Gebietsweise oberhalb etwa 2600m oberflächennahes Altschneeproblem! Vorsicht v.a. in sehr steilen Sonnenhängen!

Die Lawinenabgänge und Rückmeldungen vom 27.01.2024 bestätigen das im Blogeintrag vom 25.01.2024 angeführte, auf uns möglicherweise zukommende Altschneeproblem. Wir mussten deshalb am 27.01.2024 abends auch den Lawinenreport entsprechend aktualisieren und die Lawinengefahr in den betroffenen Regionen auf erheblich raufstufen. Wir raten vorerst, sehr steile Sonnenhänge oberhalb etwa 2600m in diesen Regionen zu meiden und etwas abzuwarten!

Nach der bis zum 27.01.2024 andauernden NW-Wetterlage mit stürmischem Wind wussten wir, dass die kürzlich entstandenen Triebschneepakete in der Höhe nicht nur umfangreich, sondern auch störanfällig waren. Wir gingen primär von einem Triebschneeproblem aus und zogen ein Altschneeproblem möglicherweise in Betracht. Nun wissen wir, dass wir es in einigen Regionen Tirols definitiv mit einem Altschneeproblem zu tun haben.

Aktualisierter Lawinenreport vom 27.01.2024. In einigen Regionen erhebliche Lawinengefahr oberhalb etwa 2600m aufgrund eines Altschneeproblems.

Nach derzeitigem Wissenstand sind davon v.a. sehr steile Sonnenhänge oberhalb etwa 2600m betroffen. Die Erhöhung der Gefahrenstufe von „mäßig“ auf „erheblich“ erklärt sich dadurch, dass aufgrund des Altschneeproblems die ausgelösten Schneebrettlawinen groß (anstelle von mittelgroß) werden können. Dies hat wiederum mit der großflächigeren Verbreitung einer kantigen Schwachschicht im Nahbereich einer Schmelzkruste zu tun, die sich ab dem 09.01.2024 entwickelt hat.

Einige Lawinenabgänge, einer davon am Gaiskogel im Sellrain verlief tödlich

Heute gingen einige Meldungen von Lawinenabgängen via Leitstelle Tirol ein. Am Gaiskogel im Sellrain (Alpeiner Berge) wurde eine Person in einem extrem steilen O-Hang auf etwa 2600m von einem Schneebrett mitgerissen und erlitt dabei tödliche Verletzungen. Am Winnebacher Weißerkogel (Alpeiner Berge) löste sich eine Schneebrettlawine auf etwa 2900m in sehr steilem, südseitigen Gelände, als sich drei Personen im Aufstieg befanden. Im Bereich der Kraspesspitze (Alpeiner Berge) ging eine Lawine ebenso auf etwa 2900m ab. 5 Personen befanden sich dort in einem O bis SO-Hang im Aufstieg. Am Hinteren Brunnenkogel in der Weißkugelgruppe war ein Variantenfahrer bei einem Abgang einer großen Schneebrettlawine beteiligt. Nach derzeitigem Wissensstand dürfte die Lawine auf etwa 3100m in einem extrem steilen O-Hang abgegangen sein.

Einer der erwähnten Lawinenabgänge: Kraspespitze am 27.01.2024

Setzungsgeräusche und Rissbildungen als weiteres Indiz für ein Altschneeproblem

Am 27.01.2024 mehrten sich zudem die Rückmeldungen über Rissbildungen und Setzungsgeräusche in großen Höhen im besonnten, sehr steilen Gelände. Dies ist ein klarer Hinweis, dass mit der Schneedecke etwas nicht in Ordnung war. Konkret handelte es wohl um kantige, hohlraumreiche Schwachschichten, die von Wintersportler*innen gestört wurden.

Das kürzlich aufgenommene Profil zeigt eine, zwischen zwei Krusten eingebettete, kantige, oberflächennahe Schwachschicht. 2620m / SO / 40°.

Zurückhaltung in sehr steilen Sonnenhängen in großen Höhen während der kommenden Tage

Schade, wir hofften, dass die Lawinengefahr mit dem primär angenommenen Triebschneeproblem mit kurzlebigen Schwachschichten bald überall zurückgehen würde. Aufgrund des erwähnten Altschneeproblem sollte man sehr steiles besonntes Gelände in größeren Höhen jedoch noch möglichst meiden.

Etwas Vorsicht auch noch in sehr steilen Schattenhängen im hochalpinen, kammnahen Gelände. Kürzlich abgelagerter Triebschnee könnte dort noch störanfällig sein.

Allerdings, es gibt Alternativen: Zumindest unterhalb etwa 2400m herrschen zunehmend günstige Verhältnisse vor. Achtet dort v.a. noch auf Gleitschneelawinen. Zudem gibts hier in sehr steilen Sonnenhängen wohl bald Firn! (Allerdings wiederum: Auf der über Nacht hart gefrorenen Schneedecke muss im Steilgelände auf eine mögliche Absturzgefahr geachtet werden.)