Lawinensprengung Kalkkögel (© Dominik Jenewein, 29.01.2025)

Nach einer sehr lawinenaktiven Zeit ist gebietsweise weiterhin Vorsicht und Zurückhaltung angebracht

Am 28.01.2025 brachten eine Südföhnlage und eine folgende Kaltfront gebietsweise beachtliche Niederschlagsmengen. Die Kombination aus viel Neuschnee in der Höhe, starker bis stürmischer Wind und eine schwache Altschneedecke führten im Tagesverlauf des 28.01. zu dem von uns vorhergesagten markanten Anstieg der Lawinengefahr auf Gefahrenstufe 4 „Groß“. Zahlreiche spontane Lawinenabgänge, sehr gute Sprengerfolge, viele Lawinenauslösungen durch WintersportlerInnen, Rissbildungen und Setzungsgeräusche, aber auch Fernauslösungen bestätigten in der Folge die störanfällige Schneedecke.

Die Gefahr geht nur langsam zurück. Vor allem im freien, bisher wenig verspurten Steilgelände oberhalb der Waldgrenze ist auch während der kommenden Tage Zurückhaltung wichtig. Details zu den primär gefährdeten Regionen, Höhen- und Expositionsbereichen findet ihr im aktuellen Lawinenreport.

Unfallträchtige Lawinenzeit

Voraussetzungen

Am 28.01. regnete es vormittags häufig noch etwa zwischen 1500m und 2200m (letzteres im Südosten des Landes) unter starkem bis stürmischem Südwestwind. Während des Tages sank die Schneefallgrenze dann je nach Niederschlagsintensität meist bis etwa 1000m, zum Teil auch tiefer hinab. In Summe kamen im Westen des Landes, in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes und in Osttirol zwischen etwa 30-50cm, lokal bis zu 70cm zusammen. Schneefall, Wind und anfangs wärmere Temperaturen bildeten ein sehr gut ausgeprägtes Schneebrett. Gemeinsam mit der teilweise recht großflächig schwach aufgebauten Schneedecke (zumindest vom Waldgrenzbereich aufwärts im Sektor West über Nord bis Ost) waren bald die Voraussetzungen für eine sehr störanfällige Schneedecke gegeben. Im Tagesverlauf überstieg die Zusatzbelastung der Schneedecke deren Festigkeit, sodass zunehmend spontane Lawinen abgingen.

Analyse der 48h Niederschlagssumme
Analyse der 48h Niederschlagssumme
Gebietsweise recht unterschiedliche Schneefallgrenzen
Gebietsweise recht unterschiedliche Schneefallgrenzen
Starkregen bei Matrei in Osttirol (© Peter Fuetsch, 29.01.2025)
Starkregen bei Matrei in Osttirol (© Peter Fuetsch, 29.01.2025)
Bezeichnend für die Wettersituation: Am 26.01. etwas Neuschnee, der am 27.01. durch Südwind verfrachtet wurde. Dann kam die Kaltfront. Starker bis stürmischer Südwestwind. Interessant auch die Temperaturschwankung während des Niederschlags (brettfördernd zumindest bis in hohe Lagen) - Wetterstation Planskopf in der Samnaungruppe
Bezeichnend für die Wettersituation: Am 26.01. etwas Neuschnee, der am 27.01. durch Südwind verfrachtet wurde. Dann kam die Kaltfront. Starker bis stürmischer Südwestwind. Interessant auch die Temperaturschwankung während des Niederschlags (brettfördernd zumindest bis in hohe Lagen) – Wetterstation Planskopf in der Samnaungruppe
Schwachschichten findet man im Bereich der Altschneeoberfläche unterhalb von Schmelzkrusten. (© Elisabeth Zangerl, 30.01.2025)
Schwachschichten findet man im Bereich der Altschneeoberfläche unterhalb von Schmelzkrusten. (© Elisabeth Zangerl, 30.01.2025)
Schwachschichten findet man auch in Bodennähe.
Schwachschichten findet man auch in Bodennähe. Weitere Profile findet ihr – wie immer – hier:

Besonders gefährdete Regionen und Bereiche

Anhand der aktuellen Gefahrenkarte vom 31.01.2025 erkennt man die von uns als besonders gefährdet ausgewiesenen Regionen. Wir gehen aktuell immer noch davon aus, dass vom Waldgrenzbereich aufwärts die Schneedecke zum Teil recht störanfällig ist. Vermehrt sind West- über Nord bis Osthänge betroffen. Dies bestätigen auch die Rückmeldungen der gemeldeten Lawinenabgänge. Oberhalb etwa 2800m können dann auch steile Südhänge tendenziell häufiger betroffen sein.

