Erhöhte Nass- und Gleitschneeaktivität, untergeordnetes Triebschneeproblem in den Hochlagen

Der Jahreszeit entsprechend starke Sonneneinstrahlung, Regen und allgemein feuchtmilde Luft führten bzw. führen besonders unterhalb 2400m zu einer Durchnässung und somit Schwächung der Schneedecke. Vermehrte Nass- und Gleitschneeaktivität sind die Folge. Frische Triebschneepakete sind meist nur klein, aber an Schattenhängen in den Hochlagen teils störanfällig.
Am Samstag folgt nach recht sonnigem Tagesanbruch eine markante Kaltfront. Sie bringt erneut etwas Niederschlag und einen deutlichen Rückgang der Temperaturen.

Bis inklusive Freitag eher ungünstige Tourenbedingungen

Die Nachtstunden auf Freitag, 22.03.  sind wolkenverhangen. Bis in die erste Nachthälfte hinein sind noch Schauer möglich, die nächtliche Abstrahlung ist somit oft stark reduziert. Der Freitag selbst soll sich freundlich zeigen, die Temperaturen klettern wieder deutlich nach oben, gleichzeitig bleibt die Luft relativ feucht.

Nachdem Regen und diffuse Strahlung die Schneedecke bereits am Donnerstag (bzw. auch die Tage zuvor) bis auf etwa 2400m hinauf deutlich angefeuchtet haben, kann diese auch in der Nacht auf Freitag kaum Wärme abstrahlen. Die Wetterbedingungen führen im Tagesverlauf zu einer weiteren Durchfeuchtung bzw. zunehmenden Durchnässung der Schneedecke. Die Gefahr von Nassschneelawinen steigt somit rasch an. Mit der ersten kompletten Durchnässung der Schneedecke v.a. an eher schneeärmeren West-, Nord- und Osthängen steigt neben der erhöhten Auslösebereitschaft von nassen Lockerschneelawinen auch die Gefahr von nassen Schneebrettlawinen an. Ebenso erhöht sich mit dem Eindringen von freiem Wasser bis zur Schneedeckenbasis die Gleitschneeaktivität.

Zusätzlich wird der Neuschnee vom Donnerstag, 21.03. am Freitag, 22.03. angefeuchtet werden: An extrem steilen Hängen sind deshalb in der Höhe kleine bis mittlere spontane Lockerschneelawinen zu erwarten.

Schneeprofil an einem Nordhang auf ca. 2100m im Bereich Kalbenjoch, Stubaier Alpen von Mittwoch, 20.03. Auf dieser Höhe haben auch Schattenhänge nur mehr wenig Temperaturreserve. Eine erste komplette Durchfeuchtung der Schneedecke führt zu einem Festigkeitsverlust und dem Anstieg der Nassschneelawinen- Aktivität.
Schneeprofil an einem Nordhang auf ca. 2100m im Bereich Kalbenjoch, Stubaier Alpen von Mittwoch, 20.03. Auf dieser Höhe haben auch Schattenhänge nur mehr wenig Temperaturreserve. Eine erste komplette Durchnässung der Schneedecke führt zu einem Festigkeitsverlust und dem Anstieg der Nassschneelawinen- Aktivität.
Zu dieser Jahreszeit reicht oft wenig direkte oder diffuse Strahlung aus, um den Neuschnee anzufeuchten. Dieser verliert dabei kurzfristig an Festigkeit und Lockerschneelawinen aus felsdurchsetztem Steilgelände sind die Konsequenz (Foto: 19.03.2024, ©Christian Riepl).
Zu dieser Jahreszeit reicht oft wenig direkte oder diffuse Strahlung aus, um den Neuschnee anzufeuchten. Dieser verliert dabei kurzfristig an Festigkeit. Lockerschneelawinen aus felsdurchsetztem Steilgelände sind die Konsequenz (Foto: 19.03.2024, ©Christian Riepl).
Gleitschneerisse sind Gefahrenzeichen und Bereiche darunter sollten gemieden werden – ganz besonders gilt dies für Zeiten von allgemein hoher Gleitschneeaktivität (Foto: 17.03.2024, ©Gerhard Figl).
Gleitschneerisse sind Gefahrenzeichen. Bereiche darunter sollten gemieden werden. Dies gilt ganz besonders für Zeiten von allgemein hoher Gleitschneeaktivität (Foto: 17.03.2024, ©Gerhard Figl).

