Neuschnee und starker Wind führen zu einem Anstieg der Lawinengefahr

Ausblick

Zwischen einem Hoch mit Zentrum über
Südskandinavien und einem Tief über Russland gelangt Tirol am morgigen
Freitag, 22.02. in eine starke Nordostströmung. Stark bis stürmischer
Wind in den Bergen sowie etwas Niederschlag – insbesondere im Osten des
Landes – sind die Folge.

 

Der
Neuschnee sowie teilweise lockerer Altschnee werden vom starkem Wind
verfrachtet und es bilden sich Triebschneepakete, insbesondere in Rinnen, Mulden und Kammlagen. Dieser Triebschnee wird schattseitig auf eine eher lockere
Altschneeoberfläche, bestehend aus filzigen und kantigen Kristallen und z.T.
Oberflächenreif (Nigg- Effekt) in Kammnähe abgelagert und ist mitunter durch geringe Belastung zu stören.

Die Schneeoberfläche besteht schattseitig häufig aus gesetztem, leicht aufbauend umgewandelten Pulverschnee („Noppenpulver“). Dieser Schnee kann kurzfristig eine mögliche Schwachschicht für darüber gelagerten Triebschnee bilden. (Foto: 21.02.2019)

Im Vodergrund erkennt man etwas Oberflächenreif, welcher sich schattseitig in Kammnähe gebildet hat (Nigg-Effekt). Vermutlich wird der starke Wind aus nördlicher Richtung diesen häufig verblasen, sodass dieser eher selten als Schwachschicht in Erscheinung treten dürfte. Gilfert in den Tuxer Alpen (Foto: 21.02.2019)

Im Hochgebirge, besonders
entlang des Alpenhauptkammes, sind die Gefahrenstellen häufiger anzutreffen, dies v.a. im neuschneereicheren Osten des Landes. Frische Triebschneeansammlungen sind dort neben schattigem Gelände vermehrt auch im kammnahen, sehr steilen Gelände aller Expositionen zu stören. Die Lawinengefahr steigt
verbreitet an, in den Zillertaler Alpen, der Venedigergruppe sowie der
Glocknergruppe wird die Gefahrenstufe 3 (erheblich) erreicht.

Neuschnee und starker Wind führen zu einem verbreiteten Anstieg der Lawinengefahr.

Weiterhin ein Thema bleiben die Gleitschneelawinen. Diese können besonders in den schneereichen Gebieten auch groß, vereinzelt sogar sehr groß werden und sollten bei der Tourenplanung immer auch im Auge behalten werden.

Eine beliebte Aufstiegsroute Richtung Kellerjoch in den Tuxer Alpen. Viele Tourengeher sind sich vermutlich nicht der durch Gleitschneelawinen lauernden Gefahr bewusst… (Foto: 21.02.2019)

Selbst eine Rast bei einer Almhütte könnte unangenehme Folgen haben. (Foto: 21.02.2019)

In
Osttirol können Lawinen stellenweise noch im schwachen
Altschneefundament ausgelöst werden und mittlere Größe erreichen. Am
heikelsten bleibt hier der Nordsektor zwischen etwa 2000m und 2600m. Die
Gefahrenstellen sind selten und für den Wintersportler meist
nicht zu erkennen. Schneearme Bereiche sowie Übergänge von viel zu wenig
Schnee sind bevorzugte Auslösebereiche.

Zum Wochenende beruhigt sich das Wetter. Dann dehnt sich das Hoch über Skandinavien wieder verstärkt in
unsere Richtung aus. Laut ZAMG-Wetterdienststelle erwartet uns erneut ruhiges und für die
Jahreszeit deutlich zu mildes Wetter mit trockener Luft und viel
Sonnenschein.

Rückblick

Die überdurchschnittlich warmen Temperaturen
seit Anfang letzter Woche haben der Schneedecke insbesondere sonnseitig
sowie allgemein in tiefen Lagen stark zugesetzt.

Die Grafik zeigt die bisher gemessenen Maxima, Minima, den Mittelwert (graue Linie) und die aktuellen Schneehöhen (magenta) unserer Beobachterstation in Obertilliach. Wir befinden uns derzeit knapp unterhalb des Mittelwertes.

Die Gämsen freuen sich über die zunehmende Ausaperung und die warmen Temperaturen. Nockspitze. Nördliche Stubaier Alpen (19.02.2019).

Durch die zunehmende Durchfeuchtung der Schneedecke sowie dem vermehrten Eindringen von Wasser bis zum Boden wurden weiterhin Gleitschneelawinen beobachtet. Vereinzelt
verschütteten diese auch exponierte Straßen. Abgenommen hat hingegen die Anzahl an nassen Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände.

Eine Almhütte am Roßkogel (Stubaier Alpen) stemmt sich gegen die abgleitenden Schneemassen (Foto: 19.02.2019).

In
Seduk bei Neustift im Stubaital drangen die Ablagerungen einer
Gleitschneelawine bis in den Nahbereich der Häuser vor. (Foto: 20.02.2019).
Eine Gleitschneelawine hat in der Nacht auf Donnerstag, 21.02. die Planseestraße bei
Breitenwang (Bezirk Reutte) auf einer Länge von rund 20 Metern verlegt (Foto: 21.02.2019).

Eine „Gleitschneefamilie“: Von
links nach rechts: Ein Gleitschneeriss, daneben eine frische
Gleitschneelawine (man erkennt noch Schnee im Anrissgebiet), daneben eine bereits ältere Gleitschneelawine, wo liegengebliebener
Schnee bereits geschmolzen ist, daneben eine weitere Gleitschneelawine die vor letzterer abgegangen ist. (Foto: 21.02.2019).
Die Lawinenbahn einer Gleitschneelawine an der Bschlaber Landesstraße (Foto: 18.02.2019).

Aus der Sicht des
Wintersportlers hätten die Bedingungen in den vergangenen Tagen nicht besser sein
können: Das sonnige, warme und winberuhigte Wetter bescherte beste
Tourenbedingungen. Die Lawinengefahr war in ganz Tirol – abgesehen von
der Gefahr von Gleitschneelawinen – gering.

Trotz der
für die Jahreszeit überdurchschnittlichen Temperaturen konnte schattseitig noch toller Pulverschnee genossen werden. Die Schneedecke
konnte sonnenabgewandt aufgrund des meist wolkenlosen Himmels Wärme
unbehindert abstrahlen und blieb so von der warmen Lufttemperatur
unbeeinträchtigt. Die starke Abstrahlung bedingte auch, dass der Neu-
und Triebschnee vom Montag, 11.02., zusehends in kantige Formen
umgewandelt und weitgehend bindungslos wurde. Das für
Schneebrettlawinen notwendige Brett war somit meistens nicht mehr
vorhanden. Der Schnee büßte von seiner skifahrerischen Qualität nur
wenig ein.

Wolkenloser Himmel und feinster Noppenpulver im Schmirntal (Foto: 21.02.2019).

Sonnenexponierte Hänge waren hingegen
nicht im Stande, die durch kurzwellige Sonneneintrahlung zugeführte Wärme
wieder abzugeben: die Schneeoberfläche wurde zusehends feucht. Nach einigen Zyklen des Wiedergefrierens konnte in den vergangenen Tagen steil und südseitig
bereits der erste Firn genossen werden. In Ost- und Westhängen war die
Sonne meist noch nicht stark genug, um einen tragfähigen
Schmelzharschdeckel entstehen zu lassen – Bruchharsch war die Folge.

In steilen Südhängen konnten z.T. bereits Firnverhältnisse angetroffen werden. Nockspitze, Stubaier Alpen (Foto: 19.02.2019).