Brett, welches nicht überall anzutreffen war.

Schneeprofil am Lawinenanriss. Man erkennt eine oberflächennahe, härtere Schicht (das Brett), darunter eine Abfolge von dünnen Krusten und kantigen Kristallen. Der Pfeil zeigt auf die für den Lawinenabgang relevante Schwachschicht.
Schneeprofil am Lawinenanriss. Man erkennt eine oberflächennahe, härtere Schicht (das Brett), darunter eine Abfolge von dünnen Krusten und kantigen Kristallen. Der Pfeil zeigt auf die für den Lawinenabgang relevante Schwachschicht.
Orographisch links der Lawinenbahn unterhalb des Felsabbruchs wurde dieses Profil erstellt. Dort konnte aufgrund des zu gering ausgeprägten Bretts nur ein unvollständiger Bruch initiiert werden.
Orographisch links der Lawinenbahn unterhalb des Felsabbruchs wurde dieses Profil erstellt. Dort konnte aufgrund des zu gering ausgeprägten Bretts nur ein unvollständiger Bruch initiiert werden.

Ein zusätzliches Schneeprofil vom Unfallort sowie weitere Schneeprofile finden sich – wie gewohnt – hier.

Die Unfalllawine

Bei der Unfalllawine handelt es sich um eine kleine Schneebrettlawine (Größe 1). Die maximale Breite beträgt 16m, die Lawinenlänge 125m. Der Anriss befindet sich auf 2840m und ist zwischen 30cm und 60cm hoch. Die durchschnittliche Anrissmächtigkeit beträgt 45cm. Der Hang weist im Bereich der oberen Aufstiegsspur eine Neigung von 35° auf und ist nach Osten ausgerichtet. In der Sturzbahn der Lawine befindet sich ein Felsriegel, am Lawinenkegel zudem eine ca. 8m tiefe Randspalte, in welche zwei Personen gespült und total verschüttet wurden.

Unfalllawine mit Aufstiegsspur (Pfeile) und Verschüttungsstelle (Ellipse). Die Personen befanden sich mit Abständen im Bereich des obersten von links nach rechts verlaufenden Pfeiles. (© LWD Tirol, 25.03.2025)
Unfalllawine mit Aufstiegsspur (Pfeile) und Verschüttungsstelle (Ellipse). Die Personen befanden sich mit Abständen im Bereich des obersten von links nach rechts verlaufenden Pfeiles. (© LWD Tirol, 25.03.2025)
Anrissbereich der Lawine samt Aufstiegsspur. Im Vordergrund (vor der Lawine) erkennt man zwei Spuren, die nach unten "bretteln" und somit den Standort zweier, nicht erfasster Personen. Die dritte, nicht erfasste Person befand sich bereits hinter dem Lawinenanriss. (© Alpinpolizei, 24.03.2025)
Anrissbereich der Lawine samt Aufstiegsspur. Im Vordergrund (vor der Lawine) erkennt man zwei Spuren, die nach unten „bretteln“ und somit den Standort zweier, nicht erfasster Personen. Die dritte, nicht erfasste Person befand sich bereits hinter dem Lawinenanriss. (© Alpinpolizei, 24.03.2025)
Sturzbahn samt Blick zum Lawinenanriss (© LWD Tirol, 25.03.2025)
Sturzbahn samt Blick zum Lawinenanriss (© LWD Tirol, 25.03.2025)
Am Lawinenanriss (© LWD Tirol, 25.03.2025)
Am Lawinenanriss (© LWD Tirol, 25.03.2025)
Lawinenkegel mit Verschüttungsstellen: Ellipse zeigt die Randspalte und die Verschüttungsstellen der zwei Lawinenopfer. Pfeil zeigt die Verschüttungsstelle der leicht verletzten Person. (© LWD Tirol, 25.03.2025)
Lawinenkegel mit Verschüttungsstellen: Ellipse zeigt die Randspalte und die Verschüttungsstellen der zwei Lawinenopfer. Pfeil zeigt die Verschüttungsstelle der leicht verletzten Person. (© LWD Tirol, 25.03.2025)