Die Wärme infolge von hohen Temperaturen und diffuser Strahlung führt gleichzeitig zu einer sehr schnellen Verfestigung von den meist kleinen Triebschneepaketen, welche sich während des Niederschlagsereignisses mit teils starkem Nordwestwind am Donnerstag, 21.03. bilden. Es gibt folglich nur wenige Gefahrenstellen für trockene Lawinen, dies besonders an sehr steilen Schattenhängen oberhalb von rund 2800m. In den Hauptniederschlagsgebieten können die Gefahrenstellen etwas häufiger sein.

Am Wochenende voraussichtlich günstigere Bedingungen

Aus heutiger Sicht ist die Nacht auf Samstag, 23.03. gering bewölkt. Die Schneedecke kann somit recht gut abstrahlen und es sollte sich bis am Samstagmorgen ein oft tragfähiger Schmelzharschdeckel (zumindest an Sonnenhängen) ausbilden können. Dies stabilisiert die Schneedecke und lässt die Lawinengefahr zurückgehen. Am Samstagvormittag könnten sich dann bei guter Zeiteinteilung (v.a. im Osten und Süden) ein paar schöne Firnschwünge ausgehen.

Dennoch heißt es an diesem Samstagvormittag auch bei tragfähigem Harschdeckel auf einen Sonderfall aufzupassen: Überall dort, wo die Schneedecke massiv durchnässt wird, bilden sich lockere, ungebundene Schmelzformen. Wenn sich nun darüber (während der Nachtstunden vom 22.03. auf den 23.03.) ein tragfähiger Harschdeckel entwickelt, so haben wir (kurzfristig) die Voraussetzungen für Schneebrettlawinen: die lockeren Schmelzformen bilden eine Schwachschicht, die tragfähige Schmelzkruste das Brett. Durch die Belastung von WintersportlerInnen können deshalb im sehr steilen Gelände vereinzelt Schneebrettlawinen mit geringer Mächtigkeit ausgelöst werden. Dieser Sonderfall betrifft erfahrungsgemäß den Folgetag einer massiven Durchnässung, wenn sich aufgrund eindringender, trockener Luftmassen erstmals wieder ein Harschdeckel ausbilden konnte. Genau dann ist die Schwachschicht aus Schmelzformen noch gut ausgeprägt. An nachfolgenden Tagen vermindert sich der Wassergehalt in dieser Schicht. Dadurch verliert diese an Brisanz und ebenso die Fähigkeit zur Bruchausbreitung.

Eine isotherme Schneedecke, darüber ein tragfähiger Harschdeckel. Bruch unterhalb des Harschdeckels. Profil aus Salzburg. In Tirol gelten dieselben physikalischen Grundlagen.

Am Samstag, den 23.02.2024 zieht dann während des Tages eine Kaltfront ins Land und sorgt für einen Temperatursturz. Auf den Bergen schneit es verbreitet 5 bis 15cm.

Prognostizierter Verlauf der Schneefallgrenze und Nullgradgrenze sowie Niederschlag bis Sonntag, 24.02. für die Arlbergregion. Markanter Temperatursturz mit Eintreffen der Kaltfront am Samstag, 23.03. (©Oberlandwetter).
Prognostizierter Verlauf der Schneefallgrenze und Nullgradgrenze sowie Niederschlag bis Sonntag, 24.02. für die Arlbergregion. Markanter Temperatursturz mit Eintreffen der Kaltfront am Samstag, 23.03. (©Oberlandwetter).
Die Kaltfront wird auch von teils starkem Wind aus westlichen Richtungen begleitet. Dieser sorgt für die Bildung von frischen, teils störanfälligen Triebschneepaketen.
Die Kaltfront wird auch von teils starkem Wind aus westlichen Richtungen begleitet. Dieser bildet frische, teils störanfällige Triebschneepakete.

Der Sonntag wird winterlich kalt und soll sich v.a. im Süden durchaus freundlich zeigen. Mit Sonneneinstrahlung sind erneut meist kleine spontane Lockerschneelawinen aus felsdurchsetztem Steilgelände zu erwarten. Mit den kalten Temperaturen werden auch die Triebschneeansammlungen, welche sich mit kräftigem Wind aus westlichen Richtungen bilden, in der Höhe teils störanfällig sein.

