Viel Neuschnee und Wind führen zu einem markanten Anstieg der Lawinengefahr. Neu- und Triebschnee werden im Bereich der Waldgrenze und darüber v.a. an West-, Nord- und Osthängen auf einer schwachen, kantig aufgebauten Schneedecke abgelagert. Während des Schneefalls sind spontane Lawinen wahrscheinlich, vereinzelt auch große. Die Schneedecke bleibt aber auch nach Ende des Niederschlags störanfällig – Lawinen können leicht ausgelöst werden.
Neu- und Triebschnee auf persistenten Schwachschichten: Altschneeproblem
Südweststaulage bringt ergiebige Neuschneemengen
Stürmischer Südföhn kündigt in Nordtirol das Eintreffen einer markanten Front aus Südwest an. Diese bringt bis Dienstagabend in den Hauptniederschlagsgebieten 30 bis 50cm, lokal bis zu 70cm Neuschnee. Der Wind bläst bis in den Dienstagvormittag hinein stark bis stürmisch aus südwestlichen Richtungen und verliert danach an Stärke. Die Schneefallgrenze liegt um die 1500 bis 1700m und sinkt im Laufe des Niederschlags bis in tiefe Lagen.



Schwacher Schneedeckenaufbau
An West- Nord- und Osthängen wird der Neu- und Triebschnee auf einer schwachen Altschneedecke abgelagert. Vor allem im Bereich der Waldgrenze von etwa 1800m bis 2200m ist die Schneeoberfläche kantig aufgebaut und recht gleichmäßig verteilt. Mitunter gibt es gebietsweise bis gegen 2400m hinauf dünne Krusten im Bereich der Schneeoberfläche, an welchen sich kantige Kristalle ausgebildet haben. Besonders in diesem Höhen- und Expositionsbereich bestehen also mitunter recht flächig vorhandene Schwachschichten, welche nun von einem Brett, dem unter Windeinfluss abgelagerten Neuschnee, überlagert werden.
Weiter oben ist die Schneeoberfläche häufig windbeeinflusst und entsprechend variabel. Großflächige Schwachschichten finden sich dort besonders in windgeschützten, schattigen Karen sowie unterhalb von Felswandfüßen. Etwas unsicher sind wir uns aktuell über die Verteilung von Schwachschichten im sehr steilen, hochalpinen, südexponierten und vergletscherten Gelände. Entsprechende Lawinenbeobachtungen entlang des Alpenhauptkammes auf Südtiroler Seite um den 10.01. bestätigen dort zumindest eine bodennahe, flächige Schwachschicht.



Markanter Anstieg – gefolgt von einem langsamen Rückgang der Lawinengefahr
Spontane Lawinen während des Niederschlags
Während des Niederschlags – insbesondere in den Stunden vor Eintreten der Abkühlung und dem Nachlassen des Winds – sind spontane Schneebrettlawinen zu erwarten. Dies besonders an oben genannten Bereichen mit schwacher Schneedeckenstabilität und v.a. dort, wo frischer Triebschnee eingelagert wird. Dies wird insbesondere die letztgenannten windgeschützten, nach Norden und Osten ausgerichteten sehr steilen Kare und Felswandfüße betreffen.
Lawinenereignisse und Beobachtungen, welche gestern Sonntag, 26.01. und heute Montag, 27.01. bei uns eingelangt sind, bezeugen die ungünstige Situationsentwicklung. An der Aperriesspitze im Kaisertal, Lechtaler Alpen kam es heute an einem Nordwesthang auf ca. 2100m zu einem Lawinenunfall, wo eine Person verschüttet wurde. Die Person wurde mit Verletzungen unbestimmten Grades in das BKH Zams geflogen.

Somit stellt sich morgen Dienstag, 28.01. eine für SkifahrerInnen ungünstige Lawinensituation ein, wo Lawinen an vielen Stellen ausgelöst werden können. Die Hauptgefahr ist dort zu erwarten, wo auch am meisten Niederschlag fällt. Die genaue Verteilung obliegt noch Unsicherheiten.

Hohe Störanfälligkeit nach den Schneefällen – Vorsicht geboten!
Wie schon angesprochen, haben wir es mit einem Altschneeproblem zu tun. Ein Altschneeproblem ist durch persistente, also über einen längeren Zeitraum hindurch störanfällige Schwachschichten charakterisiert. Somit gehen wir auch für die kommenden Tage in den neuschneereichen bzw. stark vom Wind beeinflussten Regionen von einer relativ hohen Störanfälligkeit der Schneedecke insbesondere in den oben beschriebenen Höhenbereichen und Hangausrichtungen aus. Vorsicht generell auch in kammnahen Steilhängen und hinter Geländekanten. Als weniger kritisch ist die Situation in jenen Bereichen zu sehen, die den gesamten Winter über ständig befahren wurden.
Rissbildungen und Setzungsgeräusche, vereinzelt auch Fernauslösungen denkbar
Schon heute am 27.01. haben uns einige Rückmeldungen über Rissbildungen und Setzungsgeräusche erreicht. Wir gehen auch während der kommenden Tage davon aus, dass solche offensichtlichen Gefahrenzeichen vermehrt zu beobachten sein werden. Vereinzelt ist wohl auch mit Fernauslösungen zu rechnen, vermehrt wird dies in West- und Nordhängen in den Hauptniederschlagsgebieten vom Waldgrenzbereich aufwärts bis etwa 2400m hinauf der Fall sein.
Gefahrenstellen oft überschneit, Gefahreneinschätzung erschwert
Erschwerend kommt hinzu, dass gegen Ende der Niederschläge der Wind deutlich nachlassen soll und die Temperatur entsprechend zurückgegangen sein wird. Somit wird man an der Schneeoberfläche häufig Pulverschnee antreffen. Es gibt dann außer den offensichtlichen Gefahrenzeichen (Rissbildungen, Setzungsgeräusche, frische Lawinen) von außen betrachtet keine Anhaltspunkte über eine mögliche Gefährdung. Umso wichtiger ist es deshalb, insbesondere in den oben beschriebenen Gebieten mit schwachem Schneedeckenaufbau besonders zurückhaltend unterwegs zu sein oder – noch besser – diese während der kommenden Tage konsequent zu meiden.
Lockerschnee- und Gleitschneelawinen
Nach den Schneefällen werden aus extrem steilem Gelände – insbesondere bei Sonneneinstrahlung – zudem Lockerschneelawinen abgehen. Auch werden Gleitschneelawinen sowohl aufgrund der vergangenen warmen Tage, als auch aufgrund der höheren Schneeauflast wieder öfters zu beobachten sein.
