Stark windbeeinflusste, variable Schneeoberfläche – Kleinräumig störanfällige Triebschneepakete

Die Lawinengefahr auf Tirols Bergen bewegt sich derzeit zwischen den Gefahrenstufen Gering und Mässig. Die Hauptgefahr geht von kleinräumigen Triebschneepaketen an sehr steilen, kammnahen Nord- und Osthängen aus. Gleichzeitig sind die Schneehöhen für die Jahreszeit im ganzen Land unterdurchschnittlich. Vielerorts besteht immer noch die Gefahr vor Stein- bzw. Bodenkontakt, Gletscherspalten sind kaum überdeckt. Mitte nächster Woche könnte eine Front aus Südwest für etwas Neuschneezuwachs sorgen.

Kleine, teils störanfällige Triebschneepakete in der Höhe

Die Kaltfront, welche heute Donnerstag, 23.01. übers Land gezogen ist, brachte – wie prognostiziert – eher vernachlässigbare Niederschlagsmengen. Zu Niederschlagsbeginn regnete es zumindest im Westen bis gegen rund 2000m hinauf.

Die Kaltfront am Donnerstag, 23.01. bescherte nur sehr geringe Niederschlagsmengen (©GeoSphere Austria).
Die Kaltfront am Donnerstag, 23.01. bescherte nur sehr geringe Niederschlagsmengen (©GeoSphere Austria).
Ein Hauch von Neuschnee am Medrig (2568m) in der Samnaungruppe (©Martin Santeler, 23.01.2025).
Ein Hauch von Neuschnee am Medrig (2568m) in der Samnaungruppe (©Martin Santeler, 23.01.2025).

Mit Eintreffen der Kaltfront brach auch der Südföhn zusammen. Der teils starke Wind auf den Bergen bläst jedoch weiterhin – wenngleich die Windrichtung mehr auf West gedreht hat.

Der Wechsel der Windrichtung hat zur Folge, dass gebietsweise lockerer Schnee von der Schneeoberfläche verfrachtet wird, welcher vom Südföhn der vergangenen Tage noch verschont blieb. Es bilden sich dadurch frische Triebschneeansammlungen, welche an sehr steilen Nord- und Osthängen (zumindest am Freitag, 24.01.) teils störanfällig sein dürften. Dies ist dort der Fall, wo der Triebschnee im Windschatten auf einer lockeren, aufgebauten Schneeoberfläche oder evtl. Neuschnee abgelagert wird. Mit der aktuell sehr variablen Schneeoberfläche sind solche Stellen nicht all zu häufig. Aufgrund der geringen Mengen an zu verfrachtendem Schnee bleiben die Triebschneeansammlungen klein. Auch sind sie recht gut zu erkennen und können dadurch v.a. im absturzgefährdeten Gelände gemieden werden.  

Starker Westwind am Gipfel der Valluga in den Lechtaler Alpen. Mit der Kaltfront sind die Temperaturen etwas zurückgegangen.
Starker Westwind am Gipfel der Valluga in den Lechtaler Alpen. Mit der Kaltfront sind die Temperaturen etwas zurückgegangen.
Auch am Freitag bläst in der Höhe stark bis stürmischer Westwind.
Auch am Freitag bläst in der Höhe stark bis stürmischer Westwind.

Frühlingshaftes Wetter gefolgt von Südstau

Bereits am Freitag, 24.01. steigen im Tagesverlauf die Lufttemperaturen spürbar an. Am darauffolgenden Samstag steigt die Nullgradgrenze gegen 3000m. Die kleinen Triebschneeansammlungen verfestigen sich rasch und sind kaum mehr auszulösen.

Ab Sonntag gehen die Temperaturen dann wieder deutlich zurück und es etabliert sich ein feuchter Südstau. Damit kündigt sich in Nordtirol bis inklusive Montag auch wieder stark bis stürmischer Föhn an. In weiterer Folge sind aber bis Mittwoch, 29.01. auch ergiebigere Schneefälle möglich.

In den nächsten Tagen folgt ein Update zur Situation und eine genauere Betrachtung der zu erwartenden Gefahrenentwicklung. Fest steht: es wird Wetter-, Schnee- und Lawinentechnisch wieder etwas interessanter als zuletzt.

Die Alpen geraten zu Beginn der kommenden Woche unter eine kräftige Anströmung von feuchter Luft aus Südwest (©Kachelmannwetter).
Die Alpen geraten zu Beginn der kommenden Woche unter eine kräftige Anströmung von feuchter Luft aus Südwest (©Kachelmannwetter).
Prognostizierte, akkumulierte Neuschneesumme für die Lienzer Dolomiten. Die Unsicherheiten sind noch sehr groß (blau hinterlegte Bereiche) – jedenfalls aber lebt die Hoffnung auf ein Wiedererwachen des Winters (©GeoSphere Austria).
Prognostizierte, akkumulierte Neuschneesumme für die Lienzer Dolomiten. Die Unsicherheiten sind noch sehr groß (blau hinterlegte Bereiche) – jedenfalls aber lebt die Hoffnung auf ein Wiedererwachen des Winters (©GeoSphere Austria).

Wenig Schnee, bescheidene Schneequalität

Vor allem der oft starke Wind hat der Schneequalität seit dem letzten Wochenende stark zugesetzt. Die Schneeoberfläche ist meist sehr variabel und oft skifahrerisch wenig lohnend. Pulverschnee in Form von aufbauend umgewandelten, kantigen Kristallen oder Oberflächenreif konnte am ehesten an geschützten Schattenhängen unterhalb rund 2000m angetroffen werden. Steile Südhänge in allen Höhenlagen wurden mit Sonneneinstrahlung und milden Temperaturen angefeuchtet: vereinzelt wurde uns sogar recht passabler Firn rückgemeldet.