Gefahrenstufenkarte vom 31.01. weist die besonders gefährdeten Regionen aus.
Gefahrenstufenkarte vom 31.01. weist die besonders gefährdeten Regionen aus.

Wir gehen davon aus, dass die Lawinengefahr nur langsam zurückgeht. Dies bestätigen aktuell auch noch zahlreiche Rückmeldungen über Alarmzeichen aus dem Gelände, aber auch die durchgeführten Schneedeckenuntersuchungen. Häufig können dort noch Brüche recht leicht initiiert werden, die sich auch gut fortpflanzen. Erfahrungsgemäß hält die erhöhte Störanfälligkeit der Schneedecke zumindest bis eine Woche nach einer intensiven Schneefallperiode an.

Rückblick auf die vergangenen Tage

Spontane Lawinenaktivität

Am 28.01. erreichte die Lawinengefahr ab den späten Vormittagsstunden bis in den späten Nachmittag hinein ihren Höhepunkt. Damals gingen – wie sich aufgrund der Rückmeldungen zeigte – zahlreiche mittelgroße, mehrfach auch große Schneebrettlawinen ab. Hier eine kleine Auswahl.

Spontane Lawinen im hinteren Ötztal (© Hugo Reindl, 29.01.2025)
Spontane Lawinen im hinteren Ötztal. Ost, 3200m-3300m (© Hugo Reindl, 29.01.2025)
Spontane Lawinen im hinteren Ötztal (© Ronald RIbis, 29.01.2025)
Spontane Lawinen im hinteren Ötztal. ONO, 3300m (© Ronald RIbis, 29.01.2025)
Spontane Lawinen im Nahbereich des Skigebietes Thurntaler (© Toni Riepler, 30.01.2025)
Spontane Lawinen im Nahbereich des Skigebietes Thurntaler. Nord, 2400m (© Toni Riepler, 30.01.2025)

Gesprengte Lawinen

Häufig sehr erfolgreich und auch großflächig konnten Schneebrettlawinen am 28.01. und 29.01. gesprengt werden. Tendenziell weniger erfolgreich waren die Sprengungen im Arlberggebiet.

Erfolgreiche Lawinensprengung im Skigebiet Sölden (© Tobias Holzknecht, 29.01.2025)
Erfolgreiche Lawinensprengung im Skigebiet Sölden (© Tobias Holzknecht, 29.01.2025)
Sehr gute Sprengerfolge im Nahbereich des Skigebietes Goldried (© Franz Holzer, 29.01.2025)
Sehr gute Sprengerfolge im Nahbereich des Skigebietes Goldried. Nordwest, 2600m (© Franz Holzer, 29.01.2025)

Fernausgelöste Lawinen

Immer noch gehen bei uns auch Meldungen über Fernauslösungen ein. Das sind jene Lawinen, die abseits des Anrissbereiches durch Zusatzbelastung ausgelöst werden.

Fernausgelöste Lawine beim Feistritzer Bachl in den Östlichen Deferegger Alpen. Man erkennt oberhalb des Steilhanges Skispuren. (© Mark Kleinlercher)
Fernausgelöste Lawine beim Feistritzer Bachl in den Östlichen Deferegger Alpen. Man erkennt oberhalb des Steilhanges Skispuren. Nord, 2250m (© Mark Kleinlercher)
Mit hoher Wahrscheinlichkeit löste hier eine Gämse diese Schneebrettlawine fern aus. Eingezeichnet sind die Spuren in die Lawine und aus der Lawine. Alpeiner Berge (© Horst Fankhauser, 30.01.2025)
Mit hoher Wahrscheinlichkeit löste hier eine Gämse diese Schneebrettlawine fern aus. Eingezeichnet sind die Spuren in die Lawine und aus der Lawine. Alpeiner Berge. Nord, 2400m (© Horst Fankhauser, 30.01.2025)

