Der erste Wintereinbruch der Saison hat es in sich. In weiten Teilen Tirols ist bis in mittlere Höhenlagen viel Neuschnee gefallen. Während in der Höhe auf frische, störanfällige Triebschneepakete geachtet werden muss, sind es in tieferen Lagen Gleitschnee- und Lockerschneelawinen, die sich kurzfristig in größerer Anzahl spontan lösen.
Bei der Binsalm in Hinterriß (Gemeinde Vomp / Region Östliches Karwendel) ist heute Samstag, 14.09. eine Person einer Wandergruppe von einer spontanen Lawine erfasst worden. Die Suche musste abgebrochen werden.
Facettenreiche Gefahrensituation – Vorsicht und Zurückhaltung sind angebracht!
In den Nachtstunden auf Sonntag, 15.09. kommt es zu einer (zwischenzeitlichen) Wetterbesserung. Am Sonntag ist es meist trocken, gegen Westen hin gar mit etwas Sonne. Der Nordwind lässt nach, bleibt aber auf den Bergen Osttirols teils stark.
Erhöhte Aktivität von Gleitschneelawinen auf steilen Wiesenhängen
Mit der Wetterberuhigung setzt sich auch der Neuschnee etwas und verfestigt sich. Die Gleitschneeaktivität auf steilen Wiesenhängen nimmt dadurch in den kommenden Tagen aber vermutlich noch etwas zu. Es sind kleine und in den schneereichen Regionen auch mittelgroße Gleitschneelawinen wahrscheinlich. Bereiche unterhalb von Hängen oder Böschungen mit Gleitschneerissen sollten gemieden werden!

Schneebrettlawinen in großen Höhen
In der Höhe hat der Wind ordentlich Schnee verfrachtet. Die Triebschneeansammlungen werden sich zwar mit etwas Sonne und diffuser Strahlung zusehends verfestigen, sie bleiben aber vor allem an sehr steilen Schattenhängen störanfällig. Die Gefahrenstellen liegen hinter Geländekanten, in Rinnen und Mulden und nehmen mit der Höhe zu. Dort wo der Wind stärker weht und weiterhin Schnee verfrachtet wird, können sich immer wieder neue, störanfällige Triebschneeansammlungen bilden.

Zahlreiche Lockerschneelawinen aus felsdurchsetztem Gelände
Wie schon heute am Samstag beobachtet, werden sich morgen am Sonntag, 15.09. mit der zu erwartenden Sonneneinstrahlung sowie einem leichten Anstieg der Temperaturen (v.a. im Westen) im extrem steilem Gelände (>40°) spontane Lockerschneelawinen lösen. Diese können in der Sturzbahn weiteren Schnee mitreißen und ebenfalls mittlere Größe erreichen.
In Summe kann man von einer recht komplexen Lawinensituation sprechen. Und dies zu einer Zeit, zu der man sich auf winterliche Gefahren mitunter noch nicht ganz eingestellt hat. Immerhin hatten wir vor einer Woche noch hochsommerliche Temperaturen.
Einzugsgebiet oberhalb von Wanderwegen und Forststraßen beachten
Wie im Winter gilt derzeit aber auch: LVS an den Körper, Schaufel und Sonde in den Rucksack. Zudem ist es gerade jetzt – bei erhöhter spontaner Gleit- und Lockerschneeaktivität – ratsam, sich Gedanken über das Einzugsgebiet von Auf- und Abstiegsspur zu machen. Besonders im Hinblick auf Gelände, welches nicht von unten einsehbar ist.
Ausblick: Ab Dienstag Wetterbesserung und Anstieg der Temperaturen
Am Sonntagabend erreicht uns erneut eine Front aus Nord, welche bis Dienstag, 17.09. recht verbreitet 20 bis 30 cm Neuschnee bringen soll. Die Schneefallgrenze soll dabei auf rund 2000m ansteigen.

Ab Dienstag trocknet die Luft zusehends aus und es stellt sich recht sonniges Wetter ein. Die Temperaturen steigen im Laufe der Woche wieder deutlich an. Die Lawinengefahr wird damit besonders von Nass- und Gleitschneeaktivität geprägt sein. Mit dem Abschmelzen der Schneedecke wird sich diese aber recht rasch in hohe Lagen zurückziehen.
Rückblick: Bis in mittlere Lagen ergiebige Neuschneemengen und teils stürmischer Nordwind
Die ergiebigen Niederschläge der vergangenen Tage sind oberhalb von etwa 1200 bis 1500m großteils in Form von Schnee gefallen. Wie von der GeoSphere Austria prognostiziert, fielen im östlichen Nordtirol sowie entlang der Hohen Tauern mitunter die größten Mengen, aber auch die typischen Nordstaulagen vom Karwendel bis zu den Allgäuer und Lechtaler Alpen bekamen viel Niederschlag ab. Zudem legte der Wind ab Freitag deutlich an Stärke zu und wehte stark bis stürmisch aus nördlichen Richtungen.





Lawinenunfall Binsalm – Suchaktion abgebrochen



Person von Lawine verschüttet
Gegen 10:30 Uhr meldete die Leitstelle Tirol einen Lawinenabgang im Nahbereich des Binsalm-Niederlegers (1500m) in der Region Östliches Karwendel. Eine Person einer großen Wandergruppe wurde während des Abstiegs von der Binsalm von einer spontanen Lawine erfasst und verschüttet.
Schwierige Suchaktion – Suche vorerst abgebrochen
Die Suche nach der Person gestaltete sich schwierig und auch gefährlich: Schwierig, weil die alarmierten Hubschrauber aufgrund der widrigen Wetterverhältnisse anfangs nicht zur Unfallstelle fliegen konnten. Die Rettungskräfte, darunter auch Lawinenhunde mussten deshalb zu Fuß zur Unfallstelle aufsteigen. Gefährlich war die Rettungsaktion wegen weiterer Lawinenabgänge. Ein Bergretter wurde während der Suchaktion von einer solchen Lawine erfasst, teilverschüttet und musste verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Die Suche wurde vorerst abgebrochen. Für Sonntag, 15.09. hofft man auf bessere Sichtverhältnisse. Die Lage wird dann neu eingeschätzt werden. Ebenso wird dann seitens des Lawinenwarndienstes des Landes Tirol eine detaillierte Unfallanalyse gemeinsam mit der Alpinpolizei durchgeführt werden.