Nächste Woche scheint es der Jahreszeit entsprechend wechselhaft weiterzugehen. Grundlegend wird sich am allgemeinen Bild der Lawinensituation aber wenig verändern.

Wechselhafte Woche im Rückblick

Milde Temperaturen und oft hohe Luftfeuchtigkeit waren charakteristisch für die vergangene Woche. Am Samstag 16.03. sowie am Montag, 18.03. fiel auf den Bergen etwas Neuschnee. Die darauffolgenden Tage zeigten sich jeweils recht sonnig, was zu vermehrter Lockerschneelawinen- Aktivität führte. Die Nacht auf Mittwoch, 20.03. war klar und es bildete sich ein oft tragfähiger Schmelzharschdeckel – in weiterer Folge konnten am Mittwochvormittag teils gute Firnbedingungen angetroffen werden.
Milde Temperaturen und oft hohe Luftfeuchtigkeit waren charakteristisch für die vergangene Woche. Am Samstag, 16.03. sowie am Montag, 18.03. fiel auf den Bergen etwas Neuschnee. Die darauffolgenden Tage zeigten sich jeweils recht sonnig, was zu vermehrter Lockerschneelawinen-Aktivität führte. Die Nacht auf Mittwoch, 20.03. war klar und es bildete sich ein oft tragfähiger Schmelzharschdeckel – in weiterer Folge konnten am Mittwochvormittag teils gute Firnbedingungen angetroffen werden.
Feuchte Luft, milde Temperaturen und Sonne. An solchen Tagen ist der Wärmeeintrag in die Schneedecke besonders stark. Das genaue Zusammenspiel dieser Faktoren sowie ihre Auswirkung auf die Lawinengefahr ist in der Prognose nicht immer ganz einfach. Umso wichtiger ist im Frühjahr das genaue Beobachten und Einschätzen der Gefahr vor Ort (©foto-webcam.eu).
Feuchte Luft, milde Temperaturen und Sonne. An solchen Tagen ist der Wärmeeintrag in die Schneedecke besonders stark. Das genaue Zusammenspiel dieser Faktoren sowie ihre Auswirkung auf die Lawinengefahr ist in der Prognose nicht immer ganz einfach. Umso wichtiger ist im Frühjahr das genaue Beobachten und Einschätzen der Gefahr vor Ort (©foto-webcam.eu).
Mit Wärmeeintrag in die Schneedecke nahm auch die Gleitschneeaktivität in der vergangenen Woche wieder deutlich zu. Hier exemplarisch ein Bild einer frischen Gleitschneelawine aus den Stubaier Alpen (Foto: 17.03.2024, ©Stephan Gander).
Mit Wärmeeintrag in die Schneedecke nahm auch die Gleitschneeaktivität in der vergangenen Woche wieder deutlich zu. Hier exemplarisch ein Bild einer frischen Gleitschneelawine aus den Stubaier Alpen (Foto: 17.03.2024, ©Stephan Gander).
Diese spontane mittelgroße nasse Lockerschneelawine an der Nordkette führte am Dienstag, 19.03. zu einer aufwändigen Suchaktion. Es kam glücklicherweise niemand zu Schaden (Foto: 19.03.2024, ©Alois Stöckl).
Diese spontane, mittelgroße, nasse Lockerschneelawine an der Nordkette führte am Dienstag, 19.03. zu einer aufwändigen Suchaktion. Es kam glücklicherweise niemand zu Schaden (Foto: 19.03.2024, ©Alois Stöckl).
Nach dem Schneefall vom Montag, 18.03. konnte am Dienstag an Schattenhängen oft lockerer Pulverschnee genossen werden, während dieser an Sonnenhängen schnell angefeuchtet wurde. Wetterkreuzkogel, Stubaier Alpen (Foto: 19.03.2024, ©LWD Tirol).
Nach dem Schneefall vom Montag, 18.03. konnte am Dienstag an Schattenhängen oft lockerer Pulverschnee genossen werden, während dieser an Sonnenhängen schnell angefeuchtet wurde. Wetterkreuzkogel, Stubaier Alpen (Foto: 19.03.2024, ©LWD Tirol).
Abfahrtsspuren im Neuschnee an der Namlosen Wetterspitze in den Lechtaler Alpen (Foto: 20.03.2024, ©Marvin Kärle).
Abfahrtsspuren im Neuschnee an der Namlosen Wetterspitze in den Lechtaler Alpen (Foto: 20.03.2024, ©Marvin Kärle).