Besonders im Süden Anstieg der Lawinengefahr mit Neuschnee und Wind

Eine Südstaulage sorgt ab Freitag, 09.02. in Osttirol sowie entlang des Alpenhauptkammes für etwas Neuschneezuwachs. Am Sonntag greift der Niederschlag auch auf Nordtirol über. Zu erwarten sind hier aber nur unergiebige Neuschneemengen. Mit teils starkem Südwind bilden sich frische Triebschneeansammlungen, welche an Schattenhängen teils störanfällig sind. In den neuschneereichen Gebieten können Lawinen mittlere Größe erreichen.

Aktuelle Situation

Triebschneeproblem

Während es in Osttirol am frühen Freitagmorgen, 09.02. zu schneien beginnt, setzt in Nordtirol auf den Bergen teils starker Südföhn ein. Entlang des unmittelbaren Hauptkamms und südlich davon fallen bis Samstagnacht bei einer Schneefallgrenze von rund 1500m bis 1700m recht verbreitet 10 bis 20 cm Neuschnee. Lokal ist auch mehr dabei.

48h- Neuschneesumme. Bis Samstagnacht, 10.02. fällt in Osttirol und am Hauptkamm etwas Neuschnee.
Das Föhndiagramm des Landeswetterdienstes Südtirol zeigt die Luftdruckdifferenz zwischen Bozen und Innsbruck an. In Rot gekennzeichnet sind Zeiten mit Südföhn.
Windböen für Samstag, 10.02.: teils starker Südwind v.a. auf den Bergen nördlich des Hauptkamms (©Kachelmannwetter).

Der Südföhn bricht am Sonntag zusammen und bis in die Nacht auf Montag, 12.02. fallen aus heutiger Sicht nochmals 5 bis 15cm Neuschnee.

Der Südwind (ab Sonntag auch Westwind) verfrachtet den lockeren Neuschnee und lagert diesen im Windschatten, hinter Geländekanten, in Rinnen und Mulden ab. Dieser Triebschnee wird oft auf eine unregelmäßige, von Wind, Sonne und Wärme geprägten Schneeoberfläche abgelagert. Dort geht er eine gute Verbindung zur Altschneeoberfläche ein. Etwas ungünstiger ist die Situation hingegen an Schattenhängen, wo windgeschützt stellenweise noch lockerer Schnee liegt. Dieser lockere Schnee kann, sobald er von Triebschnee überlagert ist, als Schwachschicht dienen. Gefahrenstellen liegen oberhalb der Waldgrenze, insbesondere aber in größeren Höhen – dort sind solche Stellen häufiger anzutreffen und tendenziell störanfälliger. Triebschneeansammlungen sind oft klein, aber dort, wo mehr als 20cm Neuschnee fallen, sind auch vereinzelt mittelgroße Schneebrettlawinen möglich. Bei der schlechten Sicht sind die Gefahrenstellen schwer zu erkennen. Wir raten daher, sehr steile Schattenhänge v.a. in den neuschneereicheren Gebieten am Wochenende zu meiden.

Wie hier im Skigebiet Fiss hat Sonne und Wärme in Kombination mit oft klaren Nächten vor allem an Südhängen und tieferen Lagen für einen nicht immer tragfähigen Schmelzharschdeckel gesorgt (©Martin Santeler, 06.02.2024).
Oft ist die Schneeoberfläche aber auch stark vom Wind beeinflusst und kleinräumig sehr variabel. Bereich Braunschweigerhütte (©Martin Santeler).
V.a. an etwas windgeschützten Schattenhängen war aber mancherorts auch noch lockerer Schnee zu finden. Dieser kann als mögliche Schwachschicht dienen, wenn darüber Triebschnee abgelagert wird. Besonders in den neuschneereichen Regionen – wie hier in der Venedigergruppe – kann dies mit den bevorstehenden Schneefällen relevant werden (©Peter Fuetsch, 07.02.2024).

Gleitschneeproblem

Kein Blog diesen Winter ohne Bild einer Gleitschneelawine. Die latente Gefahr wird uns auch weiterhin begleiten. Wie bisher gilt: Gleitschneelawinen sind unberechenbar. Bereiche unterhalb von Rissen oder Hängen mit offensichtlichen Zeichen von Schneegleiten sollten möglichst gemieden.

Frische Gleitschneelawinen an der Pleispitze in den Lechtaler Alpen (©Klaus Kriegisch, 04.02.2024).

Ein kurzer Blick zurück

Aus der vergangenen Woche gibt es wenig zu berichten. Nach den unergiebigen Schneefällen in den Nachtstunden auf Freitag, 02.02. setzte sich in weiterer Folge wieder sonniges und für die Jahreszeit zu mildes Wetter durch. Der Wind aus nordwestlichen Richtungen war v.a. am Wochenende und in der ersten Wochenhälfte noch teils stark. Triebschneeansammlungen, welche sich dadurch bilden konnten, waren klein und nur selten störanfällig. Das Gleitschneeproblem war im Hinblick auf die Lawinengefahr tonangebend.

Wetterentwicklung der vergangenen Woche an der Wetterstation Nachtweide in der Samnaungruppe. Markant sind vor allem die für Anfang Februar (!) deutlich zu milden Temperaturen.
In Nordtirol fiel in der Nacht auf Freitag, 02.02. etwas Neuschnee.
Frische, kleine Schneebrettlawine am Wildenkogel in der Venedigergruppe. Als (sehr kurzlebige) Schwachschicht unter dem Triebschnee dürfte lockerer Neuschnee relevant gewesen sein (©Philippe Kruschnitz, 03.02.2024).
Der frische, angefeuchtete Neuschnee konnte auf der harten Unterlage leicht als Lockerschneelawine ausgelöst werden. Hochiss (©Andreas Nothdurfter, 03.02.2024).
In der Höhe wehte auch zu Beginn der Woche teils noch recht kräftiger Nordwestwind. Hochgasser (©Robert Trost, 04.02.2024).
Frische Gleitschneelawinen bei der Durfeldalm im Defereggental. Risse sind ein Zeichen dafür, dass die Schneedecke in Bewegung ist und eine Lawine jederzeit abgehen kann (©Daniel Kleinlercher, 04.02.2024).

Die Schneeoberfläche, wie bereits oben kurz angesprochen, war sehr wechselhaft. Mitunter konnte zwar auch noch etwas lockerer, trockener Schnee angetroffen werden, hier und da wurde man nach klaren Nächten an Sonnenhängen auch mit Firn belohnt. In Summe war die Schneequalität aber oft bescheiden. Bei verbreitet geringer Lawinengefahr waren es die Winter-Bergsteiger, die vergangene Woche am ehesten auf ihre Kosten kamen.

Unterhalb der Waldgrenze liegt nach den warmen Temperaturen und zuvor teils kräftigem Regeneintrag nur mehr wenig Schnee. Blick von den Kalkkögeln in Richtung Inntal (©LWD Tirol, 07.02.2024)

Ausblick

Nach dem Wochenende bleibt das Wetter recht wechselhaft, die genauere Entwicklung ist aber noch etwas unsicher. Aus Norden sickert wohl wieder etwas kältere Luft in den Alpenraum und die Temperaturen gehen bis Wochenmitte spürbar zurück.  

Die Hauptprobleme bleiben Trieb- und Gleitschnee. Bei Erwärmung und Sonneneinstrahlung sind zudem aus felsdurchsetztem Gelände meist kleine Lockerschneelawinen zu erwarten.

Akkumulierte Neuschneesumme in den Lienzer Dolomiten.