Wechselhaftes Wetter führt zu Anfeuchtung und Schwächung der Schneedecke

Für die kommenden Tage sagt die Geosphere Austria wechselhaftes Wetter voraus. Bis zumindest in mittlere Lagen hinauf soll es verbreitet etwas regnen. Ab Samstag, 02.03. kommt Südföhn auf, der am Sonntag stürmisch wird. Mehr Wolken im Süden als im Norden. Es wird sehr mild. Das wechselhafte Wetter samt vermehrter diffuser Strahlung lässt die Schneedecke feuchter und schwächer werden. Die Aktivität von Gleitschneelawinen und nassen Lockerschneelawinen wird zunehmen. In großen Höhen bleibt frischer Triebschnee stellenweise noch störanfällig, dies vermehrt in Schattenhängen.

Der wärmste Februar der Messgeschichte

Laut Auswertungen der Geosphere Austria haben wir gerade den wärmsten Februar der 257-jährigen Messgeschichte miterlebt. Die Temperaturen lagen auf den Bergen je nach Vergleichszeitraum (1991-2020) 2,8°C bzw. (1961-1990) 3,9°C über dem Mittel. Dies spiegelt sich sowohl in der Schneebedeckung als auch im Schneedeckenaufbau wider. In tiefen und mittleren Lagen liegt aufgrund des überdurchschnittlich warmen Winters (mit viel Regen) für die Jahreszeit deutlich zu wenig Schnee, während die Schneehöhe in großen Höhen überdurchschnittlich ist.

Seit Gründung des Lawinenwarndienstes des Landes Tirol im Jahre 1960 werden in Boden im Lechtal während des Winters täglich Daten aufgenommen. Die Schneehöhe nähert sich dem bisher gemessenen Minimum (magenta Linie in der obersten Grafik). Unterste Grafik: Überdurchschnittlich warmer Februar mit neuen Maxima.

Feuchte und schwächer werdende Schneedecke

Mehrere Faktoren führten während der vergangenen Tage zu einer zunehmenden Anfeuchtung der Schneedecke bis zumindest 2400m, in Osttirol 2600m hinauf: *Gebietsweise fiel etwas Regen, am meisten in den südlicheren Regionen. *Wechselhaftes Wetter mit Nebel verstärkte den diffusen Strahlungseinfluss und das Eindringen von Wärmestrahlung in die Schneedecke.
*Es war für die Jahreszeit zu warm.
*Mit der Südströmung wurde/wird Saharastaub abgelagert.

72h aufsummierter Niederschlag (Bezugsdatum: 29.02.2024)
Sukzessiver Anstieg der Lufttemperatur. Geringer werdende Amplitude bei der Schneeoberflächentemperatur (geht zunehmend gegen 0°C). Während der vergangenen Tage vermehrter (diffuser) Strahlungseinfluss.
Schneeprofil auf 2560m Nord in der Venedigergruppe: Die Schneetemperatur (rote Linie) erreicht 0°C. Die Schneeoberfläche ist feucht.
Wolken- / Nebelbänke verstärken den (langwelligen) Strahlungseinfluss auf die Schneedecke. Venedigergruppe (Foto: 28.02.2024 © Peter Fuetsch)
Saharastaub in der Atmosphäre © windy.com
Braun gefärbter Anraum am Hochgasser in der Venedigergruppe (Foto: 29.02.2024 © Alois Mariacher)
Saharastaub im Anflug. Blick von der Kalkkögelgruppe in Richtung Süden. (Foto: 29.02.2024 © Dominik Jenewein)

Zunehmende Gleitschneeaktivität, nasse Lockerschneelawinen

Bereits während der vergangenen Tage hat die Aktivität von Gleitschneelawinen wieder zugenommen, ein Indiz für die neuerlich zunehmende Durchfeuchtung der Schneedecke. Während der kommenden Tage erwarten wir zudem aufgrund der oberflächennahen Durchfeuchtung / Durchnässung der Schneedecke vermehrt nasse Lockerschneelawinen. Dort, wo die Schneedecke bereits tiefergründig nass ist, können Lawinen auch (etwas) größer werden.

Vergleichsfoto: Aus einem Gleitschneemaul wird eine Gleitschneelawine. St. Jakob im Defereggen (Foto: 28.02.2024 © Mark Kleinlercher)
Im Hintergrund eine frische Gleitschneelawine in den Lechtaler Alpen. Zudem ausgeprägte Wechten als ernst zu nehmende Gefahr (Foto: 29.02.2024 © Stefan Wierer)
Lockerschneelawinen in den Kalkkögeln (Foto: 29.02.2024 © Paul Brukner)

Schneebrettlawinen

Schneebrettlawinen können v.a. in großen Höhen, vermehrt in kammnahen Schattenhängen vereinzelt noch von Wintersportlern ausgelöst werden. Frisch gebildeter Triebschnee bildet dort die Hauptgefahr.

Schneebrettabgang mit gutem Ausgang im Bereich des Wurmkogels in der Gurgler Gruppe. 2800m NO (Foto: 29.02.2024 © Till Ewers)
Schneebrettabgang mit gutem Ausgang im Nahbereich der Hohen Mut. Gurgler Gruppe. 2600m NO (Foto: 29.02.2024 © Arend Hamstra)
Wetterstation Rosskar im Nahbereich der oben abgebildeten Schneebrettabgänge: Kräftiger Windeinfluss während des Schneefalls vom 27.02. auf den 28.02. bildete frische Triebschneepakete.

Denkbar sind einzelne Schneebrettlawinen auch in einem Höhenbereich zwischen etwa 2100m bis 2300m in sehr steilen Schattenhängen. Dies ist dann vorstellbar, wenn aufgrund zunehmenden Wassereintrags oberflächennahe Schwachschichten aus kantigen Kristallen durch gegenseitigen Bindungsverlust geschwächt werden.

Der Pfeil zeigt auf eine mögliche Schwachschicht unterhalb einer Schmelzkruste. Auch die Schicht bei 60cm aus großen aufbauend umgewandelten Kristallen könnte ev. durch Wassereintrag geschwächt werden. Problematisch immer nur mit ausreichend ausgebildetem Brett darüber.

Zunehmend schlechte Schneequalität

Einer unserer Beobachter aus Osttirol hat die Schneequalität treffend mit „Haxenbrecherschnee“ und das (zu erwartende) Wetter mit „Haxenbrecherwetter“ bezeichnet. Die Schneeoberfläche ist dort aktuell bis etwa 2600m in allen Expositionen bereits feucht.

Unterwegs in den Östlichen Deferegger Alpen. (Foto: 29.02.2024 © Mark Kleinlercher)
Neuschneevorhersage für die kommenden 72h