Frühwinterliche Verhältnisse und kleinräumige Gefahrenbereiche für Lawinen

Mit wenig Neuschnee und Wind stellen kleinräumige Triebschneepakete an hochgelegenen Schattenhängen die derzeitige Hauptproblematik dar. Gefahrenstellen sind bei guter Sicht erkennbar. Sie sollten v.a. im absturzgefährdetem Gelände gemieden werden. Zudem sind in schneereicheren Gebieten spontane Gleitschneelawinen aus steilen Wiesenhängen weiterhin möglich. In den nächsten Tagen bleibt es wechselhaft, ab Freitag kommt auf den Bergen etwas Neuschnee hinzu.

Aktuelle Situation

Gestern Dienstag, 07.11. hat es auf Tirols Bergen erneut etwas geschneit. Die Schneefallgrenze bewegte sich dabei um 1000 bis 1200m, mäßiger Wind aus westlichen Richtungen begleitete das Niederschlagsereignis.

Abb. 1: Neuschneemengen von Dienstag, 07.11.: Im Bereich der Lechtaler, Tuxer und Zillertaler Alpen schneite es 10 bis 15cm, lokal auch etwas mehr.
Abb. 2: Blick ins hintere Zillertal. Die im Bild gut sichtbare Schneefallgrenze lag hier während der Schneefälle am Dienstag, 07.11. bei rund 1300m (Foto: foto-webcam.eu, 08.11.2023).

Die Lawinensituation wird durch die relativ geringen Neuschneemengen nur unwesentlich beeinflusst. Der Neuschnee liegt derzeit oft auf einer vom Wind spürbar beeinflussten Schneedecke und geht mit dieser oft rauen Oberfläche eine recht gute Bindung ein. Schwachschichten tiefer in der Schneedecke sind nach bisherigem Erkenntnisstand derzeit kein Thema. Im Hinblick auf Schneebrettlawinen sollten während des wechselhaften Wetters der kommenden Tage (siehe unten) besonders die lokalen Windeinflüsse beachtet werden: der Wind verfrachtet lockeren Schnee an der Oberfläche und lagert diesen im Windschatten mitunter auf ungebundenem Neuschnee ab, welcher hier stellenweise als Schwachschicht unter dem Triebschneebrett dienen kann. Gefahrenstellen finden sich von etwa 2600m aufwärts zumeist an geschützten Schattenhängen, dies v.a. kammnah und hinter Geländekanten. Sie sind oft nur klein, bei guter Sicht erkennbar und auch nur für kurze Zeit nach ihrer Bildung störanfällig. Vorsicht ist besonders im absturzgefährdetem Gelände angebracht.

Zudem sind spontane Gleitschneelawinen aus steilen, glatten Wiesenhängen noch ein Thema. Die noch recht überschaubaren Schneehöhen bedingen auch hier meist eher kleine Lawinen. Dennoch sollte die Mitreis-, Absturz- und in weiterer Folge Verletzungsgefahr beachtet werden. Bereiche unter entsprechenden Gefahrenbereichen sollten jedenfalls möglichst gemieden oder zumindest schnell passiert werden.

Abb. 3: Lockerer Schnee und starker (Süd-)Wind führten im Vorfeld der Störung am vergangenen Samstag, 04.11. vielerorts zur Bildung von frischen, mitunter störanfälligen Triebschneepaketen. Im Bild eine kleine Schneebrettlawine an einem Nordosthang auf ca. 2600 m im Skigebiet Stubaier-Gletscher (Foto: Matthäus Reiter, 04.11.2023).
Abb. 4: Wechten als Zeichen starker Windaktivität am Leppleskofel (2812 m) in den Deferegger Alpen. Wo liegt wohl der Triebschnee? (Foto: Alois Mariacher, 06.11.2023)
Abb. 5: Windbeeinflusste Schneedecke am Stubaier Gletscher (Foto: Günter Chwojan, 06.11.2023).
Abb. 6: Rege Gleitschneelawinen- Aktivität in der Venedigergruppe (Foto: Peter Fuetsch, 05.11.2023).
Abb. 7: Gleitschneelawinen am Metzen (2355 m), fotografiert aus dem Skigebiet Hochfügen (Foto: Simon Stock, 06.11.2023).

Weitere Entwicklung

Nach kurzem Zwischenhocheinfluss und in Folge sehr sonnigem Wetter am heutigen Mittwoch, 08.11., folgt bereits am Donnerstag neuer Tiefdruckeinfluss aus Westen. Starker Südföhn vor Eintreffen der Störung führt auf den Bergen zu Schneeverfrachtungen und der Bildung frischer Triebschneepakete in der Höhe. In der Nacht auf und am Freitag selbst kommt es zu unergiebigem Schneefall bei einer Schneefallgrenze unterhalb von etwa 1500m. Und auch am Samstag, 11.11. bleibt es aus heutiger Sicht wechselhaft mit Schauern und Schneefall z.T. auch bis in tiefe Lagen (<1000m). Auf den Bergen im äußersten Westen Tirols sind dabei auch 10 bis 15cm Neuschnee möglich.

Über das Wochenende hinausgehende Entwicklungen der Wettersituation sind noch mit recht großen Unsicherheiten behaftet. Jedenfalls bleibt es unbeständig, die Schneefallgrenze steigt wieder etwas an.

Abb. 8: In der Nacht auf und am Freitag, 10.11. fällt wenig Schnee. In der Neuschneekarte noch nicht ersichtlich: am darauffolgenden Samstag kommen aus heutiger Perspektive v.a. in Nordtirol noch 5 bis 15 cm hinzu.
Abb. 9: Im Föhndiagramm des Landeswetterdienstes Bozen wird die prognostizierte Luftdruckdifferenz zwischen Bozen und Innsbruck dargestellt. Umso höher die Differenz umso stärker der zu erwartende Wind. Rot dargestellt sind Zeiträume mit Südföhn.
Abb. 10: Trend der Temperaturentwicklung der nächsten rund zwei Wochen am Patscherkofel (2246 m). Zu Beginn der nächsten Woche wird mit Eintreffen einer Warmfront ein Anstieg der Temperaturen prognostiziert (©Kachelmannwetter).
Abb. 11: Prognostizierte Schneehöhenentwicklung für die Weißkugelgruppe auf rund 2500m.