Bis zu 150cm Neuschnee und stürmische Verhältnisse führen gebietsweise zu einer kritischen Lawinensituation bei großer Lawinengefahr (Stufe 4). Während hoher Niederschlagsintensität erwarten wir vermehrt spontane Lawinenabgänge. Zahlreiche Gefahrenstellen für WintersportlerInnen. In den Hauptniederschlagsgebieten geht man im freien Gelände ein hohes Lawinenrisiko ein.
Rascher Anstieg der Lawinengefahr
Die Prognosen der Geosphere sind eindeutig: Während der kommenden Tage schneit (und regnet) es in vielen Landesteilen intensiv. Dazu gesellt sich stürmischer, z.T. orkanartiger Wind. Die Schneefallgrenze soll sich während des Niederschlagsereignisses um 1200m einpendeln – mit entsprechenden Abweichungen (aufgrund von Niederschlagsintensität und Windverhältnissen) nach oben und unten. Aktuell (21.12.2023 18:00 Uhr) hat im Westen bereits Niederschlag eingesetzt. Die Regengrenze liegt derzeit meist noch zwischen 1500m und 1800m.





Lawinenprobleme
Große Gefahr wird oberhalb der Waldgrenze aufgrund eines ausgeprägten Triebschneeproblems in allen Expositionen, großen zu erwartenden Lawinen und der anzunehmenden anfangs, sehr schlechten Schneedeckenstabilität ausgegeben. Bei einem Triebschneeproblem können Gefahrenbereiche (Sichtverhältnisse vorausgesetzt) prinzipiell erkannt werden.
Unterhalb der Waldgrenze in den schneebeeinflussten Bereichen dominiert hingegen ein Neuschneeproblem (mögliche Schwachschichten befinden sich im Neuschneepaket, Gefahrenbereiche sind nicht zu erkennen.)
Zudem bleibt ein ausgeprägtes Gleitschneeproblem unterhalb etwa 2400m bestehen bzw. verschärft sich dieses etwas.
Schneedeckenanalyse als Basis für Lawinenszenarien
Wie schon während der vergangenen Blogeinträge immer wieder erwähnt, haben wir es in der Höhe vielerorts mit einer für die Jahreszeit überdurchschnittlich mächtigen Schneedecke zu tun. Häufig ist diese recht kompakt. Schwachschichten innerhalb der Altschneedecke sind somit nicht so verbreitet. Dies ist prinzipiell eine recht gute Voraussetzung für die zu erwartenden, sehr intensiven Niederschläge. Unser Hauptaugenmerk richten wir deshalb auf den Nahbereich der aktuell vorhandenen Schneeoberfläche bzw. dortigen, möglichen Schwachschichten:
In bisher windberuhigten Gebieten v.a. im Nordsektor besteht die Schneeoberfläche noch aus lockeren Neuschneekristallen bzw. filzigen und leicht kantigen Formen.

In besonnten Steilhängen hat sich während der vergangenen Tage aufgrund der hohen Temperaturen und der Sonneneinstrahlung an der Schneeoberfläche eine dünne Schmelzharschkruste entwickelt. In einem Höhenbereich oberhalb etwa 2400m (bis etwa 2800m) konnten sich unmittelbar darunter mitunter aufbauend umgewandelte Kristalle bilden.

Im unteren Teil der Schneedecke findet man zum Teil eine Abfolge von Krusten und etwas weicheren Schichten. Schneedeckenuntersuchungen zeigen dort nur mehr ganz vereinzelt Brüche bzw. mögliche Schwachschichten. Wir gehen davon aus, dass ein Bruch in diesem Bereich am ehesten in den südwestlichen Regionen Nordtirols möglich ist (Samnaungruppe, Kaunergrat, Glockturmgruppe, Weißkugelgruppe, Gurgler Gruppe).


Aufgrund des bereits oftmals ergiebigen Regens in die Schneedecke, aber auch aufgrund des frühen Einschneiens ist die Schneedecke am Boden zumindest bis in mittlere Lagen hinauf häufig feucht bzw. nass. Bei einer in diesen Höhenlagen kompakten Schneedecke gibt es weiterhin gute Voraussetzungen für das Abgleiten des Schnees auf steilen, glatten Flächen, wie z.B. auf Wiesenhängen oder Felsplatten. Die Gleitschneeaktivität wird durch den prognostizierten Regeneintrag, aber auch durch die zusätzliche Schneeauflast erhöht.



Hohes Lawinenrisiko im freien Gelände
Während der kommenden Tage geht man als WintersportlerIn im freien Gelände in den niederschlagsreichen Regionen ein hohes Lawinenrisiko ein. Deshalb raten wir, Abstand von steilen Hängen zu halten und sich über mögliche Auslauflängen von Lawinen sehr gründlich Gedanken zu machen.
Ausblick
Die kritische Lawinensituation dauert voraussichtlich bis Sonntag, 24.12.2023. Danach gehen wir von einer fortschreitenden Besserung aus.