Frischen Triebschnee kritisch beurteilen
Nach einer langen Phase mit günstigen Lawinenverhältnissen stellt sich die Lawinensituation insbesondere in den neuschneereicheren Regionen nun um. Im Norden sowie v.a. den östlichen Landesteilen Nordtirols soll es bis Sonntag, 23.01.2022 zwischen etwa 30cm und 50cm, lokal auch mehr schneien, am meisten wohl in den Waidringer und den Östlichen Kitzbüheler Alpen.
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72h Neuschneeprognose.: Schwerpunkt der Niederschläge im (Nord-)Osten des Landes |
Begleitet wird der Neuschnee von starkem bis stürmischem Wind. Dadurch entstehen zumindest oberhalb der Waldgrenze umfangreiche Triebschneeansammlungen. Diese werden in bisher eher windberuhigten, schattigen Steilhängen am leichtesten zu stören sein. Dort besteht die Altschneeoberfläche nämlich meist aus lockeren Kristallen, welche für die darüber gelagerten Triebschneepakete eine gefährliche Schwachschicht bilden werden. Entsprechend leicht können dort Schneebrettlawinen bereits durch das Gewicht eines einzelnen Wintersportlers oder einer Snowboarderin ausgelöst werden. In den besonders neuschneereichen Gebieten ist dann auch mit spontanen Lawinenabgängen zu rechnen. Vorsicht überdies in Kammlagen aller Hangrichtungen sowie im Steilgelände hinter Geländekanten.
In Schattenhängen trifft man vermehrt auf Gefahrenstellen
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Ein sehr ähnliches Bild in der Silvretta. Schattig ist die Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen locker – die entscheidende Schwachschicht für neue Triebschneepakete. (Foto: 19.02.2022) |
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Fortschreitende Ausaperung im besonnten Gelände. Osttiroler Tauern (Foto. 16.01.2022) |
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Aus extrem steilem Gelände lösten sich mancherorts feuchte Lockerschneelawinen (Foto: 15.01.2022) |
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Schneeprofil auf 2685m, SW, 36°. Interessant sind die zwischen und unterhalb von Schmelzkrusten vorhandenen, gefrorenen Wasserkanäle, welche stabilisierend wirken. (Foto: 19.01.2022) |
Ganz klar, dass nach der langen niederschlagsfreien Durststrecke „Powderalarm“ angesagt ist. Dennoch appellieren wir an die Vernunft der WintersportlerInnen, sich nicht gedankenlos dem Pulverrausch hinzugeben, sondern das Verhalten den Verhältnissen anzupassen. Wer in den neuschneereichen Regionen im freien Gelände unterwegs sein möchte, sollte nicht nur über sehr gutes lawinenkundliches Wissen verfügen sondern auch zurückhaltend unterwegs sein.
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