Mit dem Neuschnee vom 15.01. konnten in der Venedigergruppe am vergangenen Freitag, 17.01. recht gute Verhältnisse angetroffen werden. In der Zwischenzeit hat der Wind den lockeren Schnee wieder vertragen. Rechts im Hintergrund der Tauernkogel, links der Großvenediger (©Peter Fuetsch, 17.01.2025).
Mit dem Neuschnee vom 15.01. konnten in der Venedigergruppe am vergangenen Freitag, 17.01. recht gute Verhältnisse angetroffen werden. In der Zwischenzeit hat der Wind den lockeren Schnee wieder vertragen. Rechts im Hintergrund der Tauernkogel, links der Großvenediger (©Peter Fuetsch, 17.01.2025).
Mit Einsetzen des Südföhns am Samstag, 18.01. bildeten sich kleine, frische Triebschneeansammlungen. Diese wurden auf der kantig aufgebauten Schneeoberfläche abgelagert und waren kurzzeitig sehr störanfällig. Diese kleine Schneebrettlawine löste sich an einem Nordosthang auf rund 2600m am Stubaier Gletscher spontan (©Franz Josef Tanzer, 18.01.2025).
Mit Einsetzen des Südföhns am Samstag, 18.01. bildeten sich kleine, frische Triebschneeansammlungen. Diese wurden auf der kantig aufgebauten Schneeoberfläche abgelagert und waren kurzzeitig sehr störanfällig. Diese kleine Schneebrettlawine löste sich an einem Nordosthang auf rund 2600m am Stubaier Gletscher spontan (©Franz Josef Tanzer, 18.01.2025).
Stark windbeeinflusstes Landschaftsbild im Sandestal im oberen Gschnitztal (©LWD Tirol, 19.01.2025).
Stark windbeeinflusstes Landschaftsbild im Sandestal im oberen Gschnitztal (©LWD Tirol, 19.01.2025).
Auch wenig Schnee in der Hundskehle in den Zillertaler Alpen. Skitouren sind hier derzeit wohl kaum möglich (©Thomas Eder, 20.01.2025).
Auch wenig Schnee in der Hundskehle in den Zillertaler Alpen. Skitouren sind hier derzeit wohl kaum möglich (©Thomas Eder, 20.01.2025).
In windgeschützeren schattigen Lagen, besonders im Bereich der Waldgrenze und darunter blieb der Schnee (auch mit Inversionswetterlage) oft konserviert. Er baute sich aufbauend um, teilweise bildete sich Oberflächenreif an der Schneeoberfläche. Kasern, Schmirn (©Jef Verstraeten, 21.01.2025).
In windgeschützeren schattigen Lagen, besonders im Bereich der Waldgrenze und darunter blieb der lockere Schnee (auch mit Inversionswetterlage) oft „konserviert“. Er baute sich aufbauend um, teilweise bildete sich Oberflächenreif an der Schneeoberfläche. Kasern, Schmirn (©Jef Verstraeten, 21.01.2025).
Auch das Nurpenstal in den Tuxer Alpen war vom Südföhn etwas abgeschattet und bot noch recht gute Skibedingungen (©Florian Wechselberger, 21.01.2025).
Auch das Nurpenstal in den Tuxer Alpen war vom Südföhn etwas abgeschattet und bot noch recht lohnende Bedingungen (©Florian Wechselberger, 21.01.2025).
An Schattenhängen ist die Schneedecke oft weitestgehend kantig aufgebaut. An der Schneeoberfläche wurde in den Tuxer Alpen, aber auch im Karwendel bis 2200m, z.T. bis 2400m die Ausbildung einer oberflächlichen Schmelzkruste beobachtet.
An Schattenhängen ist die Schneedecke oft weitestgehend kantig aufgebaut. An der Schneeoberfläche wurde uns von unseren Beobachtern in den Tuxer Alpen und im Karwendel die Ausbildung einer oberflächlichen Schmelzkruste bis gegen 2400m bzw. bis 2200m rückgemeldet…
Die Kruste dürfte sich durch die Ablagerung von unterkühlten Tröpfchen aus Nebel (evtl. unter Einfluss von Wind) geformt haben (©Stefan Wierer, 21.01.2025).
…die Kruste dürfte sich durch den „Niederschlag“ von unterkühlten Tröpfchen aus Nebel (evtl. unter Einfluss von Wind) geformt haben (©Stefan Wierer, 21.01.2025).

Neben der Schneequalität lässt derzeit auch die Schneemenge noch zu wünschen übrig. Abgeleitet von den relativen Schneehöhen, welche der Schweizer Lawinenwarndienst an unserer gemeinsamen Grenze im Bereich der Silvretta- und Samnaungruppe errechnet, liegen wir derzeit bei rund 60% im Vergleich zum langjährigen Mittel (1991- 2020). In Osttirol dürfte dieser Wert noch tiefer liegen.

Aktuelle Gesamtschneehöhe in Tirol.
Aktuelle Gesamtschneehöhe in Tirol.
Die blaue Linie markiert die Entwicklung der Schneehöhe in der laufenden Saison bei unserem Beobachter in Obertilliach, Osttirol. Die graue Linie zeichnet die mittlere Schneehöhe am jeweiligen Tag seit Messbeginn 1961.
Die blaue Linie markiert die Entwicklung der Schneehöhe in der laufenden Saison bei unserem Beobachter in Obertilliach, Osttirol. Die graue Linie zeichnet die mittlere Schneehöhe am jeweiligen Tag seit Messbeginn 1961. Die derzeitige Schneehöhe kratzt am absoluten Minimum.