Durch Personen ausgelöste Lawinen bzw. Lawinen mit Personenbeteiligung

Während der vergangenen Tage gingen bei der Leitstelle Tirol vermehrt Meldungen über Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung ein. Detailinfos findet ihr u.a. auch hier:

(Aktualisierte Karte vom 01.02.:) Überblick der bei der Leitstelle zwischen 28.01. und 30.01. mittags gemeldeten Lawinenabgänge. Gelb umrahmt: Lawinen mit Personenbeteiligung, Grün umrahmt: Lawinen mit vermuteter Personenbeteiligung. Ohne Umrahmung: Negativlawinen. (© Landeswarnzentrale Tirol)
(Aktualisierte Karte vom 01.02.:) Überblick der bei der Leitstelle zwischen 28.01. und 30.01. mittags gemeldeten Lawinenabgänge. Gelb umrahmt: Lawinen mit Personenbeteiligung, Grün umrahmt: Lawinen mit vermuteter Personenbeteiligung. Ohne Umrahmung: Negativlawinen. (© Landeswarnzentrale Tirol)
Unterhalb des Zwölferkogels löste sich am 28.01.2025 eine Lawine (Lockerschnee- oder Schneebrettlawine), die ein Baustellenfahrzeug beim Kraftwerksprojekt Längental im Kühtai erfasste. Die Insassen wurden leicht verletzt. Eingekreist ist das ungefähre Anrissgebiet der Lawine (© LWD Tirol, 29.01.2025)
Unterhalb des Zwölferkogels löste sich am 28.01.2025 eine Lawine (Lockerschnee- oder Schneebrettlawine), die ein Baustellenfahrzeug beim Kraftwerksprojekt Längental im Kühtai erfasste. Die Insassen wurden leicht verletzt. Eingekreist ist das ungefähre Anrissgebiet der Lawine. Nordwest, ca. 2500m (© LWD Tirol, 29.01.2025)
In der Kleegrube löste ein Variantenfahrer am 29.01.2025 im extrem steilen Gelände ein klein- bis mittelgroßes Schneebrett aus. Die Person wurde total verschüttet und musste in kritischem Zustand in die Innsbrucker Klinik geflogen werden. (© Stefan Pichlsberger)
In der Kleegrube löste ein Variantenfahrer am 29.01.2025 im extrem steilen Gelände ein klein- bis mittelgroßes Schneebrett aus. Die Person wurde total verschüttet und musste in kritischem Zustand in die Innsbrucker Klinik geflogen werden. Nord, 2260m (© Stefan Pichlsberger, 29.01.2025)
Schneeprofil Kleegrube. Man erkennt mehrere, mögliche Schwachschichten, bei denen sich Brüche fortgepflanzt haben.
Schneeprofil Kleegrube. Man erkennt mehrere, mögliche Schwachschichten, bei denen sich Brüche fortgepflanzt haben.
Lawinenabgang Nösslachjoch am 29.01.2025 samt Ausfahrtsspur (© Stefan Ortner)
Lawinenabgang Nösslachjoch am 29.01.2025 samt Ausfahrtsspur. Nord, 2000m (© Stefan Ortner)
Unterhalb der Bergkastelspitze im Skigebiet Nauders löste ein Variantenfahrer dieses Schneebrett aus. Die Person wurde teilverschüttet und blieb unverletzt. (© Alpinpolizei, 29.01.2025)
Unterhalb des Mitterkopfs – Bergkastelspitze im Skigebiet Nauders löste ein Variantenfahrer dieses Schneebrett aus. Die Person wurde teilverschüttet und blieb unverletzt. Nordost, 2400m (© Alpinpolizei, 29.01.2025)
Am Bild erkennt man einen Skifahrer, der unmittelbar zuvor dieses Schneebrett ausgelöst hat. Die Person wurde nicht mitgerissen. Pleisejoch, Kalkkögelgruppe (© Marvin Kärle, 29.01.2025)
Am Bild erkennt man einen Skifahrer, der unmittelbar zuvor dieses Schneebrett ausgelöst hat. Die Person wurde nicht mitgerissen. Pleisejoch, Kalkkögelgruppe. 2145m, West (© Marvin Kärle, 29.01.2025)
Eine vom Sicherungsdienst bewusst ausgelöste Schneebrettlawine an einer Steilböschung im Skigebiet Sölden (© Tobias Holzknecht, 29.01.2025)
Durch den Sicherungsdienst bewusst ausgelöste Schneebrettlawine an einer Steilböschung im Skigebiet Sölden (© Tobias Holzknecht, 29.01.2025)
Im freien Gelände des Skigebietes Brunnalm in den Östlichen Deferegger Alpen ausgelöste Schneebrettlawinen (© Mark Kleinlercher, 29.01.2025)
Im freien Gelände des Skigebietes Brunnalm in den Östlichen Deferegger Alpen ausgelöste Schneebrettlawinen. West, 2400m (© Mark Kleinlercher, 29.01.2025)
Aktualisierung vom 01.02. mit korrekt eingezeichneter Einfahrtsspur: Lawinenabgang unterhalb des Kauschkahorns am 30.01.2025 in der Lasörlinggruppe. Eine Person wurde 2,5m verschüttet. Gruppenmitglieder konnten durch ausgezeichnete Kameradenrettung die nach dem Ausgraben wieder zu Bewusstsein kommende Person gerade noch rechtzeitig ausgraben. (© Alpinpolizei, 30.01.2025)
Aktualisierung vom 01.02. mit korrekt eingezeichneter Einfahrtsspur: Lawinenabgang unterhalb des Kauschkahorns am 30.01.2025 in der Lasörlinggruppe. Eine Person wurde 2,5m verschüttet. Gruppenmitglieder konnten durch ausgezeichnete Kameradenrettung die nach dem Ausgraben wieder zu Bewusstsein kommende Person gerade noch rechtzeitig ausgraben. Südost, 2800m (© Alpinpolizei, 30.01.2025)
Ergänzung vom 01.02.2025: Wir waren gestern am Unfallort und haben dort u.a. Schneedeckenuntersuchungen durchgeführt. Dieses Profil wurde im unmittelbaren Nahbereich der Einfahrtsspur aufgenommen. Neu- und Triebschneepaket auf einem schwachen Fundament.
Ergänzung vom 01.02.2025: Wir waren gestern am Unfallort und haben dort u.a. Schneedeckenuntersuchungen durchgeführt. Dieses Profil wurde im unmittelbaren Nahbereich der Einfahrtsspur aufgenommen. Neu- und Triebschneepaket auf einem schwachen Fundament.

Rissbildungen

Wie schon erwähnt: Aktuell erreichen uns noch Meldungen über Rissbildungen und Setzungsgeräusche, aber auch noch von Fernauslösungen. Es handelt sich dabei um Alarmzeichen einer sehr störanfälligen Schneedecke.

Rissbildungen durch die Befahrung von SkifahrerInnen. Östliche Deferegger Alpen (© Anton Riepler, 29.01.2025)
Rissbildungen durch die Befahrung von SkifahrerInnen. Östliche Deferegger Alpen, Nord, 2200m (© Anton Riepler, 29.01.2025)

Wo ist es günstiger?

Wir gehen davon aus, dass in den vormals schneereicheren Regionen im Norden und Nordwesten des Landes das Altschneeproblem deutlich schwieriger anzusprechen ist, als in den südlich davon gelegenen Regionen. Auch erreichten uns von dort außer während und unmittelbar nach dem Schneefallereignis vom 28.01. wenig bedeutsame Rückmeldungen über eine erhöhte Störanfälligkeit der Schneedecke. Vorsicht ist dort v.a. an Übergängen von wenig zu viel Schnee im sehr steilen Gelände angebracht. Vermehrt betroffen sind Schattehänge.

Auch dies gehört unbedingt noch erwähnt

Uns ist aufgefallen, dass WintersportlerInnen unsere Warnungen oftmals auch sehr ernst genommen und ihr Verhalten entsprechend angepasst haben. Hier exemplarisch ein Foto einer, der Situation sehr gut angepassten Tourenplanung.

Hier wählten WintersportlerInnen einen mäßig steilen Anstieg zu ihrem vorgeschobenen Gipfelziel. Kühtai (© LWD Tirol, 29.01.2025)
Hier wählten WintersportlerInnen einen mäßig steilen Anstieg zu ihrem vorgeschobenen Gipfelziel. Kühtai (© LWD Tirol, 29.01.2025)